Heilig Abend

Predigt zur Heiligen Nacht

Datum:
Di. 24. Dez. 2019
Von:
Pfarrer Ronald Givens

24 Dezember

Als sie den Stern sahen, wurden sie von sehr großer Freude erfüllt (Mt 2,10)

 

Liebe Schwestern und liebe Brüder,

als sie den Stern sahen, wurden sie von sehr großer Freude erfüllt. Die hell leuchtenden Sterne in unseren vier Kirchen haben diesem Satz ein Bild gegeben. Ein anderer Blickfang war für mich immer wieder in dieser Zeit, wenn ich einen Vater oder eine Mutter gesehen habe, die ihr Kind in ein Tuch gewickelt bei sich am Körper getragen haben. Wie viel Wärme und wie viel Nähe bekommen diese Kinder schon ganz am Anfang ihres Lebens mit auf den Lebensweg.

In den ältesten Krippendarstellungen ist Jesus so eng in Windeln gewickelt, dass es sich nicht bewegen kann. Man sieht nur das Gesicht des neugeborenen Kindes. Bewegung war für das Jesuskind und für die Kinder der damaligen Zeit nicht möglich. Dazu wird er meist in einem Futtertrog liegend, dargestellt, Maria und Josef abseits, weit entfernt von der Wärme, die ein Kind im Wickeltuch am Körper der Mutter oder des Vaters empfindet.

Die Heilige Nacht, die wir feiern gehört zu den Nächten, die Menschen über Jahrhunderte hinweg gefürchtet haben. Nie war die Nacht im Verlauf des Jahres länger, als in diese Nächten. Die Menschen hatten Angst dass dieses Mal die Nacht stärker sein könnte, als die Sonne. In der Heiligen Nacht wurde herbeigesehnt und gefeiert, dass es eine Wende geben möchte, dass das Licht wieder stärker wird als die Nacht.

Auch Maria hat gefürchtet, dass die Nacht stärker sein könnte, als das Licht in ihrem Herzen und im Herzen des heiligen Josef. Was wird sie dankbar gewesen sein als am Morgen der heilige Josef zu ihr gekommen ist und zu ihr gesagt hat: Maria das Licht unserer Liebe ist stärker als alle meine Zweifel als alles Getratsche der Nachbarn. Ich stehe zu dir, ich stehe zu unserer Liebe, ich stehe zu unserem Kind. Diese Bewegung von Josef auf Maria zu, ist eine Bewegung Licht gebracht hat. Was sind wir dankbar, wenn wir allein dastehen, wenn Angst oder Schmerz uns lähmt, und plötzlich bewegt sich neben uns eine Hand und drückt unsere Hand und so sagt: spüre mich, wir stehen das jetzt gemeinsam durch. Was sind wir dankbar wenn die Türklinke am Krankenzimmer sich senkt, die Tür sich bewegt und jemand sagt: ich bin da, ich habe dich nicht vergessen, wir stehen das jetzt gemeinsam durch. Was sind wir dankbar, wenn wir auch im Alter erfahren der bewegt sich jemand auf mich zärtlich zu und empfindet mich schön. Wie viel Licht bringt diese Bewegung. Jeder von uns kennt solche Bewegungen, die die Nacht beendet haben, die uns haben spüren lassen: ich bin doch geliebt. Da ist doch jemand zu mir treu. Da lässt mich jemand nicht im Stich.

Gott wird Mensch. Er wird es zu einer Zeit, da Kinder so eng in Windeln gewickelt werden, dass sie sich nicht bewegen können. Er der allmächtige Gott, der weder durch Raum noch Zeit in seiner göttlichen Bewegung eingeschränkt gewesen ist, er lässt sich so in seiner Bewegung fesseln, dass er darauf angewiesen ist, dass andere sich für ihn bewegen. Die Nacht ist dort besiegt, wo wir uns so auf einen anderen Menschen zubewegen, so  berühren, dass er oder sie glauben kann: meine Nacht wendet sich. Gott wird in der tiefsten Nacht geboren, damit wir gerade die Kleinen, die Schwachen, die auf Hilfe Angewiesenen, die Zerbrechlichen gleichsam in ein Tragetuch uns auf das Herz legen, damit unsere Wärme, damit unser Herzbewegung ihnen in der Demenz, ihnen in der Angst, ihnen in der Unmündigkeit, ihnen in der Armut, ihnen in der Krankheit sagt: ich teile meine Wärme, ich teile meine Bewegung mit dir, damit dir nicht der Glaube verloren geht, dass das Licht stärker ist, als die längste Nacht.

Der Stern von Bethlehem war für die Weisen aus dem Morgenland die Einladung Gottes sich zu bewegen, um etwas zu finden, für das es sich lohnt, alle seine Schätze zu geben. Bis heute ist dieser Stern für uns die Einladung all unsere Schätze so in Bewegung zu bringen, dass die Menschen in der Nacht, und die Menschen die gefesselt sind von all dem was das Leben lähmen kann, erfahren: es gibt noch Menschen, die sich von Gott bewegen lassen, die Nacht eines anderen Menschen durch ihr Licht, durch sein Licht zu beenden. Amen.