Göttliche Weisheit

Gebetsbrücke im Juli

Datum:
Di. 14. Juli 2020
Von:
Ursula Scheidel

Die Entscheidung des türkischen Obersten Verwaltungsgerichts, dass die Hagia Sophia, das berühmte Wahrzeichen Istanbuls, wieder zur Moschee wird, war der aktuelle Anlass, die Christen der Türkei in den Mittelpunkt der monatlichen Gebetsbrücke zu stellen. 

Erst Kirche, dann Moschee, schließlich Museum

Die Hagia Sophia ("Göttliche Weisheit") wurde im Jahr 537 als Reichskirche des griechisch-orthodoxen Kaiserreichs Byzanz geweiht und war die größte Kirche des Christentums. Nach der Eroberung Konstantinopels, des heutigen Istanbul, durch die Osmanen wurde sie 1453 zur Moschee und mit Minaretten versehen. Republikgründer Mustafa Kemal "Atatürk" machte sie 1934 zu einem Museum. Für viele orthodoxe Christen hat die Hagia Sophia eine vergleichbare historische Bedeutung wie der Petersdom für die Katholiken.

Für die Entscheidung, dass die Hagia Sophia wieder zur Moschee wird, gibt es viel Kritik. Die griechisch-orthodoxen Christen sind empört.

Die UNESCO sorgt sich um das Welterbe.

Bereits am 24. Juli soll dort das erste Freitagsgebet stattfinden. Erdogan betonte allerdings auch, dass das Gebäude weiter allen Menschen - egal welchen Glaubens - offen stehe.

Ob das in der Tat so sein wird, wird sich zukünftig zeigen.

Die Türkei liegt im Weltverfolgungsindex von Opendoors auf Platz 36. Der durchschnittliche Druck auf Christen ist angestiegen und immer öfter werden dort lebende Christen vom Regime ausgewiesen.

Ein Beispiel vom Juni 2020 :

Der Christin und dreifachen Mutter Joy Anna Crow Subasigüller teilten die Behörden am 5. Juni mit, sie müsse die Türkei verlassen. Die aus Florida, USA, stammende Joy ist seit sieben Jahren mit ihrem türkischen Ehemann, der Pastor ist, verheiratet. Die beiden haben drei Kinder, die alle in der Türkei geboren wurden.

Die Lage der Christen hat sich nach der durch die USA erzwungenen Freilassung des US-Pastors Andrew Brunson deutlich verschlechtert. Brunson war aufgrund einer konstruierten Anklage zwei Jahre im Gefängnis. Durch die scharfe Rhetorik der Regierung haben Misstrauen sowie Widerstand der Gesellschaft gegen die Christen zugenommen. Die Vereinigung Protestantischer Kirchen schreibt in ihrem aktuellen Bericht vom März 2020 zur Religionsfreiheit der Christen in der Türkei: „Hassverbrechen und Intoleranz gegen Christen haben 2019 weiter zugenommen. Angezeigte Straftaten werden strafrechtlich nicht verfolgt, was zu Besorgnis und Unsicherheit führt.“ Die Vereinigung vertritt gegenüber der Regierung die Anliegen der mehr als 170 Gemeinden, für die es schwierig ist, Räume für Gottesdienste und Versammlungen zu finden, auch weil sie rechtlich nicht anerkannt sind.

Nächste Gebetsbrücke am 13.08.2020 um 20 Uhr vor der Apostelkirche.