Heinrich (III.) von Virneburg (um 1280?–1353)

1316 Generalvikar des Erzbischofs von Köln

1328–1337 Ernannter Erzbischof von Mainz

1337–1346/53 59. Erzbischof von Mainz

 

Geboren um 1280 (?); aus dem Geschlecht der im 14. Jahrhundert vor allem am Niederrhein glanzvollen Grafen von Virneburg; sein Vater war Ruprecht, der Bruder des Kölner Erzbischofs Heinrich von Virneburg; seine Mutter hieß Kunigunde. Heinrich war 1308 Propst des Stiftes St. Patroklus in Soest, 1312 mit der Scholasterie von St. Gereon in Köln providiert; 1312 vorübergehend Kölner Domscholaster; 1312–13 im Besitz der Pfarreien Asbach, Welling und Lohne; 1313 Propst des Stiftes St. Cassius in Bonn, bald auch des Stiftes St. Aposteln in Köln; darüber hinaus bepfründet in Trier; vertrat 1315–16 als Propst von Bonn und Archidiakon von Köln seinen abwesenden Onkel, den Kölner Erzbischof Heinrich, „in geistlichen und weltlichen Dingen“ und war 1316 dessen Generalvikar in spiritualibus; zog sich zweimal eine Irregularität zu, galt als exkommuniziert und wurde durch päpstliche Erlasse rehabilitiert.

Nach dem Tod des Mainzer Erzbischofs Matthias von Buchegg kam es in Mainz im Streit um die Nachfolge zu einem langjährigen Schisma. Noch zu Lebzeiten von Erzbischof Matthias hatte Papst Johannes XXII. die Neubesetzung dem Hl. Stuhl reserviert. Der Bruder des zum Bischof von Straßburg providierten Berthold von Buchegg, Bruno, bemühte sich in Avignon für diesen um das Erzbistum, während sich für Heinrich sein Bruder Ruprecht sowie sein Onkel, der Kölner Erzbischof Heinrich, verwandten. Da die Familie von Virneburg als Gegner König Ludwigs IV. von Bayern und Anhänger König Friedrichs III. des Schönen von Österreich galt, ernannte Papst Johannes XXII. am 11. Oktober 1328 Heinrich zum Nachfolger, in der Hoffnung, in ihm einen ergebenen Erzbischof und Kurfürsten zu finden. Zugleich postulierte das Mainzer Domkapitel ungeachtet des päpstlichen Vorbehaltes im September oder Oktober 1328 einstimmig den Trierer Erzbischof Balduin von Luxemburg und beauftragte ihn mit der Administration des Erzbistums. Balduin nahm die Wahl an, unterzeichnete in Bingen am 12. Oktober 1328 die erste im Wortlaut bekannte Mainzer Wahlkapitulation und verpflichtete sich, Domstift und Klerus, die heftige Auseinandersetzungen mit der Mainzer Bürgerschaft führten, in ihren Rechten und Privilegien zu verteidigen. Gegen die Provision Heinrichs protestierte das Kapitel beim Hl. Stuhl, während es erst 1329 um die päpstliche Bestätigung Balduins nachsuchte.

Bis 1337 stritten der postulierte Administrator und der providierte Erzbischof um Bistum und Erzstift. Balduin konnte sich durch geschickte Politik, den Abschluss von Landfrieden, Bündnisse mit den Königen Johann von Böhmen und Ludwig dem Bayern sowie die Befestigung von Flörsheim und Eltville, wo 1339 die in den folgenden 200 Jahren als erzbischöfliche Wohnung benutzte Martinsburg erbaut wurde, behaupten. Heinrich wurde dagegen trotz päpstlicher Befehle lediglich von den Stiften in Aschaffenburg, Bingen, Heiligenstadt und Fritzlar, einem Teil der Stadt Erfurt und vor allem von der Stadt Mainz anerkannt, die im Schisma die Chance sah, lange geforderte Rechte durchzusetzen und 1329 in offener Revolte die Stiftsherren und einen Großteil des Klerus vertrieb. Von Bonn aus bestätigte Heinrich der Stadt in diesem Jahr ihre Privilegien und Gnaden. Er war nur gelegentlich in Mainz und führte seine Regierung zumeist von Bonn oder Köln aus. Nach dem Friedensschluss zwischen der Stadt Mainz und Balduin 1332 war Heinrich zunächst isoliert. Erst die Exkommunikation Balduins und des Domkapitels und die Belegung des Erzbistums mit dem Interdikt durch Papst Benedikt XII. brachte 1336 eine Wende. Während Balduin nun eine Verzichterklärung unterzeichnete, untersagte die päpstliche Kurie in Avignon Heinrich, zur Erlangung des Erzbistums selbst aktiv zu werden.

Das anmaßende Verhalten päpstlicher Gesandter in Mainz drohte, eine mögliche Einigung scheitern zu lassen. Erst als Heinrich Ludwig den Bayern als König anerkannte, ihm am 29. Juni 1337 den Treueid schwor und daraufhin mit den Regalien belehnt und am 2. Juli 1337 auch durch das Ludwig ergebene Mainzer Domkapitel anerkannt wurde, kam es zu einem Ausgleich. Papst Benedikt XII. exkommunizierte und suspendierte Heinrich und zitierte ihn im Februar 1338 vor den Hl. Stuhl. Im gleichen Monat berief Heinrich ein Provinzialkonzil nach Speyer, wo über die Versöhnung zwischen der Kurie und König Ludwig beraten wurde. Als das diesbezügliche Bemühen einer nach Avignon abgeordneten Gesandtschaft scheiterte, kam es zum Beschluss der Kurfürsten in Rhens, dass ein von der Mehrheit der Kurfürsten gewählter König nicht mehr der päpstlichen Zustimmung bedürfe, eine Entscheidung, die nachdrücklich von Heinrich vertreten und verteidigt wurde.

Die unversöhnliche Haltung der Kurie gegenüber König Ludwig belastete das Verhältnis zu dessen jetzt treuem Gefolgsmann Heinrich, gegen den Papst Clemens VI. am 17. Oktober 1343 den Prozess eröffnete. Politisch mitbegründet war dies dadurch, dass der Papst 1344 die Bistümer Prag und Olmütz aus der Kirchenprovinz Mainz löste, Prag zum Erzbistum erhob und dem Prager Erzbischof das bisher dem Mainzer Metropoliten zukommende Recht der Krönung des böhmischen Königs übertrug. Weil sich Heinrich dem widersetzte, erklärte ihn der Papst am 7. April 1346 für abgesetzt und verlieh das Bistum an Gerlach von Nassau. Dieser konnte jedoch nicht sofort in dessen Besitz gelangen, da das Domkapitel auf Seiten Heinrichs stand und die Regentschaft durch fünf Beauftragte, unter ihnen den späteren Trierer Erzbischof Kuno von Falkenstein, ausübte. Doch lud Gerlach, unter Inanspruchnahme des dem Mainzer Erzbischof als Erzkanzler zukommenden Einladungsrechtes, vier Kurfürsten nach Rhens ein, wo Karl IV. von Böhmen zum Gegenkönig gewählt wurde. Die Wahl Günthers von Schwarzburg 1349 durch vier Kurfürsten, unter ihnen Heinrich, zum Gegenkönig blieb Episode, weil der Gewählte wenig später starb. Nach der allgemeinen Anerkennung Karls IV. kam es zwischen Heinrich und Gerlach von Nassau 1350 zum Waffenstillstand. Das Schisma blieb jedoch bis zum Tod Heinrichs bestehen.

Gestorben am 21. Dezember 1353, vermutlich Eltville; Grab: unbekannt, da er als Gebannter zunächst nicht kirchlich beigesetzt wurde.

Friedhelm Jürgensmeier

 

Text aus: Gatz, Erwin (Hrsg), Die Bischöfe des Heiligen Römischen Reiches. Teil: 1198 bis 1448, unter Mitw. von Clemens Brodkorb, Berlin: Duncker und Humblot 2001, S. 408–409. Abdruck mit freundlicher Genehmigung des Verlags.