„Ich bin ein Viernheimer“

Rückblick auf gelungenes Projekt

Datum:
Do. 22. Okt. 2020
Von:
Herbert Kohl

Im November 2014 kam der erste Anruf von der Tafel Viernheim. „Hilfe, hier stehen Menschen, die uns nicht verstehen!“ Es war der Beginn eines langen und intensiven Weges der katholischen Kirche in Viernheim im Bereich Integration.

Die Not war groß und so haben wir als Kirche nicht lange gezögert und Verantwortung übernommen. „Was braucht ihr“, so haben wir unsere Neu-Viernheimer gefragt und die Antwort kam ganz klar und eindeutig: „Wir wollen Deutsch lernen“. Also sind quasi über Nacht Deutschkurse entstanden und erste Patenschaften wurden übernommen. Begleitung zu den Ämtern und zu Arztbesuchen standen am Anfang im Mittelpunkt. Spieleabende und Begegnungstreffen wurden vom Pfarrgemeinderat organisiert und auch die Jugend hat immer wieder Angebote gemacht.

Nach und nach wurde der ganze Bereich professionalisiert. Das Lernmobil hat den kompletten Bereich Sprache übernommen und qualitativ hochwertige Integrationskurse angeboten. Mit ehrenamtlichen Kräften haben wir uns dann noch um die Gruppe gekümmert, die durch die gesetzlichen Regelungen gefallen sind wie z. B. Menschen aus Ländern mit einer schlechten Bleibeperspektive. Diese waren vom Gesetz her von Sprachkursen ausgeschlossen.

Anke Winkler und Annette Reinhardt-Klee haben im Jahr 2015 je eine halbe Stelle übernommen und sich die sozialen und beruflichen Integrationsaufgaben geteilt. Finanziert wurden diese befristeten Stellen von der Diözese Mainz, dem Kreis Bergstraße und der Stadt Viernheim. Diese Stellen sind nun in diesen Tagen ausgelaufen und daher ist es wichtig, voller Dankbarkeit und Stolz, auf die erfolgreiche Zeit zurückzublicken aber auch das in den Blick zu nehmen, was noch der Förderung und Intensivierung bedarf.

 

 

Soziale Integration

Als Schwerpunkt unseres kirchlichen Auftrages haben wir die soziale und berufliche Integration ausgemacht sowie die Begleitung der Selbstorganisation der Geflüchteten.

Die Hauptaufgabe von Anke Winkler war der Bereich der sozialen Integration mit den ungezählten persönlichen Not- und Problemlagen. Als Projekt wurden über 100 Tandempartnerschaften vermittelt. Anke Winkler hat diese Tandempartner begleitet, nach Kräften beraten und unterstützt. Das war eine sehr wichtige Hilfestellung für viele Geflüchtete. Viele Freundschaften haben sich daraus entwickelt und sind über die Jahre erhalten geblieben, auch wenn der Kontakt nicht mehr so häufig ist.

 

Berufliche Integration

Auch im Bereich der beruflichen Integration sind wir Schritte gegangen und haben manchen Vermittlungserfolg in Arbeit und Ausbildung verzeichnet. Im Projekt „Ich bin ein Viernheimer“ hat Annette Reinhardt-Klee 15 berufliche Integrationslotsen ausgebildet und viele Geflüchtete bei ihrer beruflichen Integration begleitet. Das Jobcenter hat diese Aufgabe mit vielen professionellen Mitarbeitern übernommen und sich gut auf die Situation und die Menschen eingestellt. Klar, es gibt immer wieder einmal Unterstützungsbedarf, aber nicht mehr in dem Maße wie 2015.

 

Laden mit Herz

Aus dem Kontext berufliche Integration hat sich auch der „Laden mit Herz“ im Katholischen Sozialzentrum entwickelt, der 10 Geflüchteten ein Lern- und Erfahrungsfeld für ihre berufliche Integration bietet. Das wird auch in Zukunft so bleiben.

Ein Bereich, der nicht optimal läuft, ist die Unterbringung von Geflüchteten im ehemaligen Rhein-Neckar-Hotel und in der Bunsenstraße. Da diese Bewohner überwiegend eine Anerkennung und Bleibeberechtigung haben, ist der Kreis Bergstraße nicht mehr zuständig. Eigentlich müssten die Bewohner ausziehen, weil sie keine Wohnberechtigung mehr haben. Aber wo sollen sie denn hin und so werden sie stillschweigend geduldet, weil jeder weiß, dass der Wohnungsmarkt in Viernheim leergefegt ist. Selbstverständlich zahlen sie dort ein Entgelt, höher als jede Miete in Viernheim.

 

Die Helping Hands

Hilfe zur Selbsthilfe, das ist das große Motto der Gruppe „Helping Hands“, die sich ebenfalls 2015 gegründet hat und die für viele Geflüchtete erste Anlaufstelle war. Menschen, die die ersten Hürden hier in Deutschland genommen haben, geben Neuangekommenen gerne Auskunft und haben sehr oft die Aufgaben eines Tandempartners übernommen. Auch hier hat die Diözese Mainz eine halbe Stelle geschaffen und mit Herrn Kibreab Habtemichael (Kebi) einen kompetenten und engagierten Mitarbeiter gefunden. Ein eigenes Integrationsbüro wurde im Haus des Lebens eröffnet. Dort bot Kebi feste Sprechzeiten für Beratungsgespräche mit Geflüchteten an. Kebi selbst hat parallel zu seiner Arbeit eine Promotion an der "Deutschen Universität für Verwaltungswissenschaften Speyer" aufgenommen und wird sie Ende diesen Jahres abschließen. Auch er wird sich im nächsten Jahr beruflich neu orientieren. Die Gruppe der „Helping Hands“ hat viele Integrationsprojekte gestemmt. Stellvertretend sei nur das Musikevent im Bürgerhaus erwähnt: „Viernheim trifft die Welt“. Geflüchtete haben mit Alt-Viernheimer musiziert und mit kulturellen Beiträgen einen Einblick in ihre Heimatländer ermöglicht. Die 20 Mitglieder der Helping Hands sind heute selbst gut integriert und haben Arbeit gefunden. Auch hier ist es gut, Danke zu sagen und sie aus ihrer Verantwortung zu entlassen. Sie bleiben als Gruppe organisiert und werden sicher noch manches zum Gelingen der Integrationsarbeit in Viernheim beitragen.

 

 

Dank und Anerkennung für alle Viernheimer

Wir sind Herrn Bürgermeister Matthias Baaß sehr dankbar, dass er die verschiedenen Bereiche der Integration nun unter einem städtischen Dach zusammengefasst hat in der Lenkungsgruppe Integration. Gemeindereferent Herbert Kohl ist in dieser Gruppe engagiert und bringt die Ressourcen der katholischen Kirche in Viernheim dort mit ein.

„Ich bin ein Viernheimer“. Für die Geflüchteten, die zu uns gekommen sind, ist das keine leere Floskel, sondern sie sagen es mit einem Leuchten in den Augen, denn sie haben hier Menschen gefunden, die für sie eine zweite Heimat geworden sind.  

Anke Winkler, Annette Reinhardt-Klee und Kibreab Habtemichael möchten wir an dieser Stelle von Herzen danken für ihr tatkräftiges Engagement und ihren unermüdlichen Einsatz für unsere Neu-Viernheimer. Vergelt’s Gott.

Für die katholische Kirche in Viernheim

 

Pfarrer Dr. Ronald Givens     Gemeindereferent Herbert Kohl