Blöße zeigen

Vorbereitung auf das Martinsfest

Datum:
Di. 24. Okt. 2017
Von:
Ronald Givens

Es gibt vom Hl. Martin noch eine zweite Mantelgeschichte. Auch wenn sie nicht so berühmt geworden ist, wie die Mantelteilung am Stadttor von Amiens, ist sie im guten Sinne schön.

Es wird berichtet, dass der Hl. Martin als Bischof auf dem Weg zu einem Gottesdienst gewesen ist, als ein Bettler ihm nackt hinterhergelaufen kam. Da hat Martin sein Gewand, das er unter seiner Kutte getragen hat, ausgezogen und es dem Bettler geschenkt.

In der kurzen Zeit, die bis zum Beginn des Gottesdienstes verblieben ist, war keine Zeit mehr, ein für Martin passendes Ersatzgewand aufzutreiben.

Steigt man in Assisi in die Unterkirche des Hl. Franziskus hinab, dann kann man auf den dortigen Fresken bestaunen, was sich dann ereignet haben soll: Dort ist Martin dargestellt, wie er als Bischof die Messe feiert. In dem Augenblick, da er die Hände zum Gebet emporgehoben hat, und seine nackten Arme, wegen des fehlenden Gewandes, sichtbar geworden sind, kamen zwei Engel und haben seine Blöße mit goldenen Tüchern bedeckt.

Für mich erzählt diese Legende, die wohl auch dem Maler oder Auftraggeber der Fresken in Assisi bedeutsam war, dass gerade im Gottesdienst, wo der ein oder andere für sich das Empfinden von Blöße oder Unwürdigkeit empfinden mag, es Gott darum geht, mit seiner Heiligkeit, mit seiner Liebe, mit seiner Vergebung, diese „Blöße“ zu heilen und zu bedecken.

In einer Welt, die oft genug darauf aus ist die Blöße des anderen aufzudecken oder jemanden bloßzustellen, soll und muss der Gottesdienst deutlich machen, dass Gott gegenteilig handelt. Nicht die Angst vor der eigenen Unwürdigkeit darf Leitgedanke der Mitfeier des Gottesdienstes sein, sondern das Vertrauen und die Bitte, dass Gott mich erkennen lasse, wie er an mir gut handeln möchte.

Herzliche Einladung zum Einkehrtag am Martinstag am 11. November 2017 im PJH, ab 11.00 Uhr. Anmeldung bitte im Pfarrbüro.