Loslassen

Pastoraler Weg in Viernheim

Datum:
Fr. 24. Juni 2022
Von:
Christina Feifer

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Vor drei Wochen wurde die Oma begraben, die nach einem erfüllten Leben friedlich einschlafen durfte. Jetzt muss die Familie das gut gefüllte Haus ausräumen. Viele von ihnen kennen diese Situation: Das Leben ist nicht nur gefüllt mit vielen Begegnungen, guten und schlechten Erfahrungen, Erfahrung und Weisheit und vielen, vielen Geschichten, sondern auch mit jeder Menge Krempel.

Das Ausräumen ist eine herausfordernde Angelegenheit: Erinnerungen steigen hoch mit jedem Gegenstand, der in die Hand genommen wird.  Die Verstorbene wird nochmal mit all ihren guten und auch anstrengenden Seiten gegenwärtig und das Aussortieren ist ein letzter, endgültiger Abschied.

Schön ist es, wenn viele Dinge noch weiterverwendet werden und einen Nutzen bekommen: Der Rollator für den Sozialhilfeempfänger, die Sammeltassen für den Pfennigbasar und das Sofa für die geflüchtete Familie.

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In einem Land vor unserer Zeit, in Abel – Mehola, ergeht Gottes Ruf an den jungen Elischa.Viele von ihnen kennen diese Situation: Das Leben ist nicht nur gefüllt mit Routine und geordneten Strukturen, sondern auch mit neuen Herausforderungen, schnellen Entscheidungen und Umbrüchen. Elischa lässt sich davon ansprechen und bricht auf. Er lässt die Routine des Landwirts hinter sich, der die Arbeit von zwölf Gespannen organisiert hat. Von seiner Familie verabschiedet er sich. Seinem Kapital gibt er einen ganz eigenen Nutzen: Er steckt es in ein Abschiedsfest: Das lässt sich mit zwei Rindern und deren Joch großzügig ausgestalten und war bestimmt ein rauschendes Fest, das vielen ermöglichte, satt heimzugehen: er Tagelöhner und die Magd ebenso wie der engere Familienkreis.

Danach hat Elischa Hände, Herz und Kopf frei für die  neue Aufgabe,

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Kirche in Viernheim geht mit der Gründung der Pastoralraumkonferenz neue Wege. Es gilt zu überlegen und umzusetzen, welchen Ort wir unserem Glauben sichern wollen, wie das Evangelium gelebt und praktiziert werden soll und wie wie das angeschlagene oder zerschlagene Vertrauen zurückgewonnen werden  oder neu wachsen kann.

Sie kennen Diese Situation: es ist schmerzhaft und herausfordernd, sich Neuem zu stellen, liebgewordene Orte und Traditionen aufzugeben, Herzensprojekte zu beenden, Kirche neu zu denken angesichts von Mitgliederschwund, Einsparungen und Skandalen.

Es tut weh, immer nur in die Vergangenheit zu schauen. Es belastet, immer nur zu erhalten und pflegen. Es schränkt ein, mit der Ausstattung einer Großfamilie einen Zwei – Personen – Haushalt zu bestreiten.

Manchmal brauchen Traditionen einen liebevollen Abschiedskuss. Althergebrachtes darf eine neue Verwendung erhalten. Kitsch und Krempel brauchen nicht im Fundus vergammeln. Kopf, Herz und Hände müssen frei werden.  Dann kann Neues entstehen, weil Freiheit auch Kreativität und Motivation ermöglicht. Kirche ist kein Ort der Restauratoren und Denkmalpfleger, sondern der Gottessehnsucht und Barmherzigkeit.

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