Gerlach von Nassau (1322–1371)

1346–1353 Ernannter Erzbischof von Mainz

1353–1371 60. Erzbischof von Mainz

 

Geboren 1322 aus dem stark verzweigten Geschlecht der Grafen von Nassau, deren relativ schwache Machtbasis in der Grafschaft Nassau-Wiesbaden-Idstein und an der Saar lag; sein Vater Gerlach († 1361), Sohn König Adolfs von Nassau, war Subdiakon und ursprünglich für die geistliche Laufbahn bestimmt; seine Mutter war Agnes († 1332), Tochter des Landgrafen Heinrich von Hessen († 1298); ein Großonkel väterlicherseits war der Trierer Erzbischof Diether von Nassau; seine Neffen Adolf und Johann von Nassau folgten ihm später als Erzbischöfe von Mainz. Gerlach wurde für die geistliche Laufbahn bestimmt und besuchte die Mainzer Domschule; erhielt 1336 eine Expektanz auf ein Domkanonikat und eine Pfründe; 1343 als Domherr von Mainz bezeichnet; erhielt 1345 eine Provision auf das Mainzer Domdekanat und folgte damit dem im gleichen Jahr verstorbenen Johann von Konstanz, genannt Unterschopf; 1340 Studium in Bologna und dort 1341 Prokurator der Deutschen Nation; 1343 Domherr von Trier; durch Papst Clemens VI. 1343 zum päpstlichen Kaplan ernannt; wohl 1344 auf die Propstei des Stiftes St. Marien in Erfurt providiert.

Am 7. April 1346 setzte Clemens VI. Heinrich von Virneburg als Erzbischof von Mainz ab und verlieh das Erzbistum Gerlach, den er zuvor vom Mangel an Alter und höheren Weihen dispensiert hatte. Erst 1353 konnte Gerlach das Erzbistum in Besitz nehmen, da das Domkapitel und Heinrich von Virneburg sich widersetzten. Trotzdem konnte Gerlach im Sinne päpstlicher Politik vier Kurfürsten nach Rhens einladen, wo 1346 gegen den exkommunizierten und vom Papst abgesetzten König Ludwig den Bayern Karl IV. von Böhmen zum König gewählt und im Beisein Gerlachs vom Kölner Erzbischof Walram von Jülich gekrönt wurde. Auch die allgemeine Anerkennung Karls IV. nach dem Tod Ludwigs 1349 brachte Gerlach nicht in den Besitz des Erzbistums. Anerkennung fand er erst nach dem Tod Heinrichs von Virneburg 1353 und der Versöhnung mit dem mächtigen Dompropst und späteren Trierer Erzbischof Kuno von Falkenstein am 3. Januar 1354; den Frieden mit Kuno musste Gerlach durch zahlreiche Pfandabtretungen teuer erkaufen. Bis 1358 gelang es ihm, diese Pfändungen einzulösen, den streitbaren Dompropst zu einem Sühnevertrag zu zwingen und die entstandenen Unruhen beizulegen.

Als Landespolitiker schloss Gerlach mehrere Landfriedensbünde am Rhein und in der Wetterau, führte kurzfristige Fehden 1361 und 1364 mit Hessen und 1366 mit der Stadt Mainz, erzielte territoriale Gewinne im Neckar- und Jagstgebiet, förderte die wirtschaftliche Lage durch Belebung des Handels und durch zahlreiche Zollverträge und wahrte trotz der ständig anhaltenden Spannung zur Pfalzgrafschaft und zu Hessen den territorialen Bestand des Erzstifts.

Reichspolitisch blieb Gerlach ein zuverlässiger Gefolgsmann Kaiser Karls IV., ohne sich jedoch vorbehaltlos zu binden. 1356 war er an der Abfassung und Verkündigung der „Goldenen Bulle“ beteiligt. Im Reichsgesetz, das Königswahl und Kurfürstenrechte festlegte, kamen dem Mainzer Erzbischof das Einladungs- und Wahlleitungsrecht und das Recht der letzten Stimme zu.

Im kirchlichen Bereich zeichnete sich das Pontifikat Gerlachs durch intensive synodale Tätigkeit aus. Herausragend waren die Konzilien 1359 in Mainz und 1369–70 in Frankfurt. Von einem Steinleiden schwer gezeichnet, wünschte Gerlach am 27. Januar 1371 seinen Neffen Adolf von Nassau zum Koadjutor und Nachfolger, doch ließ sich das vor seinem Tod nicht mehr verwirklichen.

Gestorben am 12. Februar 1371 in Aschaffenburg; Grab: Kirche der Zisterzienserabtei Eberbach im Rheingau, wo ein prächtiges Denkmal aus Sandstein erhalten ist.

Friedhelm Jürgensmeier

 

Text aus: Gatz, Erwin (Hrsg), Die Bischöfe des Heiligen Römischen Reiches. Teil: 1198 bis 1448, unter Mitw. von Clemens Brodkorb, Berlin: Duncker und Humblot 2001, S. 409–410. Abdruck mit freundlicher Genehmigung des Verlags.