Siegfried (III.) von Eppstein (Eppenstein) (um 1195–1249)

1230–1249 50. Erzbischof von Mainz

 

Geboren um 1195; aus dem Haus der edelfreien Herren von Hainhausen, die sich seit dem ausgehenden 12. Jahrhundert nach ihrer Burg im Taunus von Eppstein nannten und wie keine andere Adelsfamilie des mittelrheinischen Raumes Einfluss auf den Mainzer Erzstuhl gewannen; ein Onkel von Siegfried III., Siegfried II. von Eppstein, war sein Vorgänger als Erzbischof; seine Neffen Werner und Gerhard von Eppstein folgten ihm 1259 bzw. 1289; in insgesamt 77 Pontifikaljahren beherrschten die von Eppstein bis 1305 das Erzbistum und zählten zu den mächtigsten Reichsfürsten; der Vater von Siegfried III. war Gottfried I. († vor 1223), seine Mutter Theodora (?) von Wied, die Schwester des Trierer Erzbischofs Dietrich von Wied; Brüder von Siegfried III. waren Gerhard II. von Eppstein-Braubach († vor 1249), Vater von Erzbischof Werner, und Gottfried II. († 1278), Vater von Erzbischof Gerhard; Siegfried III. war zudem verwandt mit dem Kölner Erzbischof Konrad von Hochstaden sowie mit Heinrich von Lützelburg, Bischof von Kurland und später von Chiemsee.

Siegfried III. besuchte vermutlich früh die Mainzer Domschule; 1222 als Domherr von Mainz bezeugt; im gleichen Jahr als Nachfolger Philipps von Dietz († 1222) Propst des Salvatorstiftes in Frankfurt; 1223 als Propst des St. Peter- und Alexanderstiftes in Aschaffenburg belegt; nach dem Tod seines Onkels Siegfried offensichtlich ohne nennenswerte Widerstände oder Schwierigkeiten im November 1230 zum Erzbischof von Mainz gewählt; Konsekration vor dem 18. Januar 1231.

Die Reichspolitik von Siegfried III. weist zwei gegensätzlich geprägte Perioden auf. Bis 1241 war sie trotz der unverkennbaren Tendenz zur Aufwertung des landesherrlichen Eigengewichts staufisch orientiert. Mit Kaiser Friedrich II. stellte sich Siegfried III. gegen die Städtepolitik König Heinrichs VII. Die Aufkündigung des Städtebündnisses durch Friedrich II. bestätigte Siegfried III. 1231 mit kaiserlichem Siegel. Beim Aufstand Heinrichs gegen seinen Vater Friedrich II. 1234 suchte Siegfried III. in Foggia vergeblich zu vermitteln. 1235 stimmte er mit den anderen Fürsten der Thronenthebung und Gefangennahme Heinrichs durch den ins Reich zurückgekehrten Kaiser zu. Auf der anschließenden Reichsversammlung in Mainz erließ der Kaiser den „Mainzer Reichslandfrieden“, an dessen Zustandekommen Siegfried III. vermutlich beteiligt war. Im April 1236 verkündete Siegfried III. in Erfurt im Beisein von 38 Erzbischöfen und Bischöfen die päpstliche Kanonisationsbulle der hl. Elisabeth von Thüringen (1207–31), deren Heiligsprechungsprozess er trotz bewaffneter Besitzstreitigkeiten mit ihrem Schwager Konrad von Thüringen († 1241) begleitet und gefördert hatte. Am 1. Mai 1236 nahm er in Marburg im Auftrag Papst Gregors IX. und im Beisein des Kaisers die Translation der Gebeine der Heiligen in die Elisabethkirche vor. 1237 war er in Wien und Speyer an der Königswahl Konrads IV. beteiligt und wurde vom Kaiser zum Reichsverweser ernannt. In Anwesenheit Konrads IV. und der meisten Mainzer Suffraganbischöfe konsekrierte Siegfried III. 1239 den Mainzer Dom, dessen prachtvolles Westwerk unter ihm erbaut und fertiggestellt worden war, zu Ehren Jesu Christi, der Jungfrau Maria, des hl. Martin sowie mehrerer anderer Heiligen.

Im gleichen Jahr brach der Machtkampf zwischen Gregor IX. und Friedrich II. offen aus, in den Siegfried III. unmittelbar mit einbezogen wurde. Der Papst setzte als politisches Druckmittel die Exkommunikation ein, belegte den Kaiser mit dem Bann und verlangte von den Reichsbischöfen, den Urteilsspruch zu verkünden und sich von Friedrich II. loszusagen. Als Siegfried III. dem nicht sogleich nachkam, sich der Wahl eines Gegenkönigs widersetzte und sie zu verhindern wusste, wurde er 1240 durch den päpstlichen Legaten Albert Behaim (um 1180–1260) exkommuniziert. Der drohende Mongoleneinfall 1241 und der Tod Gregors IX. verhinderten einen größeren Konflikt. In dieser Situation wechselte Siegfried III. unerwartet die Seiten. Er verbündete sich mit dem Kölner Erzbischof Konrad von Hochstaden, verkündete die Exkommunikation Friedrichs II. und stellte sich an die Spitze der antistaufischen Partei. Die Gründe für den politischen Positionswechsel sind in der perspektivlosen Reichspolitik des zumeist außer Landes weilenden Kaisers und in den landesherrlichen Ambitionen von Siegfried III. zu suchen. Um Siegfried III., der seit 1242 mit König Konrad IV. im Krieg stand, noch fester an die päpstliche Politik zu binden, ernannte ihn Papst Innozenz IV. 1244 und erneut 1249 zum Apostolischen Legaten für Deutschland sowie zum Visitator der Kirchenprovinzen Mainz, Trier und Magdeburg und gestattete ihm, 1245 von allen Prälaten und Klerikern der Kirchenprovinz den fünften Teil ihrer Einkünfte zu erheben.

Aus politischen Erwägungen gewährte Siegfried III. der Stadt Mainz 1244 das große Stadt- und Freiheitsprivileg. Im Mai 1245 war er in Lyon, ohne allerdings aktiv am Konzil teilzunehmen, auf dem Friedrich II. als Kaiser abgesetzt wurde. Im Sinne dieser Entscheidung erreichte Siegfried III. jedoch, dass 1246 Heinrich Raspe von Thüringen in Veitshöchheim zum Gegenkönig gewählt und damit zum antistaufischen Konzentrationspunkt gemacht wurde. Nach dessen frühem Tod 1247 wurde, erneut auf Betreiben von Siegfried III., 1247 Wilhelm von Holland in Worringen zum König gewählt. Unsicher ist, ob Siegfried III. an dessen Krönung 1248 beteiligt war. Am reichspolitischen Geschehen blieb Siegfried III., der den erstmals 1201 benutzten und seit seinem Episkopat ständig in der Titulatur der Mainzer Erzbischöfe verwandten Titel Erzkanzler führte, aktiv beteiligt.

Erheblich gestärkt wurde seine Position als Landesherr. In Hessen, im Weserraum, im Eichsfeld, an der Nahe und an der Tauber gelangen ihm beträchtliche Besitz- und Burgenerwerbungen. Den wichtigsten Zugewinn bildete die Reichsabtei Lorsch (OSB), die Kaiser Friedrich II. 1232 endgültig der Mainzer Kirche übertrug und damit einen langanhaltenden Streit zwischen der Pfalz und dem Erzstift grundlegte. Die Erwerbungen waren umso wichtiger, da Siegfried III. von seinem Onkel und Amtsvorgänger hohe Schulden übernommen hatte. Schwierige wirtschaftliche Verhältnisse und der gesundheitliche Zustand des Abtes Konrad von Malker (1221–46) waren wohl auch die Gründe, weshalb Papst Innozenz IV. 1245 dessen Resignation annahm und Siegfried III. mit der Verwaltung des Benediktinerklosters Fulda betraute, die dieser als „rector fuldensis ecclesiae“ bis zu seinem Tod innehatte. Das geistliche Wirken von Siegfried III. zeigen die vielen Konzilien bzw. Synoden in Mainz (1233, 1235, 1239, 1243), Erfurt (1233), Frankfurt (1234), Weimar (1244) und Fritzlar (1244, 1246). Mäßigenden Einfluss nahm er auf die Ketzerbekämpfung Konrads von Marburg († 1233).

Gestorben am 9. März 1249 Bingen; Grab: Mainzer Dom; seine Grabplatte aus koloriertem grauem Sandstein ist das erste der zahlreichen dort aufgestellten Epitaphien.

Friedhelm Jürgensmeier

 

Text aus: Gatz, Erwin (Hrsg), Die Bischöfe des Heiligen Römischen Reiches. Teil: 1198 bis 1448, unter Mitw. von Clemens Brodkorb, Berlin: Duncker und Humblot 2001, S. 399–401. Abdruck mit freundlicher Genehmigung des Verlags.