Pilgerreise 2016: In Nazareth

Israel und Palästina

Datum:
Do. 20. Okt. 2016
Von:
Ronald Givens
Gut verstehen, kann ich die Frauen im großen Hof der Verkündigungsbasilika in Nazareth. Mit dem Handy stehen sie alle vor einem Bild der Muttergottes, um es zu fotografieren und so getrost nach Hause tragen zu können, wenn sie längst wieder in ihrem Alltag sind.
Maria hatte kein Handy um sich ein Bild vom Erzengel Gabriel zu machen. Um nachher Josef, der Familie, den Nachbarn zu sagen: schaut her, so sah der Engel aus, der mir gesagt hat, dass ich Gottes Sohn auf die Welt bringen soll. Ihr Wort muss genügen, um ihre Schwangerschaft zu erklären.
Wie gut hätte es ihr getan im Hof von Pontius Pilatus ein Bild hervorkramen zu können, damit sie ihr Herz, ihre Gedanken beruhigen kann, sich mitten im Irrsinn des Leidensweges vergewissern kann: Gott weiß um mich, weiss um mein Kind, ich habe eine feste Zusage durch einen Engel erhalten.
Aber nichts wird Maria in Händen halten, nachdem der Engel ihr Ja zu Gottes Plan vernommen hat. So wie jeder der glaubt, nichts in Händen hält, als eine mündliche Zusage: Gott weiß um Dich.
Später habe ich dann in Nazareth noch ein anderes Bild gesehen: hoch oben auf Augenhöhe zur Verkündigungsbasilika haben Schwestern eine kleine Kapelle auf ihre Dachterasse gebaut. An den Wänden Ikonen, die das Leben Jesu erzählen. Gleich neben dem Eingang sieht man auf einer Ikone Maria und Elisabeth. Beide umarmen sich, halten sich die Hände. Für Maria wird Elisabeth zum Segen, und umgekehrt, füllt auch Maria die leeren Hände von Elisabeth mit ihrem Glauben und mit ihrer Gottesbegegnung.
Es gibt Wegstrecken, Momente, da brach ich einen anderen Menschen, damit meine leeren Hände nicht ins Nichts greifen. Da brauch ich die Vergewisserung durch andere, die auch glauben. 
Paulus drückt das so aus: den Schatz unseres Glaubens tragen wir in einem zerbrechlichen Gefäß.
Gerade dann wenn das Gefäss Risse bekommen hat, wenn es uns leergelaufen ist, oder gar zerbrochen ist, dann ist es gut, nicht alleine zu glauben. Dann werden die anderen mir zum "Handy" indem sie mir zusichern: ich vertraue demselben Wort Gottes wie du.
 
Morgen kommt die Pilgergruppe in Tel Aviv an, um miteinander zu pilgern und sich dem Wort Gottes auszusetzen. Heute war es gut an dem Ort zu sein, wo das Wort im Herzen eines Menschen Widerhall gefunden hat und Fleisch geworden ist.