Nächstes Jahr in Jerusalem

Pilgerreise 49

Datum:
Mi. 13. Mai 2020
Von:
Pfarrer Ronald Givens

Virtuelle Pilgerreise 2020, 49 Karmel

Heute Morgen haben wir zum ersten Mal wieder ein Flugzeug im Landeanflug auf Tel Aviv beobachtet. Der Heilig-Land-Verein hat uns informiert, dass der Flugverkehr zwischen Israel und Europa wieder aufgenommen wird. In Köln bemühen sie sich darum, Informationen zu erhalten,  wann unsere Gruppe von der ausgedehnten Pilgerreise heimkehren kann. Wir sind fast 50 Tage unterwegs. Es wird Zeit, heim zu kehren.

Mit dem Bus geht es heute entlang des Mittelmeeres nach Haifa. Bis Haifa kommen wir zügig voran. Dann geht es in Serpentinen hinauf auf den Berg Karmel. Im Pilgerhaus der Karmeliten beim Kloster Stella Maris beziehen wir unsere Unterkunft. Das Ankommen ist etwas chaotisch, aber sehr herzlich. Die Schwestern haben frisch gepressten Orangensaft für alle vorbereitet und so stehen wir zwischen den Koffern und genießen im Schatten von Pinienbäumen den frischen Saft.

Zum Kloster gehören nicht nur die prächtige Kirche über der Höhle des Elija, sondern auch ein großer Garten mit Kiefern und Kakteen sowie ein unglaublicher Ausblick über Haifa und das Mittelmeer. Unter uns liegen die Stadt, der Hafen und vor allem das hellblaue unendliche Meer. Es weht ein angenehmer Wind hier oben - anders als die schwüle Hitze in Jaffa. Mit unserem Gotteslob und der Heiligen Schrift versammeln wir uns im Garten, nachdem alle sich auf ihren Zimmern frisch gemacht haben.

Der gesamte Berg Karmel ist von zahlreichen Höhlen durchzogen, die nicht nur dem Propheten Elija Unterschlupf und Wohnung boten, sondern auch zahlreichen anderen Propheten.

Heute ist der 13. des Monats. Wir beten in jedem Monat an diesem Tag für unsere Schwestern und Brüder, die wegen ihres Glaubens verfolgt werden. Hier ist dafür der richtige Ort. Obadja, ein einfacher Gläubiger, der am Hof des Königs arbeitete, hatte den Mut, 100 Propheten auf dem Karmel zu verstecken und sie so vor dem Tod zu retten.(1 Könige 18).

Es ist aber auch ein Tag, für diejenigen zu beten, die in allen Zeiten glaubten und glauben, dass es ein Gottesdienst sei, denjenigen das Lebensrecht abzusprechen, die anders glauben. Auch der Prophet Elija hing diesem Irrglauben an, bevor Gott ihn bekehrte.

Elija kauert sich auf dem Berg nieder. Er ringt mit sich. Sein Diener hat eine Wolke gesehen - winzig. Drei Jahre lang hat es nicht geregnet: ein gnadenlos leerer Himmel. Unbarmherzig brannte und brennt die Sonne. Jetzt soll er einer Wolke vertrauen. Winzig klein steigt sie über der Ebene auf.

Was ist denn eine Wolke? Die Sonne wird sie auslöschen, noch ehe es Mittag ist. Es gibt nicht mehr - nur diese Wolke.

Mehr habe ich dem König nicht anzubieten: Eine Wolke. Das muss ihm und mir genügen. (1 Könige 18,41-46)

Wir singen miteinander im Gotteslob das Lied „Suchen und fragen“ (Nr. 457). Danach kommen wir ins Gespräch über die Zeichen der Hoffnung in unserem Leben. Elija hatte nur eine kleine Wolke. Darauf gründete er den Mut, das Ende der Dürre zu verkünden und sich dem König zu zeigen, obwohl dies sein Tod hätte bedeuten können.

Es mag nicht immer so dramatisch sein, aber oft nicht weniger mutig: Einem anderen zu glauben, dass er oder sie uns liebt und darauf einen Lebensentwurf zu bauen. Zu einer Schwangerschaft ja zu sagen und dadurch das Leben verändern zu lassen. Einem Kreuzzeichen aus Öl auf der Stirn zu vertrauen, dass es stärker ist als der Tod.

Wir hören einander zu, welcher Gegenstand oder welches Wort, für den ein oder anderen - in einer Situation, die schwer war - ein Zeichen der Hoffnung geworden ist.

Heute sind wir alle eingeladen, in besonderer Weise für die Schwestern und Brüder in der Verfolgung zu beten. Es wäre schön, wenn Sie in Ihrer Pilgergruppe ein Lied der Hoffnung miteinander singen würden. Und ich lade Sie ein, den anderen von Ihren Hoffnungszeichen zu erzählen oder sie zu zeigen.

Ich wünsche Ihnen einen gesegneten Pilgertag.

In diesem Sinne: L'Shana Haba'ah B'Yerushalayim (לשנה הבאה בירושלים)

Ihr Pfarrer Dr. Ronald Ashley Givens