Denk an mich

Predigt Christkönig

Datum:
Mo. 25. Nov. 2019
Von:
Pfarrer Ronald Givens

Liebe Schwestern und Brüder im Herrn,

 

Das Christkönigsfest ist aus einem tiefen Schmerz entstanden. Es ist auf der einen Seite der Schmerz darüber dass nach dem Morden des Ersten Weltkrieges, nachdem in Europa die jungen Demokratien vorsichtig ihren Weg begonnen haben, es immer stärker einen Ruf nach der Nation gibt, nach der Ehre und der Rasse. Parteien, Wissenschaftler, Gruppierungen diskutieren über die Frage: wer gehört zur Nation und wer nicht, welche Rasse ist der anderen überlegen, wie kann die alte Stärke wiederbelebt werden? Auch Papst Pius XI ist darin ein Kind seiner Zeit. Der Verlust des Kirchenstaates, der Verlust seiner Macht schmerzt ihn. Er trauert den Monarchien nach. Und so führt er aus einer Mischung aus Trauer über das Untergegangene und einer Sorge vor einer übersteigerten Sicht auf den Menschen 1925 das Fest Christkönig ein.

Aber erst acht Jahre später gewinnt dieses Fest seine tiefste Bedeutung. Es sind die katholischen Jugendverbände Europas die sich dieses Fest Christkönig zu eigen machen und mit wirklichem Leben erfüllen. Gegen die Schwarzhemden in Spanien und in Italien, gegen die Gleichschaltung der Jugend Verbände in der Hitlerjugend im Deutschen Reich, gegen das „Heil Hitler“ stellen Sie ganz bewusst den Ruf „Christkönig Halleluja“. Dieses Fest wird zum Antifest gegen die, die gottlos die Reiche Europas an sich und ihrer Person ketten.

„Jesus denk an mich!“ ruft einer der beiden Verbrecher, die mit Jesus gekreuzigt worden sind. Was muss dieser Mensch für ein Herz gehabt haben, dass er inmitten der Qual der Kreuzigung, mitten in seinen Schmerzen, seine letzte Lebenskraft, seine letzte Lebenszeit, seinen Lebensatem dafür verwendet sich Jesus zuzuwenden? Er wendet sich ja keinem strahlenden König zu. Er wendet sich an einen, der nur noch ein blutiges Bündel Mensch ist. Ans Kreuz genagelt, mit einer Dornenkrone entstellt, viel zu schwach das eigene Kreuz zu tragen. Was muss dieser Mensch für ein Herz gehabt haben, dass er sich von diesem zerschundenen Bild nicht abbringt lässt den König den Menschen, Gott hinter all dem zu erkennen? Was muss dieser Verurteilte für ein Herz gehabt haben, dass er nicht bei der eigenen Verurteilung, bei den eigenen Schmerzen, beim eigenen Leid, stehen bleibt, sondern darum bittet: Jesus denk an mich! Er bittet darum, dass seine Gedanken durch das Denken Jesu aufgebrochen werden.

Wie reagiert mein eigenes Herz in den Extremsituationen meines Lebens? Ich frage mich oft beim Verlassen der Krankenzimmer, ich frage mich oft nach den Besuchen im Hospiz, was wird mein Herz hervorbringen, wenn ich einmal schwer leiden muss? Was wird mein Mund aussprechen, wenn mein Herz keine Antwort auf die Frage bekommt, warum ich? Was wird mein Herz hervorbringen, wenn ich darauf angewiesen bin, dass ich gepflegt und versorgt werde?

Ich weiß, was mein Herz hervorbringt, wenn ich ungerecht behandelt werde, ich weiß was mein Herz hervorbringt, wenn ich mich verrannt habe oder in eine Sackgasse gelaufen bin. Ich weiß, was mein Herz hervorbringt, wenn ich kritisiert werde, wenn es anders kommt als ich es mir vorgestellt habe. Immer dann, wenn ich den dunklen Gedanken meines Lebens, immer dann, wenn ich den Worten, die mir nicht gefallen oder die ungerecht sind, die Herrschaft über mein Herz überlasse, dann werde ich zur Last für die Menschen mit denen ich zusammenarbeite, für meine Umgebung. Wird mein Herz allein regiert von meinen Gedanken, nur von meiner Sichtweise, nur von meinem Schmerz, dann wird es dunkel in mir und bei meinem Nächsten.

Das Christkönigsfest beginnt dort, wo ich all dem Dunklen in meinem Herzen nicht die Führung überlasse, sondern Jesus darum bitte: denk an mich. Leg zu meinen Gedanken, dein Denken.  Damit ich nicht mitschreie, wenn alle anderen schreien. Damit ich nicht hart, werde, wenn es mich hart trifft. Damit ich nicht ungerecht werde, wenn andere im Recht sind. Damit ich nicht voll eigener Gedanken, gedankenlos werde. Jesus denk an mich, damit ich nicht Gott vergessen werde. Amen.