Nomen est omen

Ansprache am 15.05.2021

Datum:
Sa. 15. Mai 2021
Von:
Stefanie Lamberth

Liebe Brüder und Schwestern!

Warum war es Jesus so wichtig, uns den Namen Gottes zu offenbaren? Was ist eigentlich ein Name? Und wozu brauchen wir einen Namen?

Das sind die Fragen, die mir spontan durch den Kopf gegangen sind, als ich das heutige Evangelium gelesen habe.

Ein Name ist eine „besondere Benennung eines einzelnen Wesens, durch die es von ähnlichen Wesen unterschieden wird“. So steht es zumindest auf wikipedia. Wir brauchen einen Namen, damit ich von anderen direkt angesprochen werden kann. Ansonsten würden sich alle umdrehen, wenn jemand „He, du da!“ ruft. Ein Name ist also ein Unterscheidungsmerkmal zu anderen Menschen.

Was bedeutet Ihnen Ihr Name?

Unseren Namen haben wir erhalten, als wir noch klein waren, bei der Taufe. Unsere Eltern haben sicher darauf geachtet, dass es ein schöner Name ist, dass er gut klingt und sich nicht zu altmodisch anhört. Meist erhält man auch mehrere Namen, die an eine heilige Person oder an einen besonderen Menschen erinnern.

Dass ein Name mehr sein kann als ein Zeichen zur Unterscheidung, das haben wir weithin vergessen. Das spielt bei uns heute kaum noch eine Rolle. Nur manchmal spüren wir, dass hinter einem Namen noch eine tiefere Bedeutung steckt. Spätestens bei der bevorstehenden Hochzeit merken wir, dass ein Name mehr ist als nur ein Zeichen zur Unterscheidung. Hier müssen sich zwei Menschen darauf einigen, welchen Namen sie fortan gemeinsam tragen. Da spüre ich, dass ein Name doch eine größere Bedeutung für mich hat. Den Namen zu wechseln, ist nicht so einfach. Der Name hat etwas mit meiner Identität zu tun. Er ist ein Stück von mir selbst.

Das war früher viel ausgeprägter. Zum Beispiel im alten Orient war der Name nie nur ein Merkmal zur Unterscheidung. Der Name war gleichbedeutend mit einem Programm. Wenn man jemand einen Namen gab, versuchte man damit, das ganze Wesen des anderen zu beschreiben.

In der Bibel erleben wir es häufig, dass nach einem bestimmten Ereignis die Menschen einen neuen Namen erhalten: Abram wird zu Abraham, Jakob zu Israel, Simon zu Petrus, Saulus zu Paulus. Der neue Name drückt viel besser aus, was dieser Mensch nun geworden ist. Mit dem Namen wird gezeigt, mit wem man es nun zu tun hat.

Deshalb ist es für das Volk Israel auch so wichtig, dass Gott einen Namen hat. Und wenn Gott seinem Volk seinen Namen offenbart, dann sagt er diesem Volk, mit wem sie es zu tun haben; wer dieser Gott für die Menschen ist. Gott sagt uns Menschen damit, wer er wirklich ist. Und er sagt uns auch, wer er für uns ist. Denn dieser Name, den er den Menschen offenbart, der ist sein Programm.

Gottes Name ist Jahwe. Und er selbst erklärt den Menschen, was das bedeutet. Die einfache Übersetzung kennen wir: „Ich bin, der ich bin!“ Allerdings erfasst dies nicht die volle Bedeutung. Es meint vielmehr so etwas wie: „Ich bin der, der für euch da ist, wann, wo und wie es auch sei!“.

Das ist Gottes Name, das ist sein Wesen. So ist er wirklich. Er ist der, der für uns da sein will, ganz egal, was auch geschieht. Gott ist für uns da. Gott sagt dem Menschen, dass er sich selbst definiert als Gott für die Welt und den Menschen.

Wenn Jesus am Ende seines Lebens in diesem Gebet, dass wir gerade im Evangelium gehört haben, davon spricht, dass er den Menschen Gottes Namen offenbart hat, dann muss ich genau um diese tiefere Bedeutung eines Namens wissen. Dann kann ich verstehen, was wirklich mit diesem Satz gemeint ist. Dieser Abschnitt aus dem Johannesevangelium meint nichts anderes, als dass Jesus genau deshalb Mensch geworden ist. Er ist Mensch geworden, um den Menschen Gottes Namen zu offenbaren. Um den Menschen zu sagen, mit wem sie es zu tun haben, wer dieser Gott für uns ist. Er ist Mensch geworden, um uns vor Augen zu führen, dass Gott tatsächlich Jahwe ist, ein gütiger menschenfreundlicher Gott, ein Gott, der seinen Sohn in die Welt gesandt hat, um uns klar zu machen, dass Gott keine Opfer verlangt, keine verängstigten Menschen will und Glaube an ihn nicht mit Trübsal blasen und Traurigkeit zu verwechseln ist.

Dies können wir auch daran sehen, welchen Namen Gott für seinen Sohn festgelegt hat. Gottes Sohn heißt schließlich nicht umsonst Jesus. Gott selbst ließ seiner Mutter mitteilen, dass sie ihm den Namen Jesus geben soll. Und Jesus bedeutet auf Deutsch nichts anderes als „Gott rettet!“. Gott ist unsere Rettung.

Dazu ist Jesus Mensch geworden, unter diesem Programm ist er angetreten: damit alle Menschen letztlich begreifen, dass dieser Gott einen Namen hat. Dass er Jahwe heißt und dass er Jahwe ist; ein Gott, der nicht Richter sein will, sondern Jahwe, unser Retter.

Der, der für uns da sein will, egal wann, egal wo und egal wie es auch sei.

Amen