Adventskalender 24. Dezember
Zerknüllen
Sie war noch müde. Aber voller Vorfreude. Müde war sie, weil sie mit einer Gruppe Frauen den ganzen Tag über, bis spät in den Abend hinein, aufgeräumt und den Fußboden in der Kirche geputzt hatte. Sie hatte mitgeholfen, irgendwie war die Kirche heute auch ein Stück von ihr.
So saß sie in der Bank, schaute wie andere kamen, sich einen Platz suchten. Ein paar Bänke weiter konnte sie hören, wie einer zum anderen sagte: ich hätte da gleich mal eine Mängelliste.
Der Hl. Josef bekommt keine Mängelliste überreicht, weil er nicht rechtzeitig in Bethlehem eine Herberge reserviert hat. Maria bekommt keinen Tadel, weil die Windeln kratzen.
Als Gott geboren wird, verteilt er keine Mängellisten. Der Futtertrog ist ihm recht, Maria, Josef, seine geliebten Eltern, die Hirten seinen Weihnachtsgäste.
Später werden Menschen mit ihren Mängeln zu Jesus kommen. Lahme, Blinde, Sünder, Gelähmte, Blutflüssige, Besessene. Nie wird er ihnen ihre Mängel vorhalten. Immer wird er fragen: was kann ich für dich tun? Was brauchst du, um wieder aufrecht gehen zu könne? Was hilft dir neu anzufangen?
Weihnachten feiern bedeutet auch, die Mängelliste, die ich in meinem Herzen vielleicht geschrieben habe, zu zerknüllen und wegzuwerfen. Das Kind in der Krippe zu betrachten, dass so unkompliziert mit seiner Krippe und seinen Windeln klargekommen ist. An den jungen Mann Jesus denken, der aus diesem Kind werden wird, der Menschen aufgerichtet und zu einem anderen Leben ermutigt hat, indem er ihnen keine Mängelliste präsentierte, sondern sie fragte: und was kann ich dir Gutes tun? Was brauchst Du?
Gebt den Kindern das Kommando
sie berechnen nicht
was sie tun
Die Welt gehört in Kinderhände
dem Trübsinn ein Ende
wir werden in Grund und Boden gelacht
Kinder an die Macht. (aus Herbert Grönemeyer, Kinder an die Macht)