Alternative Stadtführung in Viernheim

Ohne Bildung keine Verbesserung der Lebensumstände

Datum:
Mi. 22. Feb. 2017
Von:
Frank Enger
Jüngst fanden sich Vertreter der Gruppen „Christsein im Alltag", „Schöpfungskreis" und „Franziskanerkreis" der Pfarrgemeinde Johannes XXIII, aber auch einige interessierte Viernheimer vor dem Weltladen ein, um Christina Feifer auf der alternativen Stadtführung durch Viernheim zu folgen.

Frau Feifer berichtet zunächst über die Entstehung des Weltladens in Viernheim. Aus dem Verkauf von einigen wenigen fairen Produkten aus Pappkartons nach dem Gottesdienst ist mit Hilfe der vielen Ehrenamtlichen ein ansehnlicher Laden im Herzen Viernheims entstanden. Die Sparkassen-Stiftung hat die Räumlichkeiten zur Verfügung gestellt. Faire Produkte müssen sich dem Wettbewerb stellen, weil man nicht nur aus Mitleid im Weltladen einkaufen soll. Das GEPA-Siegel schafft Sicherheit für den Verbraucher, dass die angebotenen Waren wirklich aus fairer Produktion kommen, das heißt keine ausbeuterische Kinderarbeit und angemessene Entlohnung der Bauern.

An der Weltkugel vor dem Rathaus erläutert Frau Feifer die Ungleichheit zwischen den Staaten der Nordhalbkugel und den Entwicklungsländern der Südhalbkugel. Letztere sind als Produzenten unserer Kleidung und Nahrung zu Billiglöhnen nicht mehr wegzudenken. Sie selbst haben einen viel geringeren Bedarf an Konsumgütern.

Weiter geht's zu den Stein- und Schutthaufen der Großbaustelle Apostelplatz. Pflastersteine und sogar Schutt werden unter menschenunwürdigen Bedingungen in Steinbrüchen in Indien abgebaut und über die Meere verschifft, was billiger ist als die heimische Produktion. Die Pflastersteine auf dem Apostelplatz stammen aus geprüften Steinbrüchen aus Portugal.

Die Gruppe passiert den Auswanderer-Brunnen, der an die notleidenden, 1928 nach Amerika ausgewanderten Viernheimer erinnert. „Fair Trade verhindert Auswanderung in den Schwellenländern", erläutert Frau Feifer. Vor dem Laden von Colombo³, einem fairen Textil-Unternehmen aus Sri Lanka, packt Frau Feifer eine billige Kinder-Jeans aus, die eine wahre Produktions-Weltreise hinter sich hat, bis ihr schließlich in Frankreich das Label „Made in France" eingenäht wird. Die Näherinnen und Baumwollbauern in Indien oder Pakistan arbeiten in der Produktionskette für einen Hungerlohn ohne adäquaten Arbeitsschutz. Genauso verhält es sich mit der Produktion von Fußbällen und Sportschuhen. Ein Arbeiter von Talon Sports in Pakistan kann pro Tage sieben Fußbälle nähen und erhält dafür umgerechnet zehn Cents.

An der Schillerschule erfährt die Gruppe, wie viele Kinder in den Schwellenländern keine Schule besuchen, weil ihnen als Kinderarbeiter keine Zeit dafür bleibt. Vor allem Mädchen sind hier klar benachteiligt. Das vorrangige Ziel der Entwicklungshilfe muss Bildung sein: Ohne Bildung keine Verbesserung der Lebensumstände.

In der Schillerschule gibt es eine Initiative zur bevorzugten Verwendung von Schulheften aus Recycling-Papier. Der Energie- und Wasserbedarf zur Herstellung von Recycling-Papier ist deutlich geringer. Erschreckend auch die lange Kette aus Plastiktüten, die Frau Feifer aus ihrem Trolley auspackt. Unser Verbrauch von Plastik ist der höchste in der EU. Die Meere verkommen zu einer Müllhalde von Plastikabfällen.

Zum Abschluss der Führung gibt es für die Teilnehmer einen wärmenden fairen Kaffe oder Tee. „Es ist gut, dass wir uns auf den Weg gemacht haben" , so dass Resümee von Heinrich Volk. Das ist auch die Meinung der anderen. Viel Nachdenkenswertes für einen Nachmittag.