Sonntagsbegegnungen 4

Ohne Gegenleistung

Datum:
So. 25. Sep. 2022
Von:
Pfarrer Ronald Givens

In dieser Begegnung kann Jesus nichts mehr bieten. Es ist eine ganz und gar einseitige Begegnung. Jesus kann nicht nur nichts geben oder zurückgeben, im Gegenteil, in dieser Begegnung kann er womöglich auch noch nehmen, die Ehre, den Gottesdienst, im schlimmsten Fall: das Leben.

Josef von Arimathäa und Nikodemus haben gewusst, als sie am Karfreitag Jesus vom Kreuz abgenommen haben, dass man sie beobachtet hat. Die anderen Ratsherren und jüdischen Autoritäten werden sich einen Reim darauf gemacht haben, warum diese beiden Pilatus bitten Jesus vom Kreuz abnehmen zu dürfen. Durch die Berührung mit einem Toten waren sie erst einmal vom Gottesdienst ausgeschlossen, sie waren jetzt unrein.  Weil der Sabbath kurz nach der Grablegung Jesu anbrach, blieb ihnen auch keine zeit mehr sich in einer Mikwe wieder zu reinigen. Und was den Anhängern Jesu drohte, erfuhr schon bald Jakobus, als Herodes ihn hinrichten ließ. Josef und Nikodemus waren durch ihre Tat gefährdet, an Leib und Seele.

Jesus war gescheitert, als Verbrecher abgestempelt, von den Glaubensautoritäten als Scharlatan und Lügner bloßgestellt. Blutig zerschlagen, zu Tode gekreuzigt, leichenstarr konnte er diesen beiden Männern, Nikodemus und Josef von Arimathäa nichts mehr bieten, nichts mehr geben, nichts mehr danken, als sie die Begegnung mit ihm gesucht haben, um ihm vom Kreuz zu nehmen, in ein kostbares Leinentuch zu wickeln und in ihr eigenes Grab zu legen.

Wie groß muss die Menschlichkeit und die Nächstenliebe von diesen beiden frommen Juden gewesen sein, dass sie so selbstlos gehandelt haben! Eine Auferstehung gab es da noch nicht, noch kein Ostern, kein „happy end“. Wie tief haben die beiden verstanden was Jesus uns an Gutem und an Liebe zugetraut hat. Handeln und lieben und Gutes tun ohne dafür einen Lohn zu erwarten. Einfach gut sein, wie es der himmlische Vater ist, der seine Sonne aufgehen lässt über Ungerechten und Gerechten.

Eugen Eckert (GL 714)

Aus den Dörfern und aus Städten, von ganz nah und auch von

fern, mal gespannt, mal eher skeptisch, manche zögernd, viele

gern, folgten sie den Spuren Jesu, folgten sie dem, der sie rief,

und sie wurden selbst zu Boten, das der Ruf wie Feuer lief….

 

Und dort lernten sie zu teilen Brot und Wein und Geld und

Zeit; und dort lernten sie zu heilen Kranke, Wunden, Schmerz

und Leid; und dort lernten sie zu beten, dass dein Wille, Gott,

geschehe; und dort lernten sie zu leben, dass das Leben nicht

vergehe.

 

Es ist paradox. Die Begegnung von Nikodemus und Josef mit Jesus am Karfreitag zeigt, wie heilig wir sein können, wenn wir nach Jesu Willen handeln, ohne von Jesus etwas zu erwarten. Einfach nur, weil sein Menschsein so war, dass es nachahmenswert ist.

Johannes 19: 38 Danach bat Josef von Arimathäa, der ein Jünger Jesu war, doch heimlich, aus Furcht vor den Juden, den Pilatus, dass er den Leichnam Jesu abnehmen dürfe. Und Pilatus erlaubte es. Da kam er und nahm den Leichnam Jesu ab. 39 Es kam aber auch Nikodemus, der vormals in der Nacht zu Jesus gekommen war, und brachte Myrrhe gemischt mit Aloe, etwa hundert Pfund. 40 Da nahmen sie den Leichnam Jesu und banden ihn in Leinentücher mit Spezereien, wie die Juden zu begraben pflegen. 41 Es war aber an der Stätte, wo er gekreuzigt wurde, ein Garten und im Garten ein neues Grab, in das noch nie jemand gelegt worden war. 42 Dahin legten sie Jesus wegen des Rüsttags der Juden, weil das Grab nahe war.