Tafel Viernheim

Große Herausforderungen

Datum:
Fr. 27. März 2020
Von:
Herbert Kohl

Die Ausbreitung des Coronavirus und die Maßnahmen, die zur Eindämmung des Virus getroffen wurden, stellen die Weltgemeinschaft vor ungeahnte Herausforderungen. Auch die Tafeln trifft die Pandemie hart. Knapp die Hälfte der Tafeln haben ihre Ausgabe vorübergehend geschlossen; andere haben weiterhin geöffnet und leisten ihre Arbeit unter erschwerten Bedingungen.

Dazu gehört auch die Viernheimer Tafel. Die Einrichtung ist geöffnet, musste aber viele Umstellungen vornehmen. Im ersten Schritt wurde vielen Tafelmitarbeitern eine Auszeit verordnet, weil sie selbst zur Risikogruppe gehören. Dazu kommen viele Tafelkunden, die aus den gleichen Gründen nicht mehr zur Ausgabestelle am Vogelpark kommen können.

Das aktuelle Leitungsteam um Anne Zingl und Gemeindereferent Herbert Kohl hat im ersten Schritt die Form der Lebensmittelausgabe umgestellt, um den erhöhten Hygieneanforderungen gerecht zu werden. So findet die Ausgabe künftig unter freiem Himmel statt; die Kunden dürfen nicht mehr die Tafelräume betreten. An der Hausfront des Gebäudes befinden sich Markierungen auf dem Boden, die den Abstand von zwei Metern zwischen den Kunden regeln. An der Eingangstür zur Tafel steht Anne Zingl und stempelt in den Tafelausweis das aktuelle Datum. Sie spricht die Kunden auf ihre persönliche Situation an und berichtet: „Ich schaue mir die Kunden genau an. Viele kenne ich persönlich sehr gut, weil sie schon viele Jahre Kunde bei uns sind. Einer ganzen Anzahl von Kunden habe ich bei der letzten Ausgabe empfohlen, sich die Lebensmittel in den nächsten Wochen von uns bringen zu lassen. Es sind Kunden, die zum Teil hochbetagt sind oder mit chronischen Erkrankungen zu kämpfen haben. Viele wollen sich das aber nicht eingestehen. Ich nehme dann ihre Adresse auf und sehe an ihren strahlenden Gesichtern wie dankbar sie über die erfahrene Unterstützung sind.“

Die Kunden gehen dann einen Schritt weiter zur Ausgangstür der Tafel und nehmen einen vorgepackten Korb mit Lebensmitteln in Empfang. Helfer und Kunden wahren durch einen langen Tisch den nötigen Abstand voneinander. Obenauf steht ein Körbchen mit Brot und Brötchen, aus dem der Kunde auswählen darf, was er braucht. Einzelpersonen wählen ganz selbstverständlich weniger aus als Familien mit vielen Kindern. Danach nimmt der Kunde seinen Korb und trägt ihn zu einem der vorbereiteten Tische. Ein Kunde pro Tisch, damit auch hier der nötige Abstand gewährleistet ist. Der Kunde räumt den Korb in seine mitgebrachten Taschen, klappt die Kiste zusammen und legt sie in den bereitgestellten Rollcontainer. Die Kunden sind zutiefst dankbar und glücklich, dass die Tafel Viernheim noch geöffnet hat und sie genügend Lebensmittel bekommen.

Entgegen dem Bundestrend bekommt die Viernheimer Tafel im Moment deutlich mehr Waren als üblich. Das stellt die Einrichtung natürlich vor eine große Herausforderung. Glücklicherweise haben sich die Jugendgruppen der Katholischen Kirche in Viernheim, unter Federführung der KjG St. Michael, bereits organisiert, um Hauslieferungen durchzuführen und Menschen in der Coronakrise zu unterstützen. Weit über 50 Jugendliche haben ihre Bereitschaft erklärt mitzuhelfen und sind mit großem Eifer dabei die Tafel zu unterstützen. Die Viernheimer Tafel arbeitet mittlerweile im Schichtbetrieb, immer zwei erfahrene Tafelhelfer*innen und zwei Jugendliche. Auch bei der Durchsicht von Obst und Gemüse müssen immer die Abstandsregeln eingehalten werden. Im bisherigen Ausgaberaum gibt es dann ein weiteres Team von vier Helfern, die Körbe packen mit den vorhandenen Lebensmitteln.

In den letzten Jahren hatten wir 14 Hauslieferungen, die ein Tafelteam, parallel zur Ausgabe am Vogelpark, zu gehbehinderten und kranken Tafelkunden gebracht hat. Am letzten Dienstag waren es schon über 40 Hauslieferungen und am heutigen Freitag stehen bereits über 100 Hauslieferungen an.

 

Spendenkonto bei der Sparkasse Starkenburg
Katholisches Sozialzentrum Viernheim
IBAN: DE68 5095 1469 0013 3892 13

Mit großer Übersicht plant die Pfarrleitung der KjG St. Michael die Einsätze der jugendlichen Helfer. Sie teilen Teams ein, planen die Routen, um die Fahrzeiten zu optimieren und sorgen für Nachschub an Helfern für alle möglichen Hilfen, die gebraucht werden. „Wer kann morgen zusätzlich noch Obst und Gemüse sortieren? Wer fährt mit zum Edeka-Zentrallager in Heddesheim, um Kühlwaren abzuholen?“ Auf Zuruf finden sich immer spontan jugendliche Helfer, die sofort bereit sind einzuspringen.

Die Hilfe der Jugendgruppen erstreckt sich auch auf die Kooperation mit der Stadt Viernheim und ihrer Aktion „Viernheim hilft“.  Plötzlich ploppt auf der digitalen Plattform der Jugendlichen die Meldung auf: „Eine Viernheimer Bürgerin braucht ein Medikament aus einer Mannheimer Arztpraxis. Achtung: Die hat nur bis 12 Uhr offen.“ „Kein Problem, ich übernehme das“ antwortet Moritz keine 30 Sekunden später. „Ich bin schon unterwegs“.  

Im Moment erleben wir wie segensreich die Arbeit der Tafel Viernheim ist. Über 200 Familien werden aktuell mit Lebensmitteln versorgt, Tendenz steigend. Ohne die vielen ehrenamtlichen Helfer könnte das nicht bewältigt werden und insbesondere ohne die Hilfe der Jugend müsste die Viernheimer Tafel schließen, wie viele andere Tafeln auch.

Hinter allem steckt allerdings auch ein großer Aufwand an Verwaltung und Organisation, die auf den ersten Blick nicht zu sehen ist: Hygieneschulungen für Mitarbeiter müssen ebenso bezahlt werden wie Gesundheitszeugnisse. Die Tafelautos müssen finanziert werden. Heizung, Strom und Wasser bezahlen sich nicht von alleine und auch die Rechnung für die Dachreparatur war ein großer Brocken.  Daher möchten wir herzlich um Spenden für das Katholische Sozialzentrum bitten, damit wir auch in Zukunft noch Hilfe leisten können - für all die Menschen, die in Not sind.

Auch wenn es nicht gerade ermutigend ist: Die Tafel und das ganze Sozialzentrum werden, in der nächsten Zeit eher mehr als weniger benötigt. Gemeinsam mit dem Pastoralteam und unseren Räten danke ich allen ehrenamtlichen Helferinnen und Helfern für ihren großherzigen Dienst an den Menschen, den sie Woche für Woche im Sozialzentrum und besonders in der aktuellen Situation in der Tafel leisten. Gut, dass wir das Katholische Sozialzentrum in Viernheim haben. Gott sei Dank.