Virnheim

Datum:
Fr. 11. Jan. 2019
Von:
Ronald Givens
kostbare Fracht

Behutsam dreht einer der Restauratoren den Holzschrein um, in den später die Figur von Johannes dem Täufer gestellt werden soll. Auf der Holzwand ist ein Adress-Aufkleber angebracht. In alter deutscher Schrift ist die kostbare Fracht an „Virnheim“ für Pfarrer Molitor adressiert.

Um die vor gut 120 Jahren erbaute Apostelkirche mit Altären bestücken zu können, hat sich für Pfarrer Molitor eine für Viernheim glückliche Situation ergeben: Durch ein Inserat in einer theologischen Zeitschrift wurde er darauf aufmerksam, dass eine Muttergottes-Figur aus dem 15. Jahrhundert zum Verkauf angeboten wurde. Die stehende Muttergottes mit Kind war in der Kirche zu Hüll, in der Nähe von Nürnberg, Ziel einer Wallfahrt, die bis ins 19. Jahrhundert aufrecht erhalten blieb, obgleich die Kirche nach der Reformation protestantisch wurde. Zu der Zeit, als die Apostelkirche erbaut wurde, sollte die Muttergottes verkauft werden und in Hüll ein Altar nach reformatorischen Vorstellungen errichtet werden. Pfarrer Molitor gelang es den Marienaltar zu erwerben. So kam auch die Muttergottes, hierher nach Viernheim. Ihr stellte Molitor die beiden Johannes Figuren zur Seite. Den Evangelisten und den Täufer.

Damit es ein Altar werden konnte, brauchte es noch ein Gehäuse und einen Aufbau. Den hat Pfarrer Molitor bei einem Kunstschreiner in Auftrag gegeben, der sein Werk, mit dem Frachtaufkleber versehen, nach „Virnheim“ gesandt hat.

Während ihr Gehäuse gereinigt und ausgebessert wird, warten die beiden Heiligen, die denselben Namen tragen, an eine Säule gelehnt, dass sie wieder ihren Platz einnehmen können. Der Restaurator schaut ihnen tief in die Augen und in ihr Gesicht, bevor er behutsam mit dem Pinsel Staub und Ruß entfernt.

Wenn am 20. Januar Bischof Kohlgraf den neuen Altar in der Apostelkirche einweiht, dann wird er auch vor dem Altargehäuse stehen, das einst nach „Virnheim“ gesandt wurde. Heute nun Viernheim. Der Frachtaufkleber wird wieder verdeckt sein, aber die die Schauseite strahlt dann so wie damals, als Pfarrer Molitor den Seitenaltar in Empfang genommen hat.

Herzliche Einladung zur Altarweihe am 20. Januar um 10.15 Uhr in der Apostelkirche.