Nächstes Jahr in Jerusalem

Pilgerreise 37

Datum:
Fr. 1. Mai 2020
Von:
Pfarrer Ronald Givens

Virtuelle Pilgerreise 2020, 37 - Sichem

Markus wickelte die kostbaren Abschriften der Worte Jesu behutsam in Leder, um die beschriebenen Ziegenhäute auf der Wanderschaft nach Galiläa zu schützen. Rael, so nannten die Jünger die Frau, die Jesus am Jakobsbrunnen getroffen hatte. Sie begleitete sie noch bis zum Berg Garizim. (Deuternonomium 27,12, Richter 9,7) Rael ging hinauf zum Tempel der Samariter (Johannes 4,20), während die Jünger in Richtung Sichem weiterwanderten. Zum Abschied beteten sie gemeinsam das Vaterunser. Dann gaben sie sich den Friedensgruß und trennten sich.

Gegen Abend kamen sie in Sichem an. Die Jünger gingen geradewegs zu dem Heiligtum, das um Abrahams Altar errichtet worden war. (Genesis 12,6-7) Sie legten ihren Gebetsschal um, berührten die Hörner des Altars und verrichteten die vorgeschriebenen Gebete. Seit sie Jerusalem verlassen hatten, beteten sie das Vaterunser zum Abschluss. Es verband sie mit ihren Erinnerungen an Jesus.

Johannes kannte in Sichem einen Händler, mit dem seine Familie seit vielen Jahren zusammenarbeitete. Dorthin gingen sie jetzt. Sie würden ein oder zwei Tage in Sichem übernachten, ihre Vorräte auffüllen, und dann nach Galiläa weiterziehen.

Samuel, so hieß der Händler, freute sich über den Besuch von Johannes und seinen Freunden. Er ließ ihnen die Füße waschen, brachte frische Feigen und lud sie ein, bei ihm zu übernachten.

Er hatte eine Überraschung für sie: Einem Brief - von Lukas aus Damaskus. Lukas hatte einer Karawane den Brief mitgegeben, weil er damit gerechnet hatte, dass die Freunde in Sichem Station machen würden auf ihrem Weg zum See. Auch er kannte Samuel, weil er bei ihm kostbares Olivenöl und Seifen aus Sichem bezog.

Der ganze Brief drehte sich um eine Frage: Wie wird man ein Jünger Jesu? Seine Freunde in Bethanien hatten Lukas erzählt, wie Jesus Menschen angesprochen und aufgefordert hatte, ihm nachzufolgen.

Konnte er, Lukas, und seine Familie, überhaupt noch Jünger Jesu werden? Martha, Maria und Lazarus hatten ihm diese Frage nicht beantworten können. Sie hatten Lukas lediglich erzählt, dass es auch Menschen gab, die Jesus vergeblich angefragt hatten. Nicht alle waren bereit, mit Jesus unterwegs zu sein und auf vieles zu verzichten.

Lukas wollte auch wissen, ob es notwendig sei, die Taufe des Johannes zu empfangen, wenn man ein Jünger Jesu werden wollte? Ging das nur im Jordan? Oder konnten er und seine Familie auch im Fluss Abana (2 Könige 5,12), hier in Damaskus, getauft werden?

Johannes hatte den Brief allen vorgelesen. Sie diskutierten über die Frage des Lukas. Aber eine wirkliche Antwort fanden sie nicht. Keiner hatte Jesus je gefragt, warum er ihn oder sie aufgefordert hatte ihm nachzufolgen. Es war einfach so gewesen. Nicht einmal ihren Familien konnten sie recht erklären, warum sie bei Jesus blieben.

Hoffentlich hatte Magdalena recht und Jesus würde ihnen wieder am See begegnen. Sie hatten so viele Fragen.

Markus hatte sich seinen Schlafplatz bei den Kamelen gesucht, die zu den Händlern gehörten, die ebenfalls bei Samuel übernachteten. Er lehnte sich an eines der großen Tiere, spürte seine Wärme, hörte das Herz durch das dichte Fell schlagen. Es reichte nicht, die Worte Jesu und Geschichten über ihn aufzuschreiben. Es brauchte noch etwas anderes, um mit Jesus verbunden zu bleiben, sein Jünger zu sein. Aber was? Es musste so lebendig sein wie die Wärme des Kamels, wie der Herzschlag, den er spürte.

Abraham hatte hier in Sichem einen Altar aus Stein gebaut. (Genesis 12,6-7) So wollte er sich an seine Familie daran erinnern, dass Gott hier versprochen hatte, ihm und Sarah Nachkommen und Land zu schenken. Sollten Sie wie Abraham für Jesus einen Altar bauen? Aus Stein?

Unsere Wohnungen sind voller Erinnerungen. Wir bringen Bilder und Gegenstände in Verbindung mit Menschen, Lebensabschnitten oder Erlebnissen. Manchmal nehmen wir sie auch in die Hand, um uns zu vergewissern, um eine Erinnerung nachzuspüren.

Gibt es einen Gegenstand oder ein Bild, das mich daran erinnert, wie Jesus die Verbindung zu mir gesucht und aufgebaut hat? Was erinnert mich, an eine wichtige Station auf meinem Glaubensweg?

Erzählen Sie davon Ihren Mitpilger*innen. Wenn Sie möchten, können Sie den anderen auch den Gegenstand zeigen und erläutern.

Ich wünsche Ihnen einen gesegneten Pilgertag.

In diesem Sinne: L'Shana Haba'ah B'Yerushalayim (לשנה הבאה בירושלים)

Ihr Pfarrer Dr. Ronald Ashley Givens