Schmuckband Kreuzgang

1000 Schritte in den Schuhen des Anderen gehen

Interviewprojekt in Seniorenheimen zur Zeit der Corona-Pandemie

Fr. P (c) Prisca Etzold-Amling
Datum:
Sa. 16. Juli 2022
Von:
Prisca Etzold-Amling, Katholische Altenheimseelsorge

Die letzten Jahre waren von Corona geprägt. In dieser Zeit hat sich am Stärksten die Situation in den Seniorenheimen verändert. Besuchsverbote, Tests, Maskenpflicht, Coronaquarantäne und sich ständig ändernde Regeln gehörten zum Alltag der Bewohner, Mitarbeiter, Ehrenamtlichen und Angehörigen. 

Aus diesem Grund habe ich in meinem Seniorenseelsorge-Abschlussprojekt die Menschen, die in den Seniorenheimen leben oder arbeiten nach ihren Erfahrungen, Sorgen und Freuden während der Corona-Pandemie gefragt. Einige haben ihre Erlebnisse mit mir geteilt. 

Eine Weisheit der Ureinwohner Nordamerikas besagt: „Gehe tausend Schritte in den Schuhen eines Anderen, wenn du ihn verstehen willst.” Ich lade Sie ein, einige Schritte oder Sätze in den Schuhen anderer Menschen zu gehen. Lassen Sie sich überraschen; vielleicht entdecken Sie ähnliche Erfahrungen und Erlebnisse in diesen Interviews. Im Folgenden habe ich Ihnen Auszüge aus meinem Interviewprojekt zusammengestellt:

Fr. S., Bewohnerin eines Pflegeheimes: „…Vor Corona kam ihr Sohn oft abends [nach der Arbeit] vorbei. Nur sei das aktuell nicht möglich, auf Grund der beschränkten Besuchszeiten. Das bedrückt Fr. S.. Sie hofft, dass die Besuchszeiten bald gelockert werden. Sie sorgt sich um ihre Familie und vermisst sie…“

Hr. R., Mitarbeiter in der Pflege: „…Die Quarantäne im Haus hat ihm zugesetzt. Die Bewohner mussten die ganze Zeit allein auf den Zimmern sein, ohne Besuch, ohne Gespräch, ohne Berührung…. Da hat man der Vereinsamung zuschauen können und keine Zeit für mehr als das Notwendigste gehabt. 
Vor Corona habe er sich oft auf die Bettkante gesetzt und ein paar Worte gewechselt oder [auch mal] die Hand gedrückt, wenn gewollt. Nähe, Zuwendung und Austausch sei schließlich ein zutiefst menschliches Bedürfnis …  
Persönlich habe er während es Lockdowns die gemeinsame Zeit mit seiner Frau genossen. Ihre Beziehung ist dadurch gewachsen und tiefer geworden.“

Fr. E, Mitarbeiterin in der Küche: „…Sie und ihre Mutter hätten angefangen gemeinsam kreativ zu sein. Im ersten Lockdown puzzelten sie gemeinsam ein Riesenpuzzle. Sie hofft, dass diese gemeinsamen Tätigkeiten die Coronazeit überdauern…“

Hr. G, Bewohner eines Pflegeheimes: „…Immer nur auf seinem Zimmer zu sein, ohne Ansprache und Besuch hat Hr. G. verändert. Er merkt, dass er geistig abgebaut hat… er kann nicht mehr so gut reden, z.T. fehlen ihm die Worte. Das bedrückt ihn. Sicherlich spielt das Alter auch eine Rolle, aber immer nur allein zu sein verändert einen Menschen…“

Fr. P., Mitarbeiterin in der Betreuung: „… Die Stimmung der Bewohner sei über den Winter [2020/21] trauriger und mutloser geworden. Die Einsamkeit nage an den Menschen. Oft wollten die Bewohner gar nicht mehr aus dem Bett aufstehen. Die Veranstaltungen, Konzerte und Feste der Vor-Corona-Zeit finden nicht statt. Das Lebensfrohe und Bunte fehle.
Trotzdem erlebe sie große Dankbarkeit von den Bewohnern. Besonders wenn das Essen und Trinken stimmt, wenn gemeinsame Zeit miteinander möglich ist, dann helle sich die Stimmung auf.“

Hier können Sie die vollständigen Interviews lesen

Schuhe des Anderen

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