Amt -

Mit Vollmacht - zum Dienen

Museum Emmaus

kurz:

Bei einer Priesterweihe gibt es einen schlichten, aber besonders intensiven Moment: Alles ist still. Der Weihekandidat kniet vor dem Bischof. Schweigend legt ihm der Bischof die Hände auf.

Diese uralte Geste ist ein Symbol des Weitergebens und des Schenkens, ein Zeichen für die Übertragung von Kraft und Vollmacht. Sie kann auch eine Geste des Tröstens und des Segens sein. Schon Mose legte seinem Nachfolger Josua die Hände auf, um auf ihn den Geist Gottes zu übertragen (Num 27, 18-23). Die Rabbiner ordinierten ihre Schüler durch Handauflegung. Auch die Apostel legten den von der Gemeinde gewählten Männern die Hände auf (Apg 6,6).

Durch Handauflegung und Weihegebet wird auch heute noch das Amt des Diakons, des Priesters oder des Bischofs weitergegeben. So wird deutlich: Es geht nicht um eine Funktion sondern um ein geistliches Geschehen. Das Amt als Sakrament - ein Zeichen von Gott gewirkt im Heiligen Geist, um zu reden und zu handeln „an Christi statt" (2 Kor 5,20).

ausführlich:

Amt als gesellschaftliche Funktion

Jede Gemeinschaft braucht eine gewisse Struktur mit bestimmten Aufgaben und Funktionen. Ohne eine solche Struktur ist keine Gemeinschaft handlungs- und lebensfähig. „Amt" bedeutet daher: Ein Einzelner aus der Gemeinschaft erhält einen Auftrag mit entsprechender Vollmacht. Der Amtsinhaber übernimmt damit einen besonderen Dienst an der Gemeinschaft nach innen. Er handelt aber auch stellvertretend für die Gemeinschaft nach außen.

Die Kirche ist als geschichtliche Größe eine Institution. Auch sie ist organisiert durch eine Struktur mit Funktionen, Diensten und Ämtern ähnlich den üblichen gesellschaftlichen Leitungsfunktionen. Dennoch gibt es einen entscheidenden Unterschied: Das kirchliche Amt ist von seinem Wesen her nicht funktional sondern nur theologisch-geistlich zu verstehen.

Vielfalt der Dienste

Bereits im Neuen Testament gibt es außer dem apostolischen Leitungsamt eine ganze Fülle von Ämtern und Diensten. Dazu gehörten liturgische, caritative, pädagogische, lehrende, organisatorische oder administrative Aufgaben. Diese Vielfalt der Dienste war Ausdruck der Vielfalt der Charismen, die der Geist zum Aufbau der Gemeinden bewirkt hatte. Das II. Vatikanische Konzil hat das Bewusstsein um die Bedeutung der Charismen für die Kirche wieder neu in Erinnerung gerufen. Die Kirche ist keine „Amtskirche", die nur durch ein bestimmtes Amt ihr Wesen verwirklichen kann. Alle getauften Christen bilden die Kirche und tragen Verantwortung für die Sendung der Kirche in der Welt: „Lasst euch als lebendige Steine zu einem geistigen Haus aufbauen, zu einer heiligen Priesterschaft, um durch Jesus Christus geistige Opfer darzubringen ... Ihr aber seid ein auserwähltes Geschlecht, eine königliche Priesterschaft, ... damit ihr die großen Taten dessen verkündet, der euch aus der Finsternis in sein wunderbares Licht gerufen hat." (1 Petr 2, 5.9f) Aus diesem gemeinsamen Priestertum aller Getauften und Gefirmten kam es in den vergangenen Jahrzehnten zu einer neuen Vielfalt von haupt- oder ehrenamtlichen Diensten in der Kirche und zu einer neuen Wertschätzung der vielfältigen Charismen.

Sakramentales Weiheamt

Bischof, Priester und Diakon sind sakramentale Weiheämter. Sie unterscheiden sich von dieser Vielfalt der Dienste des gemeinsamen Priestertums. Das sakramentale Amt ist in der Kirche ein Dienst am ganzen Volk Gottes, damit alle ihre Sendung des gemeinsamen Priestertums erfüllen können.

Jesus verkündete die Botschaft vom Gottesreich dem ganzen Volk (Mk 1,15). Bereits in den Evangelien wird aber so etwas wie eine „Struktur" deutlich: das „Volk" - alle diejenigen, welche die Botschaft Jesu positiv aufnehmen; der „Kreis der Jünger" als diejenigen, die in einem engeren Sinne Jesus nachfolgen; schließlich daraus der „Kreis der Zwölf", die in besonderer Weise Boten und Zeugen seiner Sendung sein sollten (Mk 3, 13-19). Sie werden in den Evangelien „Apostel" genannt. In der Feldrede des Lukas wird dies sorgfältig dargestellt (Lk 6, 12). Diese Grundstruktur bleibt für die Kirche prägend. Aus dem Sendungsauftrag an den Kreis der Zwölf hat sich in der Kirche das apostolische Amt entfaltet. Das Amt erfüllt seinen Dienst an der Kirche im Namen und in der Person Jesu Christi: also „an Christi statt" (2 Kor 5,20) wie Paulus sagt. Die Sendung der Zwölf ist das „Urbild" für das apostolische Amt, das sich nach Tod und Auferstehung Jesu in der vom Heiligen Geist durchwirkten Kirche entfaltete.

Die Fülle dieses einen Amtes „an Christi statt" kommt den Bischöfen zu. Sie stehen in der Nachfolge der Apostel und sind die Hirten der Kirche. Das Charisma der Verkündigung und Lehre sowie das Charisma der Leitung und der Dienst an der inneren Einheit der Kirche stehen im Vordergrund. An diesem einen sakramentalen Weiheamt hat das priesterliche Amt Anteil durch den Dienst der Verkündigung, die Feier der Liturgie und den Hirten- oder Leitungsdienst. Die Diakone haben ebenfalls Anteil an dem einen Amt durch die Diakonie der Verkündigung, der Liturgie und vor allem der Caritas.

Weil das Amt Anteil an der Sendung Christi und personale Stellvertretung des Tuns Christi bedeutet, ist der Amtsträger nicht ein religiöser Beamter oder ein unpersönlicher Funktionär eines Systems. Er soll für Christus Zeuge mit seiner eigenen, persönlichen Existenz sein. Maßstab und Norm für das Amt ist deshalb der dienende Menschensohn, der nicht gekommen ist, sich bedienen zu lassen sondern zu dienen (Mk 10, 45). Deshalb spricht das II. Vatikanische Konzil ausdrücklich vom „Dienstamt" (LG 18) oder vom „Priestertum des Dienstes" (LG 10), damit das Volk Gottes seine Sendung verwirklichen kann.

Autor(en): Regens Dr. Udo Markus Bentz