Predigt Fastnachtssonntag 18.02.2007

Hermann-Josef Herd,zu dieser Zeit Pfarrer von St. Peter, Heppenheim

Fastnachtsumzug (c) Bistum Mainz
Fastnachtsumzug
Datum:
So. 18. Feb. 2007
Die Predigt schließt sich an das Tagesevangelium an aus Lk 6, 27-38, der sogenannten Feldrede Jesu „von der Vergeltung von der Liebe zu den Feinden und vom Richten“. Die Predigt wurde wieder ausnahmsweise von der Kanzel gehalten.

Ihr lieben bunten Gotteskinder,
ihr Fromme, Laue oder Sünder,
da sitzt ihr nun ein wenig kühl
in unserm Gotteshausgestühl
und fragt euch wieder mal im Stillen,
ob denn der Pfarrer wird erfüllen,
was ihm die Narren aufgetragen:
sein Predigtwort im Reim zu sagen:
vun de Kanzel oberunne –
ei, am liebste wär' ich wirre unne. –

Doch will ich tun jetzt meine Pflicht
un predige kurz im Gedicht,
sonst pfeift ihr mich vielleicht noch aus
und geiht heit früher raus nach Haus -
orre – was noch mehr mich schreckte –
ihr tut nix noi in die Kollekte!
So seid gegrüßt hier, Mann und Frau:
„Grüß Gott" soag ich, un aach „Helau".
Ich grüße die Gemeindeglieder
un aach die annern, die schon wieder
in unsern Dom Sankt Peter kumme
in feine Kostüme un mit Blumme
vun Bensem, Hoambach un Oahause,
sogar von Feerth un Rimbach drauße,
vun Woinem, Darmstadt un de Palz,
un alle, die sinn uff de Walz
zu uns ins scheine Heppenheim
an Fastnacht – wie könnt's annerst sein!

Narre brauchts heit überall
net blous am heilige Karneval.
Narre dürfe, das ist klar,
die Wahrheit sage – wunderbar!
Narre dürfe annerst sein
und vun Gewohntem sich befrein.
Narre solle sich aach traue
mal öfters uff de Putz zu haue
in unserer verrückten Welt -
vielleicht ist mancher Narr ein Held,
wann er net mit de Masse schwimmt,
vielmehr sich frech die Freiheit nimmt,
nach soim Gewisse zu entscheide
als Christ - inmitten vieler Heide.

Hört - solche Narretei sich findet
in dem, was Jesus uns verkündet
und was man uns – gut kalkuliert –
heut' als Frohbotschaft präsentiert:
Da soll dem Mann, der mich geschlagen,
ich nicht einmal die Meinung sagen,
statt dessen still mit frommem Sinn
die andre Wange halten hin?
Soll den nicht packen, der gesonnen,
an meine Habe ranzukommen?
Dem, der moin Mantel kriegt zu fasse,
soll ich des Hemd noch überlasse?
Und jedem, der bei mir will borgen,
soll ich mit Geld noch reich noch versorgen,
ganz gleich ob dieser gute Mann
das Ganze auch zurückzahln kann?

Wann des net eines Narren Sicht,
dann frag ich eich, was närrisch ist!!
Denn wer sich stellt uff diese Seite,
wird ausgenutzt un is ball pleite.-
So denke doch normale Mensche,
bei aller Lieb' – ab hier is Sense!
Sou bleibt dann alles, wie es war
seit hunnert un noch meine Jahr.
Wer hat, dem wird noch mehr gegeben,
so ist's im ganzen Leben – eben.
Und jeder Kluge rechnet aus,
ob joo genug springt für ihn raus.

Doch, um was Neues zu erreichen
braucht es natürlich solche Zeichen,
die Jesus selbst hat praktiziert
un wie ein Narr ganz ungeniert,
uns, soine Jünger, tut empfehle,
um Gottes Reich net zu verfehle.

Damit ihr merkt, wie's annerst geht,
nenn ich e Beispiel, ganz konkret:
Wozu brauchst du dann soveel Kleider
vom Neckermann un aach vom Schneider,
verschenk e paar an arme Leit,
dann kannst du atme ganz befreit.
Un wozu brauchst du acht paar Schuh,
gib sechse ab, dann haste Ruh
und hast debei aach noch en Nutze,
weil du nur brauchst zwo Paar zu putze.

Ja, ich tu aach schun überlege
an wen ich könnt mein Anzug gebe,
den alte, der mir veel zu eng
un der ganz grau vom Rumgeheng,
weil ich jo moan, ihr liewe Kinner,
im nächste Frühjahr wird' ich dünner.
Des schaffst de nie, drum lass es soi,
hol aus dem Schrank ihn, pack en oi.
un bring den Kram zur Caritas,
dann hast de Platz, ach was en Spass.

Ich geb's jo zu, ehr liewe Leit,
die Beispiel' warn net sou gescheit.
Der Herr möcht eigentlich uns sage,
ihr Mensche, tut eich doch vertrage
und zeigt e großes, weites Herz
für euren Nächsten ohne Scherz
un helft einander in der Not -
was nehmt ihr mit bei eierm Tod?
Nur das, was ihr habt einst verschenkt
an Lieb' und Güte - so bedenkt:
Weil Christus steiht an deiner Tür,
gilt net mehr‚wie du mir, so ich dir'.
Der Spruch is lange schon vun gestern,
des müsst ihr wisse, Brüder, Schwestern.
Schreibt euch die Weisung uff's Panier
„Wie Gott zu mir, so ich zu dir."

„Ihr sollt gar eure Feinde lieben
und net euch überall bekriegen",
sagt unser Herr und der hat Recht!
Guck'st in die Zeitung, werd' dir's schlecht
vor laure Terror un Gewalt,
in diesem Kreislauf gibt's koan Halt.-
Wenn jeder tät verzicht' uff Rache,
dann hätte mer all mehr zu lache,
des ganze Jahr, des ganze Leben. -
ei könnt es noch was Schönres geben?

Was wär des toll im Heilige Land,
wenn Feinde gäbe sich die Hand,
oder im Irak die fromme Schiite
täte verzeihe dene Sunnite
so wie die Deutsche de Franzose,
dann wär se rum die ganze Schoße
der Kämpfe voller Blut und Hass. -
Die Kinner könnte tanze uff de Gass,
könnte sich freue und wirre spiele
und endlich sich als Mensche fühle. –

So würde unsre oalte Welt
moal wirklich uff de Kopp gestellt,
wenn endlich alle Natione
begreife täte die Visione
vun Jesu Neuem Testament,
dann wär schon Gottes Reich präsent.-
Ja, es müsste halt, ganz ohne Hetze,
aach die Grouße beachte die Gesetze
un sich an die Gebote halte
vun Moses und vun dene Alte.
Doch liest mer nur im Blätterwald,
wie einer macht den annern kalt,
wie Superreiche sich bediene
ohne Scham in ihrer Miene,
wie aach bei uns, es is en Hohn,
als um sich greift die Korruption. -
Was soll aus unsre Jugend wärn
bei solche Vorbilder besserer Herrn?

Doch Jesus warnt uns vor dem Richten
un über an're Leit' zu dichten.
Jeder soll bei sich probieren
zu verännern soi Manieren.
Soll uffhörn, wege nix zu streite,
un net die Nachbarn noch beneide;
ja manchmal gar des Kunststück wage,
net immer glei zurückzuschlage.
Wenn du zuerst machst solchen Schritt,
ziehst du vielleicht aach annre mit.
Dann wird doch deine kleine Welt
e bissel uff de Kopp gestellt –
wie jetzt an Fastnacht, wu die Narre
samt „Papst un Bischof un Herr Parre"
mit Witz un Mut es tun riskiern,
den eig'ne Lade zu kritisiern
un selbst über ihre Fehler lache,
um dodemit annern Freude zu mache.

Denn für den, der glaubt, dass Gott ihn liebt,
es eigentlich koa Grenze gibt.
Der sieht des oi un kriegt die Gnad'
von unserm Herrgott in der Tat,
um selbst den Feind als Mensch zu schätze
und keinen Gegner zu verletze. -
Drum könne mir Hepprumer im Süden
mit Bensem lebe ganz im Frieden.

Ich komme nun – des is e Muss
so langsam zu der Predigt Schluss.
Drum könnt ihr bei de nächste Sätze
eich langsam schun bequem hinsetze. -
Ein Narr meint, überall auf Erden
könnt's doch vielleicht noch anders werden.
Und närrisch ist es auch gewesen,
was wir von Jesus da gelesen.-
Ihr Leit, habt doch e bissel Mut,
der einfach nur des Gute tut.
Und glaubt, dass mir es doch noch schaffe,
heller diese Welt zu mache.
Ganz närrisch möcht' zum Schluss ich's wage
diesen Wunsch hier laut zu sage:
Bleibt Narren so - in Gottes Namen,
dann is es gut und ich sag: Amen.

Hermann-Josef Herd
Pfarrer von St. Peter Heppenheim