Walldürn Wallfahrt

Wir sind gekommen, um IHN anzubeten

Datum:
Mo. 27. Juni 2022
Von:
Herbert Kohl

Zwei Jahre war es nicht möglich, zusammen als Wallfahrer nach Walldürn unterwegs zu sein. In dieser Zeit ist sehr viel passiert, was unser Leben stark beeinträchtigt hat. Corona und ihre Folgen, der Angriffs-Krieg auf die Ukraine, all das war in der der Vergangenheit, die für uns in vielerlei Hinsicht so sicher schien, nicht denkbar .

Auch in unserer Kirche ist in dieser Zeit vieles ans Licht gekommen, was alles andere als schön ist. Die Vertuschung und Verleugnung von Mißbrauchsfällen, für die, die Verantwortung tragen, sich weigern, auch Verantwortung zu übernehmen, machen uns alle wütend und lassen uns verzweifelnd zurück. Die Folge davon ist, dass viele sich kopfschüttelnd abwenden und der Kirche den Rücken zudrehen.

Und dennoch - heute morgen machen wir uns wieder gemeinsam auf den Weg nach Walldürn. Dies tun wir verändert, wir sind nicht mehr die Selben, die im Jahr 2019 die viertägige Wallfahrt beendet haben. Auch bei uns ist ein großer Umbruch zu spüren. Wir haben uns halbiert. Aus verschiedenen Gründen. Und doch - oder gerade erst recht sind wir gekommen, um IHN anzubeten.

Das diesjährige Leitwort der Walldürner Wallfahrt ist von der Leitung ganz bewußt gewählt worden. Es steht im Kontext der Weihnachtsgeschichte, die wir alle schon oft gehört haben. Es ist mit der Hoffnung für alle Wallfahrer verbunden, dass Menschen, die sich wieder in Gemeinschaft zusammen auf den Weg machen, erfahren können, was die Sterndeuter damals sich auf ihrem Weg erhofft hatten und schließlich auch gefunden haben.

„Wir sind gekommen, um IHN anzubeten“

Vielleicht hatten die Sterndeuter ja ähnliche Beweggründe, wie wir heute morgen, uns auf den Weg zumachen. Wenn auch nur zwei Tage:

-Menschen schließen sich zusammen mit dem gleichen Ziel, welches sie noch nicht kennen.

-Keiner geht allein, jeder hat die gleiche Vision

-ganz bewußt machen sie sich auf den Weg, weil sie sich sicher sind, am Ziel ihres Weges eine außergewöhnliche Erfahrung zu machen, dafür ist ihnen kein Weg zu weit und keine Entbehrung zu groß

-Sie hoffen, dass an ihrem Ziel eine Gotteserfahrung auf sie wartet , die ihr Leben verändern wird

-Keiner von ihnen weiß, was ihn auf diesem Weg erwarten wird, folgend und vertrauend einem Stern

-Jeder und jede ist auf dem Weg mit der ureigenen Lebensgeschichte und seinem Lebensrucksack, gefüllt mit eigenen Erfahrungen und Geschichten

-was sie verbindet ist wohl die gleiche Sehnsucht nach Sinn, nach Leben und nach Gott

-dies tun sie in Demut mit Freude und mit Hingabe

-diese Begegnung ist für sie in selbstverständlicher Form Anbetung und zugleich in Beziehung gehen mit Gott

-Sie wissen, was sie antreffen werden, ist so kostbar, das es ihr Leben verändern wird

Auch wir machen uns heute morgen nicht alleine auf den Weg, wir tun das wieder gemeinsam und sind dankbar dafür. Auch wenn es in diesem Jahr nur zwei Tage sind, wollen wir diese im Gebet und im achtsamen Umgang miteinander tun. Ich wünsche uns allen, dass wir IHM wieder neu begegnen können, offen sind für unsere Wegerfahrungen und erleben dürfen, was uns im Austausch mit Gott und den Menschen gut tut.

Wir sind gekommen, um IHN anzubeten. Herr unser Gott

Wie den Sterndeutern, die dich gesucht haben, ergeht es uns auch. Wir wissen, wir müssen unseren ureigenen Weg gehen. Unser Weg führt manchmal gerade aus in der Ebene, machmal gibt es Steigungen und Hindernisse und oft müssen Wir wieder umkehren. Lass uns nicht alleine gehen, sei bei uns mit deiner Liebe und deinem Heiligen Geist. Lass uns den Faden zu dir nicht trennen, damit die Verbindung nicht abreißt, Lass uns am Ende unserer Wege dich finden und dich anbeten. Amen

 

Lotte Gutperle-Minich

Text zur Hinführung zur Walldürn-Wallfahrt 2022

Zu Fuß und mit dem Rad

12 Apostel haben sich auf den Weg gemacht, um dem Frieden nachzuspüren. Inspiriert von den Seligpreisungen wurde an den einzelnen Stationen um den Frieden in der Welt gebetet.

Aufbruch am frühen Morgen

Jeden Tag neu sind wir entsetzt, wenn wir Nachrichten schauen und Bilder des feigen Angriffskrieges Putins gegen die Ukraine verfolgen. Die Menschen leiden fürchterlich unter den Bombenangriffen und dem Hunger. Das Leid und der Schmerz wächst ins unermessliche. Menschen sterben und werden heimatlos. Es macht uns fassungslos. Es macht uns traurig. Es macht uns wütend. Deshalb wollen wir das Thema Frieden heute in den Mittelpunkt unserer Radwallfahrt stellen und um Frieden beten. Jeder bekommt eine kleine Friedenstaube.  An den üblichen Stationen stelle ich jeweils einen Vers aus den Seligpreisungen der Bibel vor. Es ist eine Vision, die Jesus uns mitgibt für unser Zusammenleben auf dieser Erde. Gerade im Kontext des Ukrainekrieges wird die Spannung dieser Vision von einer friedlichen Welt sehr deutlich. Trotzdem wollen wir uns dieser Herausforderung stellen.  Der erste Vers heißt:

Selig, die arm sind vor Gott; / denn ihnen gehört das Himmelreich.

Diese Worte müssen den Menschen in der Ukraine wie Hohn in den Ohren klingen. Die meisten von ihnen müssen fliehen mit wenigen Habseligkeiten in einer Tasche. Sie sind nicht glücklich. Sie sind zutiefst unglücklich.

Und doch: Wenn Sie zu uns kommen, erleben sie das Menschen bereit sind zu teilen. Das sie freundlich aufgenommen werden. Das ihnen geholfen wird.

Darum lohnt es sich zu beten. Auf das wir uns verändern und zu Menschen werden die Geflüchtete mit offenem Herzen aufnehmen und ihnen gerne helfen. Gebete um Frieden sind nicht umsonst.

Gebete halten die Möglichkeit einer anderen Welt offen. Die Vision einer friedlichen Welt ist wichtig, denn sie ist unser Antrieb für jegliche Veränderungen. Daran glauben wir und darauf vertrauen wir. So wollen wir beten:

Gütiger Gott, wir sehnen uns danach, miteinander in Frieden zu leben. Wenn Egoismus und Ungerechtigkeit überhandnehmen, wenn Gewalt zwischen Menschen ausbricht, wenn Versöhnung nicht möglich erscheint, bist du es, der uns Hoffnung auf Frieden schenkt.


Guter Gott, du begleitest uns heute auf unserem Weg nach Walldürn. Schenke uns heute schöne Stunden und gute Gespräche. Wir sind dem Vertrauen auf der Spur. Nicht nur auf dem Rad, sondern auch in unserem Leben. Du hast uns zugesagt: Fürchte dich nicht, denn ich bin mit dir; Hab keine Angst, denn ich bin dein Gott. Lass uns Vertrauen finden zu uns selbst.  Darum bitten wir dich heute und alle Tage unseres Lebens bis in Ewigkeit. Amen.

Segen                           

Brich auf!

Du bist für den Weg geboren.

Brich auf!

Du hast ein Treffen einzuhalten.

Wo? Mit wem?

Vielleicht mit dir selbst.

Brich auf!

Du wurdest für den Weg geboren.

Den Pilgerweg.

Jemand ist unterwegs dich zu treffen.

Sucht Dich.

Geh!

Gott ist schon mit Dir unterwegs.

 

So bitten wir dich Gott, segne diese Anhänger. Sie sollen uns immer daran erinnern das wir uns für den Frieden in dieser Welt einsetzen.

Ich lade euch ein, eine Friedenstaube mitzunehmen auf unsere Fahrt nach Walldürn und auf der ersten Etappe besonders an die Menschen zu denken, die mit Nichts zu uns nach Viernheim gekommen sind.

 

Segne auch diese Aufkleber der Schutzpatronin der Rennradfahrer, Madonna del Ghisallo, damit sie uns Schutz und Segen gewähre. Weihwasser: Im Namen des Vaters…..

1. Station Olfen

Selig die Trauernden; / denn sie werden getröstet werden.

Den Ehemann, die alten Eltern zurücklassen und alleine unterwegs in ein fremdes Land. Trauer um gefallene Familienangehörige. Der ganze Schrecken des Krieges trifft das ukrainische Volk mit voller Wucht. Wieso sollten sie glücklich sein?

Und doch: Geflüchtete erleben durch uns Trost und Zuversicht. Sie spüren, dass da jemand ist der ihnen zuhört, der ihnen ihr Herz öffnet. Die Trauer wird geteilt und gemeinsam getragen.

 

Selig die Sanftmütigen; / denn sie werden das Land erben.

Das ist leider gerade nicht drin. Sanftmut gewinnt keinen Krieg. Wer nicht kämpft wird sein Land verlieren und noch mehr: Seine Freiheit.

Und doch: Wie soll ein Herz jemals wieder Versöhnung und Frieden finden? Wie soll wieder Frieden in einem Land einkehren wenn der Krieg so tiefe Wunden geschlagen hat und noch schlägt. Irgendwann kommt der Zeitpunkt über Versöhnung zu reden. Ohne Versöhnung ist kein Friede möglich.

Lasst uns beten

Manchmal vergessen wir das alle Menschen Schwestern und Brüder sind, weil wir unterschiedliche Sprachen sprechen, aus verschiedenen Religionen oder Kulturen stammen. Lass uns nie vergessen,  dass du uns die Schöpfung als gemeinsame Heimat anvertraut hast, das du es bist, der uns Hoffnung auf Frieden schenkt.

Amen.

Auf dem Weg zur nächsten Station wollen wir besonders an die Menschen denken, deren Herz voller Trauer weil Angehörige im Krieg gestorben sind oder verletzt wurden.

Kapelle am Amorsbrunnen

Traditionell treffen wir um 11.00 Uhr die Fußwallfahrer an der Kapelle am Amorsbrunnen. Es gab ein großes Hallo als wir auf die Minute genau an der Kapelle eintrafen. Der Weg durch das Ohrenbachtal war landschaftlich wunderschön, hat sich aber ein wenig in die Länge gezogen.

Wir waren dankbar für den gemeinsamen Impuls von Pfarrer Johannes Schmitt-Helfferich, der sich für uns ebenfalls die Seligpreisungen ausgesucht hatte.

Station Amorsbach

Selig, die hungern und dürsten nach der Gerechtigkeit; / denn sie werden gesättigt werden.

Gerechtigkeit. Das brauchen die Menschen in der Ukraine. Dafür kämpfen sie. Denn der brutale Überall auf ihr friedliches Land ist eine himmelschreiende Ungerechtigkeit. Gleich nach der Wahrheit ist die Gerechtigkeit das zweite Opfer in jedem Krieg. Und doch. Ich glaube fest an eine ausgleichende Gerechtigkeit. Sie liegt bei Gott. Er wird für einen gerechten Ausgleich sorgen, auch wenn es für viele erst im Jenseits geschieht.

 

Selig die Barmherzigen; / denn sie werden Erbarmen finden. 

Bomben kennen keine Barmherzigkeit und auch nicht die, die sie in feindlicher Absicht abfeuern. Sie treffen gleichermaßen und unbarmherzig, Krankenhäuser, Schulen und Wohnhäuser. Barmherzigkeit kennt der Krieg nicht. Die Wut und der Hass werden nur immer noch größer.

Und doch: Es ist Barmherzigkeit den Ukrainern Waffen zu geben für ihre Verteidigung. Es ist barmherzig die Grenzen für Flüchtlinge zu öffnen. Es ist barmherzig unsere Wohnungen und Häuser zu öffnen. Es ist barmherzig unsere Herzen zu öffnen für Hilfe.

Lasst uns beten:

Wenn Menschen gegen Menschen ausgespielt werden, wenn Macht ausgenutzt wird, um andere auszubeuten, wenn Tatsachen verdreht werden, um andere zu täuschen, bist du es, der uns Hoffnung auf Frieden schenkt. Lehre uns, gerecht und fürsorglich miteinander umzugehen und der Korruption zu widerstehen. Schenke uns mutige Frauen und Männer, die die Wunden heilen, die Hass und Gewalt an Leib und Seele hinterlassen.

Auf dem Weg nach Amorbach wollen wir besonders an die Menschen denken, die sich nach Gerechtigkeit sehnen.

Ankunft in Walldürn

Nach den letzten 20 Kilometern von Amorbach über Schneeberg bis nach Walldürn versammelten wir uns mit unseren Rädern am Außenaltar für die Abschlussandacht. Nach dem Segen durfte das traditionelle "Großer Gott wir loben dich" nicht fehlen. Nach dem Besuch der Wallfahrtsbasilika und einer letzten Station an der Eisdiele traten wir den Rückweg an über Buchen, Mudau, Eberbach und Heidelberg. Erschöpft, aber geisterfüllt haben wir die Radwallfahrt bei einem alkoholfreien Weizenbier Revue passieren lassen. Wir freuen uns schon auf die nächste Radwallfahrt 2023.