Adventsgottesdienst im Sozialzentrum

Du bist eine König*in

Datum:
So. 10. Dez. 2023
Von:
Herbert Kohl

Die allermeisten von uns kennen diesen Satz. Es ist der erste Satz in unserem deutschen Grundgesetz. Eine sehr wichtige Aussage, auf die wir stolz sein können, aber auch eine schwierige. Was bedeutet denn Würde? Diese Frage ist  nicht einfach zu beantworten.

Der Philosoph Immanuel Kant (1724 – 1804) erklärt Menschenwürde so: Dinge sind wertvoll, so lange wir sie brauchen können. Wenn wir sie nicht mehr brauchen, verlieren sie ihren Wert. Bei Menschen ist das anders: Der Mensch hat immer einen Wert. Auch wenn er krank ist. Auch wenn er nicht arbeiten kann. Darum sagt Kant: „Alles hat einen Wert, der Mensch aber hat Würde. 

Die Würde des Menschen ist unantastbar.

Unter allen Geschöpfen Gottes, hat der Mensch eine Würde, wie sonst niemand (Psalm 8). Wir Menschen haben diese unübertreffliche, uneinholbare Würde nicht, weil wir so genial, so gut oder schlau wären. Nein, wir haben diese Würde, weil Gott sie uns gegeben hat. Allen Menschen hat er sie gegeben – unabhängig von Alter, Geschlecht, ihrem Vermögen, ihrer Leistungsfähigkeit, ihrem Glauben. Das bedeutet: Jede Form von Intoleranz, Nationalismus, Rassismus ist nicht nur ein Vergehen an Menschen, sondern ein Schlag in das Angesicht Gottes!

Angesichts der Vielfalt der Menschen gleicher Würde, ist Toleranz unabdingbar. Darunter verstehe ich nicht Gleichgültigkeit, sondern eine Haltung, die den anderen in seiner Andersartigkeit respektiert – oder besser noch – in ihm eine Bereicherung des eigenen Lebens erkennt.

Der Mensch ist einzigartig unter Gottes Schöpfung. Mit der Schöpfung der Menschen hat Gott den Menschen eine persönliche Note gegeben. Wir wurden nach seinem Abbild geschaffen. In der Bibel steht, die Menschen sollen herrschen über die Fische......., Was bedeutet, wir Menschen müssen Verantwortung übernehmen, über die Erde, das Leben und wir sollen in seinem Sinn handeln.

Was aber ist der Sinn und die Absicht Gottes? Jesus selbst hat es uns vorgelebt. Er hat seine königliche Würde, die Gott ihm geschenkt hat verwirklicht. Wir alle sind von Gott mit königlicher Würde ausgestattet worden. Die Kronen auf den Tischen sollen uns daran erinnern. Die Kerzen in den Kronen bringen diese zum Leuchten. Das ist unser Wesen, unsere Person, unser Herz, unsere Seele. Es funktioniert leider nicht automatisch, dass wir königlich leben und handeln. Es braucht unser Mit-Tun. Unser Ausrichten an Jesus.

Ich möchte gerne drei königliche Eigenschaften von Jesus benennen, an denen wir uns gerade jetzt in der Adventszeit neu aus-richten können. Barmherzigkeit, Demut und Hingabe. Drei schwierige Begriffe, die aber durch das Leben von Jesus mit Leben gefüllt werden.

Nehmen wir die Barmherzigkeit. Sie ist eng mit Vergebung verbunden. Ich erinnere mich an die Begegnung zwischen Jesus und der Ehebrecherin. Die angeblich recht-gläubigen Pharisäer und Schriftgelehrten wollen Jesus eine Falle stellen. Sie wollen, dass er die Ehebrecherin verurteilt und zur Steinigung frei gibt. So steht es im Gesetz.

Jesus aber ändert die Blickrichtung. Er blickt nicht länger auf das geschriebene Recht – das brauchen wir natürlich auch. Aber Jesus blickt in das Herz der Frau und sieht dort ein zerknirschtes Herz, Reue und Umkehr. Das verändert seinen Blick und er richtet sich an der Not der Frau aus. Er spricht den Satz: „Wer von euch ohne Sünde ist, der werfe den ersten Stein“. Eindrucksvoll. Er lenkt den Blick der Menschen darauf, das wir alle Fehler machen und Vergebung und Barmherzigkeit brauchen. Und am Ende stellt Jesus fest: Hat dich niemand verurteilt? Ich verurteile dich auch nicht. Geh und sündige von nun an nicht mehr. Er entlässt die Frau in die Freiheit und schenkt ihr einen neuen Anfang, mit sich selbst und mit ihren Mitmenschen.

Jesus handelt königlich: „Ich verurteile dich nicht.“ – Ja, daran will ich mir ein Beispiel nehmen und mich an ihm ausrichten. Ich will versuchen weniger zu verurteilen, sondern zu verstehen – und zu verzeihen. Barmherzig sein. Das soll auch wie eine Überschrift über unsere Gemeinschaft hier im Sozialzentrum geschrieben sein: Vergebung und Barmherzigkeit.

Die zweite königliche Eigenschaft heißt: „Demut“.

Jesus war häufig zu Festen und Feiern eingeladen und er beobachtete wie alle sich um die besten Plätze, nahe beim Gastgeber, bemühten.  Jesus aber sagt:

Wenn dich jemand zu einem Hochzeitsmahl einlädt, dann setz dich nicht gleich auf den Ehrenplatz. Es könnte ja sein, dass eine noch vornehmere Person eingeladen ist. Der Gastgeber, der euch beide geladen hat, müsste dann kommen und dich auffordern, den Ehrenplatz abzutreten. Dann müsstest du beschämt auf dem untersten Platz sitzen.

Setz dich lieber auf den letzten Platz, wenn du eingeladen bist. Wenn dann der Gastgeber kommt, wird er zu dir sagen: ›Lieber Freund, komm, nimm weiter oben Platz!‹ So wirst du vor allen geehrt, die mit dir eingeladen sind.

Denn alle, die sich selbst groß machen, werden von Gott gedemütigt, und alle, die sich selbst gering achten, werden von ihm zu Ehren gebracht.«

Jesus nimmt sich selbst nicht so wichtig, er besteht nicht auf den Privilegien, die ihm als Meister zustehen. Vielmehr bückt er sich beim letzten Abendmahl und wäscht allen die Füße. Er dient und das ist für ihn maß-gebend. Wer mein Jünger sein will, muss bereit sein zu dienen. Das versuchen wir hier im Sozialzentrum zu leben. Einander zu dienen. Den Kunden zu dienen, aber auch uns gegenseitig als Mitarbeiter. Niemand ist der Chef, den alle bedienen. Wir sind alle Diener der Würde aller Menschen. Jesus handelt königlich, indem er sich klein macht und dient. Hilfsbereitschaft. Daran will ich mich in den kommenden Tagen aus-richten.

Und das dritte: Hingabe. Ein unglaublich schwieriger Begriff und doch ganz zentral für königliches Handeln. Ihr kennt schon alle die Redewendung. Der oder die macht das voller Hingabe…. Was bedeutet das? Es ist ganz einfach. Das, was ich tue, ist mir so unglaublich wichtig, dass ich alles außen herum vergesse. Es wird unwichtig.

Jesus heilt die Menschen voller Hingabe, er vergisst sogar das Sabbat ist, Sonntag und eigentlich ist es an dem Tag verboten zu heilen. Die Würde des Menschen ist für ihn unabdingbar. Nichts kann ihn davon ablenken. Er lässt sich nicht von Gesetzen und Vorschriften davon ablenken.

Das wünsche ich mir auch für uns hier im Sozialzentrum. Gesetze und Regeln sind wichtig und wir haben sie auch hier bei uns. Und doch muss immer die Würde des Menschen im Mittelpunkt stehen. Wenn jemand in Not ist, hungrig, krank, voller Trauer oder Kummer, geknickt oder ratlos. Dann dürfen wir getrost alles liegen und stehen lassen und uns ganz diesem Menschen zuwenden. Voller Hingabe.

Jesus ist mir dabei Vorbild an dem ich mich aus-richten will, denn er ist dieser Botschaft eines liebenden Gottes gefolgt, bis in den Tod am Kreuz und wurde von Gott für diese Hingabe mit dem ewigen Leben belohnt.

Diese Hingabe will ich mir zum Vorbild nehmen. Die Würde des Menschen ist unantastbar. So haben wir es bei der Begrüßung von Regina gehört. Als Christen sind wir auf die Hingabe Jesu hin getauft. Der Advent, die Kronen und die Kerzen wollen uns daran erinnern. Gott will das Beste in uns zum Glänzen bringen: Unsere königliche Liebe. Für Gott bist du ein Königin und ein König. Das Bild, das wir von euch gemacht haben ist der Beweis dafür. Amen.