Labyrinth durchpilgern

in der Hoffnungswörterausstellung

Datum:
Di. 20. Apr. 2021
Von:
Christina Feifer

Ein Labyrinth im freigeräumten Kirchenraum der Marienkirche – haben sie sich schon getraut, es abzulaufen? Nur Mut! Gehen sie doch einmal mit folgendem inneren Bild los:

 

 

Mittelalterliche Pilger waren aus Spanien oder Deutschland unterwegs. Mühsam zu Fuß, monatelang, Witterung und Gefahren ausgesetzt. Oft am Ende der Kräfte, der Geduld, der Motivation. Ihr Ziel: Die Kathedrale von Chartres. Schon von weitem war sie am Horizont zu sehen. Das Ziel zum Greifen nahe, das Durchhalten, das Weiterkämpfen gegen Verzweiflung und gegen den „ inneren Schweinehund“ hatte sich gelohnt.  Im Inneren der Kathedrale angelangt, sanken die Pilger auf die Knie, überwältigt von der Weite, den riesigen Rosettenfenstern in den leuchtenden Farben des Himmels. Am Ziel? Nein. Noch nicht. Inmitten der Kirche, kurz vor dem Ziel, beginnt der innere Weg, die letzte Etappe. Ein Irrweg? Nein. Ein Weg, dessen Richtung sich im Abgehen erschließt. Ein Weg mit Windungen, Richtungswechsel, Annähern und Entfernen. Ein Weg, der das eigene Leben spiegelt. Das Ziel scheint zu entgleiten, die Mitte gerät aus dem Blickwinkel, Zweifel kommen auf: Bin ich noch richtig? Was ist mein Ziel? Hier war ich doch schon einmal - soll ich abbrechen?

Alle Pilger haben das Ziel erreicht und haben bestärkt und beseelt die Kathedrale verlassen können.

Ein Aufbruch in die Heimat mit einer neuen Sichtweise war möglich.

 

 

Seit über einem Jahr sind wir als Gemeinde in Zeiten der Pandemie unterwegs. Mühsam ist der Weg, schrittweise geht es nur weiter, mehr als einmal muss der Rückwärtsgang eingelegt werden. Oft am Ende der Geduld, am Ende der Motivation, zornig und müde.

Das Ziel am Ende des Horizonts liegt noch immer im Nebel. Auch der innere Weg fordert heraus. Was ist mir wichtig an meinem Glauben? Was steht im Mittelpunkt meines Lebens? Was lasse ich unter Tränen zurück? Was lässt mich nicht los? Bin ich noch auf dem richtigen Weg? Soll ich abbrechen? Der Weg kann sich nur im Gehen erschließen.

 

Trauen sie sich, das Labyrinth in der Marienkirche zu durchpilgern. Sie können nichts falsch machen, sie können sich nicht verirren. Auf dem Weg dürfen sie sich durch Hoffnungsworte ermutigen lassen.

 Sie sind nicht allein unterwegs. In der Mitte des Labyrinths erwartet sie eine Schale mit goldenen Hoffnungsblumen. Nehmen sie eine mit. Auf dem Altar liegen Stifte. Lassen sie uns durch ein Wort an ihrer Erfahrung teilhaben und heften sie die Blume auf die Leinwand. Nehmen sie sich Zeit – lassen sie sich Zeit.