Nächstes Jahr in Jerusalem

Pilgerreise 48

Datum:
Di. 12. Mai 2020
Von:
Pfarrer Ronald Givens

Virtuelle Pilgerreise 2020, 48 Joppe

Zum Nachmittagskaffee gibt es in unserem Pilgerhaus etwas Besonderes. Der Großvater von Peter Ustinov hatte das Haus gekauft und später in ein Pilgerhaus umgewandelt. Es hieß, dass es von ihm noch eine Rezeptsammlung gibt. So gab es zu dem arabischen Kaffee einen Apfelstreusel-Kuchen mit Rhabarberstücken. Das große Blech war im Nu geleert.

Nach der Kaffeepause war auch die größte Hitze aus den Altstadtgassen gewichen. Wir machten uns gemeinsam auf den Weg zu der kleinen Peterskirche, die daran erinnerte, dass der Heilige Petrus hier in Jaffo gewohnt hatte. Im Neuen Testament hieß die Stadt Joppe oder Japho. (Apostelgeschichte 9,36-42;10,9-23a)

Hier in dieser Hafenstadt ist eine der wichtigsten Weichen für unsere Kirche gestellt worden. Wieder spielt ein römischer Hauptmann eine entscheidende Rolle.

Petrus betete auf dem Dach des Hauses, in dem er wohnte. Es gehörte Simon, dem Gerber. Während des Gebetes hatte er eine Vision, die ihn auf die kommende Begegnung mit dem römischen Hauptmann vorbereitete. Petrus war in seinen Vorstellungen und auch in seiner Glaubenswelt als Jude geborgen und zugleich gefangen.

In der Vision, die er hatte, wurde er aufgefordert, Speisen zu essen, die für ihn - einen Juden - als unrein galten. Seine Weigerung wurde hart mit den Worten in Schranken gewiesen: Nenne du nicht unrein, was ich als rein erklärt habe. (Apostelgeschichte 10,15)

Cornelius erzählt später: „Ich habe sein Zögern gespürt. Er stand vor unserer Türschwelle und wusste nicht so recht, ob er es wagen durfte, unser Haus zu betreten. Nie hätte ich es gewagt, diesen Juden darum zu bitten, mein Haus zu betreten. Aber die Stimme, die ich gehört habe, war so eindringlich, dass ich nicht anders konnte.“

Petrus sagt nachher: „Ich erinnere mich noch gut daran, dass Jesus bereit gewesen war, das Haus des Hauptmanns von Kafarnaum zu betreten. Obwohl er nicht den kleinsten Buchstaben des Gesetzes außer Acht ließ, war er unendlich großzügig, wenn es darum ging, die Not eines anderen Menschen zu heilen. Diese Erinnerung hat mir geholfen, dass meine Angst und meine Sorgen mich nicht gefesselt haben, als ich allen Mut brauchte. (Lukas 7,6)

In der Peterskirche feiern wir gemeinsam Gottesdienst. Es gibt keine Predigt. Stattdessen erhält jeder ein Stück des gebrochenen eucharistischen Brotes und überschreitet mit diesem, in der Hand, die Türschwelle, die im Boden eingelassen ist, die zu dem Haus des Hauptmann Kornelius gehört haben soll.

Im Leben gibt es Haltungen, Grundsätze, Überzeugungen, von denen ich nie gedacht hätte, dass ich sie einmal nicht mehr aufrecht halte. Menschen berichten immer wieder davon, dass sie nachdenklich geworden sind, als sie im eigenen Leben, im Leben der Kinder, im Leben von guten Freunden erfahren haben, dass etwas ganz anders gekommen ist, als man es sich vorgenommen oder erwartet hat. Mit einem Mal eröffnet sich ein anderer Blickwinkel auf bisherige Grundsätze.

Petrus hat durch eine Vision den Mut gefunden, in seinem Glauben weiter zu werden. Christus hat ihm dies geschenkt, damit seine Botschaft in die ganze Welt getragen wird.

Mit dem heiligen Brot in der Hand erinnern wir uns an die Zusage, dass Christus uns begleitet und uns immer wieder ermutigt, um der Liebe und der Not willen, im Glauben Neuland zu betreten.

Heute sind Sie eingeladen, in Ihrer Pilgergruppe darüber ins Gespräch zu kommen, inwieweit das Leben sie gelehrt hat, sich im Glauben zu verändern.

Ich wünsche Ihnen einen gesegneten Pilgertag.

In diesem Sinne: L'Shana Haba'ah B'Yerushalayim (לשנה הבאה בירושלים)

Ihr Pfarrer Dr. Ronald Ashley Givens