Brot in Asche gebacken

Impuls 5

Datum:
So. 1. März 2020
Von:
Pfarrer Ronald Givens

In deinen Toren werd' ich stehen, du freie Stadt Jerusalem, in deinen Toren kann ich atmen, erwacht mein Lied.

 

  1. Ihr Mächtigen, ich will nicht singen eurem tauben Ohr: Zions Lied hab ich vergraben in meinen Wunden groß. Ich halte meine Augen offen, liegt die Stadt auch fern. In die Hand hat Gott versprochen, er führt uns endlich heim. In deinen Toren...

 

  1. Die Mauern sind aus schweren Steinen, Kerkern, die gesprengt, von den Grenzen, von den Gräbern, aus der Last der Welt. Die Tore sind aus reinen Perlen, Tränen, die gezählt. Gott wusch sie aus ihren Augen, daß wir nun fröhlich sind. In deinen Toren...

 

  1. Die Brunnen, wie sie überfließen, in den Straßen aus Gold. Durst und Staub der langen Reise: Wer denkt daran zurück. Noch klarer als die Sonnenstrahlen ist Gottes Angesicht. Seine Wohnung bei den Menschen: mitten unter uns. In deinen Toren...

 

 

Beim Einzug zur Eucharistiefeier hat der Organist das Lied, das Shuly Nathan gedichtet hat, auf der Orgel gespielt. Das hat mich an ein Ritual erinnert, dass ich in meiner Studienzeit in Jerusalem genossen habe. Egal ob bei Muslimen, Juden, Christen, ob in der Stadt oder draußen bei den Beduinen, es war üblich, dass vor dem Abendessen ein großes Fladenbrot geteilt wurde. Jeder brach ein Stück davon ab, und dann wurde es schweigend gegessen. Für die Kinder eine gute Gelegenheit um die fremden Gäste verstohlen anzuschauen. Für mich einen Moment, um mir die Wohnung, um mir die Tischgemeinschaft anzuschauen, ohne etwas sagen, ohne etwas zu tun müssen. Einfach nur sich gegenseitig wahrnehmen, dass Brot schmecken, ruhig werden und ankommen.

Die Kommunion empfangen wir ebenfalls schweigend. Wir nehmen ein Stück von dem einen Brot und kauen und essen es auf unserem Weg. Jesus nutzt diesen stillen Moment, um uns in den Blick zu nehmen. Er möchte wahrnehmen bei wem er heute zu Gast ist. Beim Empfang des Brotes geben wir ihm die Möglichkeit zu erspüren in welcher Stimmung wir heute das heilige Brot empfangen.

Es ist auch der Moment bei dem ich selbst still das Brot essend mich einstimme auf die Menschen, zu denen ich unterwegs bin. Wer mit mir Tischgemeinschaft hält in der Kirche, aber auch wer mit mir Tischgemeinschaft hält in meinem Herzen, weil ich an diesen oder jenen Menschen denke.

Brot in Asche gebacken. Brot als Eröffnungsritual um einander kennen zu lernen. Intimer, stiller Augenblick, den Jesus nutzt um mich spüren zu lassen, dass er gerne bei mir Gast ist, dass er um mich wissen will. Intimer, stiller Augenblick, der mich öffnen will für die, mit denen ich das Brot breche, für die mit denen ich Gemeinschaft habe.