Fastnachtspredigt 2012:zu: 2 Kor 1, 18-22 und Mk 2, 1-12

Pfarrer Tobias Schäfer, zu dieser Zeit Pfarrer in Ingelheim

Karneval Rede (c) pixabay.com
Karneval Rede
Datum:
Mi. 15. Feb. 2012
Ein Christ, der Freude ausstrahlt, ist, auch wenn’s etwas komisch jetzt klingt: wie das Loch im Dach, durch das ein Zugang zu Jesus gelingt.

Am Fastnachtssonntag, wie soll's anders sein,
gibt's meine Predigt wie immer im Reim.
Keine Frage, das erwarten die Leut,
auch wenn's mich als Pfarrer längst wieder reut,
dass seinerzeit ich närrischer Knabe
diesen Brauch begonnen habe.
Denn mittlerweile sage die Leut' und grinsen noch froh:
Herr Pfarrer, des muss so sein, des war schon immer so!
Es soll sogar, is des denn zu fasse,
Leute geben, die sich nur an Fastnacht hier sehe lasse,
und des auch nur, weil der Pfarrer, dieser Dolle
heut Kniddelvers' aufsagt; und des freut die wie Bolle.
Wie dem auch sei: ich freu mich über jeden, der heute gekomme:
Über die bunten Narren genauso wie über die Fromme.
Ich wünsch mir nur eines, und des wär' mir wichtig dabei:
Dass ihr spürt: meine Predigt ist nicht einfach Jux und Dollerei,
keine Büttenrede mit dreimal Helau und Tusch, dass ihr's nur wisst
- schon allein deshalb, weil ein Tusch mit Orgel sehr gewöhnungsbedürftig ist -
Ich will euch von Jesus erzählen und vom Reich Gottes, das wächst und keimt,
eine richtig wichtige Botschaft, nur dass sie sich heut hinten rum reimt.
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Jetzt könnt ihr verstehen, warum ich seit Wochen und Tage,
schon Bauchweh hab und mich rumquäl' mit der bangen Frage:
Wo kriege ich bloß bitte sehr,
eine gehaltvolle, fromme, und doch spritzige Predigt her,
die das Evangelium deutet, so wie sich's gehört,
und die dabei dann noch, was die Sache unendlich erschwert,
damit das Ganze an Fastnacht den Laden in Schwung richtig bringt,
am Ende in geschliffenen Reimen erklingt.
So hab ich mir also das heutige Evangelium betrachtet,
und hab dabei vor allem darauf geachtet,
ob sich nicht von hier her, des wär' doch gelacht,
eine elegante Brücke schlagen lässt zu uns heut und zur Fassenacht.
Doch was soll ich euch sage, so sehr ich auch leide,
auf ganzer Linie: Fehlanzeige!
Nur eins fällt mir ein, wenn ich höre, wie damals die Leut,
zu Jesus geströmt sind in Scharen, ganz anders wie heut.
Zu dem Haus, in dem Jesus war, kamen die Menschen von überall her;
da war ein Riesengedränge, kein Durchkommen mehr.
Da werd ich richtig neidisch, wenn ich im Hause Gottes heut manchmal stehe
Und von hier vorn aus in lauter leere Bänke nur sehe.
Obwohl, wenn ich ehrlich bin, unterm Strich und alles zusammen genommen
Bin ich dankbar, wie viele in Ingelheim immer noch regelmäßig zur Kirche hin kommen.
Nur dass wie im Evangelium die Leut' bis auf die Gass draus noch stehen,
hab ich ehrlich gesagt in unserer Kirch noch niemals gesehen.
Und das ist der Knackpunkt. Da drauf kommt es an:
Wie komm ich als Pfarrer an die Leute heut ran?
Damals wie heut lautet die Frage: Wie kann es gelingen,
die Menschen mit Jesus in Berührung zu bringen?
Denn darum geht es, das ist unsere Aufgabe als Christen vor allen Dingen:
Menschen mit Jesus in Berührung zu bringen.
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Denn so wie im Evangelium, so ist es auch heute:
Die Berührung mit Jesus heilt, richtet auf, befreit zum Leben, zur Freude.
Von daher können uns die vier Männer im Evangelium von eben,
die den Gelähmten zu Jesus hin tragen, ein gutes Beispiel geben.
Was mich an diesen Männern so fasziniert, schreibt's euch hinter die Ohrn:
Die werfen so schnell nicht die Flinte ins Korn.
Die sagen nicht: Tut uns leid! Der Weg ist versperrt, Pech gehabt!
Die haben sich vielmehr den Gelähmten einfach geschnappt,
und haben einen anderen Weg zu Jesus gefunden ganz schnell,
wenn auch zweifellos ein bisschen unkonventionell,
indem sie den anderen buchstäblich aufs Dach sind gestiegen,
um mit brachialer Gewalt, unter Brechen und Biegen,
das Dach abzudecken, da wo Jesus grad stand,
um dann mit vereinten Kräften, mit starker Hand,
den Gelähmten Jesus direkt vor die Füße zu legen
damit der ihn berühren konnte und aufrichten zum Leben.
So wie diese vier Männer müsste Kirche auch heute an die Sache ran gehen
kreativ, zupackend, mit neuen, unkonventionellen Ideen,
um die Menschen mit Jesus in Berührung zu bringen.
Nur so kann missionarische Gemeinde wirklich gelingen.
Woran liegt es wohl, frag ich mich manchmal betroffen,
dass uns das nicht gelingt, so richtig fröhlich und offen
die Botschaft von Gottes Liebe den Menschen heute rüber zu bringen;
warum nur will uns das scheinbar nicht recht gelingen?
„Die Kirch müsst sich halt ändern!" sagen die Leute dann mir.
Ihr habt recht, sag ich dann. Die Kirch müsst sich ändern! Doch die Kirch: Das seid ihr!
Statt zu jammern und über Memoranden, Zölibat und Strukturen zu diskutieren
Müssten wir allesamt: Papst, Bischöfe, Pfarrer und Gläubige endlich kapieren,
worauf es wirklich ankommt, nämlich mit Überzeugung unseren Glauben zu leben
und von unserer Freude an Gott mit Leidenschaft Zeugnis zu geben.
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Einfach mit Begeisterung zu unserem Glauben auch stehen,
das wär' ein Zeichen, das würden die Menschen verstehen,
Anderen von Gott erzählen, von der Kraft die er schenkt,
von seiner Liebe, und wie er unser Leben begleitet und lenkt.
Wenn ich im Fernsehen versehentlich in so manche Talkshow gerate,
denk ich: Was ist das nur für eine verkehrte Welt? Könnt ihr mir des verrate?
Da werden ohne rot zu werden freimütig die intimsten Details preis gegeben,
wer es mit wem wie oft und in welchen Stellungen tut,
als wär's das Selbstverständlichste eben.
Aber sobald es um Gott und den Glauben geht, denkt scheinbar gleich jedermann:
Ach Gott, wie peinlich, das geht doch wirklich niemand was an!
Hier wünsche ich mir, das täte uns gut,
Begeisterung am Glauben und eine gute Portion echten Mut,
um den Menschen von Gott zu erzählen, darauf kommt es an,
wie Jesus uns aufrichtet, so wie im Evangelium den gelähmten Mann.
Die Predigt zusammengefasst in einem Satz:
Schafft zu allererst in eurem Herzen für Jesus einen Platz!
Dann wird es euch auch, wie den Männern im Evangelium gelingen
andere Menschen mit Jesus in Berührung zu bringen.
Denn dann seid ihr gleichsam selbst, auch wenn's etwas komisch jetzt klingt:
Wie das Loch im Dach, durch das ein neuer Zugang zu Jesus gelingt.
In jedem Fall, und damit wären wir wieder bei der Fassenacht:
kann auch ein Christ, der Freude ausstrahlt und ansteckend lacht,
ein überzeugender Zugang sein zum Glauben und zur Kirche, ihr Leute
und so die Herzen erreichen der Menschen von heute.
Vielleicht gilt das sogar, so hab ich mir ein wenig schmunzelnd gedacht,
für einen Pfarrer, der an Fastnacht als Till in die Bütt geht oder in der Kirch
Kniddelvers macht.
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So grüß ich am Ende euch alle, Junge wie Alte,
hab meine Pflicht erfüllt; mei Predigt in Vers'cher gehalte.
Wie immer die Mahnung an alle, die heute gekommen:
Treibt's an Fastnacht nicht zu doll, dass mir keine Klagen kommen.
Der Herr sei mit euch - auch am Fastnachtsfest,
damit durch euch sich ahnen lässt,
dass Freude passt zu Christen-Damen,
und auch zu den Herren. Helau! Ende. Amen.