Zumutung

Predigt 3 Sonntag Im Jahreskreis

Datum:
So. 24. Jan. 2021
Von:
Pfarrer Ronald Givens

Als Jesus am See von Galiläa entlangging, sah er Simon und Andreas, den Bruder des Simon, die auf dem See ihre Netze auswarfen; sie waren nämlich Fischer.

17 Da sagte er zu ihnen: Kommt her, mir nach! Ich werde euch zu Menschenfischern machen.

18 Und sogleich ließen sie ihre Netze liegen und folgten ihm nach.

19 Als er ein Stück weiterging, sah er Jakobus, den Sohn des Zebedäus, und seinen Bruder Johannes; sie waren im Boot und richteten ihre Netze her.

20 Sogleich rief er sie und sie ließen ihren Vater Zebedäus mit seinen Tagelöhnern im Boot zurück und folgten Jesus nach.

 

Liebe Schwestern und Brüder,

Am Donnerstag, nach dem Abendgottesdienst, sagte ein Mann zu mir: „Ich bin jetzt Lehrer“. Er sagte es mit einem lachenden und einem weinenden Auge. „Es ist unglaublich herausfordernd“. Er und seine Frau haben zwei Söhne. Eigentlich wären ihre beiden Jungs in der Schule. Er und seine Frau wären in ihrem jeweiligen Betrieb, wo beide viel Verantwortung tragen. Jetzt aber sind sie zusätzlich noch Lehrer, für ihre beiden Jungs. Die Kanzlerin hat es eine Zumutung genannt.

Markus fasst in seinem Evangelium die Berufung der beiden Söhne des Zebedäus sehr knapp zusammen: Im Boot des Vaters. Beschäftigt mit demselben Handwerk wie der Vater, stehen sie auf, lassen den Vater, das Boot und die Tagelöhner zurück. Die Tagelöhner werden den Kopf geschüttelt haben. Sie die jeden Tag nicht wissen, ob jemand sie anheuert, ob sie an diesem Tag genug Lohn für das tägliche Brot verdienen werden, sehen wie die Jakobus und Johannes aufstehen, weggehen, den Vater, den Familienbetrieb loslassen und Wanderprediger werden. Die Zahl derer die Angst um ihre Arbeit, um ihren Lohn in dieser Pandemie haben, wird immer größer. Die Sorge um das Einkommen wird für immer mehr Menschen zur Zumutung.

So knapp wie es Markus schildert, wird es nicht gewesen sein. Es wird Abende gegeben haben, da werden Johannes und Jakobus erzählt haben. Von dem neuen Rabbi, der nach Kafarnaum gekommen ist. Sie werden ihren Eltern geschildert haben, was sie beobachtet und gesehen haben, was die Freunde Andreas und Petrus, was Maria von Magdala über dieses Jesus berichten. Und während sie erzählt haben, vielleicht geschwärmt haben, ausgemalt haben, werden die beiden Söhne des Zebedäus ihren Vater und ihre Mutter beobachtet haben. Wie regieren die zwei? So wie sie von klein auf ihre Eltern beobachtet haben. Kinder und Jugendliche lassen sich weniger beeindrucken von Worten, sie beobachten. Sie nehmen Haltungen war, sie ahmen nach oder lehnen sich auf.

Natürlich weiß ich es nicht, aber ich denke, Zebedäus hat seine beiden Kinder stark gemacht. Nicht nur stark um ein Netz voller Fische einzuholen, sondern auch stark um etwas Neues zu wagen. Vielleicht muss man das als Fischer sein. Auf dem See gibt es keine  ausgetrampelten Pfade. Fischer müssen ihren Weg durch Wellen, bei Sturm und Wind genauso sicher finden wie bei Sonne oder Nacht. Zebedäus ist lange den beiden vorausgegangen als Vater, als Fischer, als einer der Verantwortung trägt für die Tagelöhner, aber er steht nicht im Weg, er versperrt die Sicht nicht auf andere Wege, Möglichkeiten, Horizonte. Zebedäus ist für seine Söhne eine Zumutung. Seine Haltung fördert zum Mut. Zu-mutung.

Drei Jahre lang werden die Söhne des Zebedäus, werden die anderen Frauen und Männer die Jesus gerufen hat, wieder beobachten. Sie reihen sich nun hinter Jesus ein, um zu lernen, zu sehen, zu hören wie er an Gott glaubt, wie er betet, mit wem er isst und feiert. Wem er sich widersetzt und widerspricht. Sie werden ihn beobachten über was er weint, auf wen er sich freut, mit wem er teilt. Wie er mit Leid und Ungerechtigkeit umgeht, auch mit Angst und mit dem Sterben. Nach diesen drei Jahren, an Himmelfahrt kann Jesus wie Zebedäus zur Seite treten. Er weiß, dass er die, denen er mit seinem Leben Lehrer war, stark gemacht hat, sie werden Wege finden bis zu den Enden der Erde. Jesus war für sie eine Zumutung, seine Schule hat ihnen Mut gemacht. Zu-mutung.

Gerade in dieser Pandemie, in dieser Zeit, in der es keine ausgetrampelten und sicheren Weg gibt, braucht es Menschen, die den Mut haben eine Haltung einzunehmen, die andere ermutig und stärkt. Es braucht Menschen, die mit ihrem Glauben, mit ihren Werten, mit ihrer Hoffnung andere ermutigen. Auch dann wenn sie als Mutter oder Vater verzweifelt über dem Lernstoff ihrer Kinder sitzen. Gerade dann braucht es eine Haltung die voller Zuversicht ist. Unter den Alten, unter den Schülern, unter den Eltern, unter den Politikern, unter denen, der Geschäft oder Restaurant geschlossen ist, und und und braucht es Menschen, die eine Haltung vorleben, die anderen die Angst nimmt, die anderen Hoffnung schenkt. Es braucht die, die sagen: ich kenne den Weg nicht, aber ich wage ihn, ich bin bereit zu lernen und zu gehen. Ich fürchte mich vor dem Neuen und Unbekannten nicht. Ich habe in mir einen Glauben und eine Stärke, die will ich jetzt leben. Ich trage in mir eine Zu-mutung, ich helfe zum Mut.

Ganz am Ende unseres Lebensweges, wenn wir hoffentlich andere ermutig haben, gestärkt haben, am Ende unseres Lebens wird Jesus dastehen und sagen: den Weg durch den Tod kenne ich, reihe dich beruhigt hinter mir ein. Wer in seinem Leben andere stark gemacht hat, auch im Dunkeln, im Unbekannten nicht zu verzagen, der wird von dieser Haltung Jesu überzeugt sein und mit ihm diesen letzten Weg gehen. Die ausgestreckte Hand Jesu als Zu-mutung zum Leben. Amen.