Schmuckband Kreuzgang

Betroffene

Beiräte sollen bei der Aufarbeitung mitwirken

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Datum:
Fr. 19. Feb. 2021
Von:
Henning Stahl

Die katholische Kirche will bei der Aufarbeitung des Missbrauchsskandals nun auch verstärkt Betroffene einbeziehen. Das kündigte der Limburger Bischof Georg Bätzing am Donnerstag an. Bei der Initiative will das Bistum Limburg mit dem Bistum Fulda und dem Bistum Mainz zusammenarbeiten.
Ziel ist es, dass alle drei Bistümer zusammen einen Betroffenenbeirat einrichten. "Es geht darum, Betroffene zu Akteuren zu machen und das strukturell abzusichern", sagte Bätzing. So sollen diese wahrgenommen werden und bei der Missbrauch-Aufarbeitung sowie bei Fragen zur Prävention mitwirken.

Missbrauch aus der Perspektive Betroffener sehen

Menschen, die im kirchlichen Bereich Missbrauch erlitten haben, sind eingeladen, beim Beirat mitzuwirken und die Aufarbeitung kritisch zu begleiten. "Wir können Missbrauch in der Kirche nur aus der Perspektive der Betroffenen angemessen aufklären und verhindern", erklärten die Bischöfe Bätzing, Peter Kohlgraf (Mainz) und Michael Gerber (Fulda) laut Mitteilung.
Ihnen sei klar, dass es für Betroffene eine Zumutung sein könne, sie um Unterstützung zu bitten: "Viele Menschen haben großes Unrecht und Leid durch Vertreter der Kirche aus unseren Diözesen erfahren müssen. Das ist uns sehr bewusst."
Aber man sei überzeugt, dass bei der Aufarbeitung in den Diözesen die Perspektive der Betroffenen leitend sein müsse.

Kommunikation auf Augenhöhe versprochen

Mit dem Betroffenenbeirat wolle man zu einem "Kulturwandel in der Kirche beitragen", sagte Bätzing, der auch Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz (DBK) ist. Betroffenenbeiräte gibt es auch schon in anderen Bistümern in Deutschland und bei der DBK.
Die hessischen Bistümer hatten vor kurzem einen Aufruf veröffentlicht, um Mitwirkende für den Beirat zu finden. Beim Bistum Limburg haben sich den Angaben zufolge bisher drei Interessenten gemeldet. Das Gremium soll letztlich aus neun Personen bestehen.
Die Betroffenen sollen laut Bätzing "auf Augenhöhe" mit Experten und den Vertretern der Bistümer an der Aufarbeitung der Fälle und an der Prävention mitwirken. Ihnen wurde zugesichert, unabhängig arbeiten und sprechen zu können.
Es geht um ein zunächst für drei Jahre übernommenes Ehrenamt, das mit einer Aufwandsentschädigung verbunden ist, wie die Bistümer erklärten.
Dem Beirat komme ein Initiativrecht und ein Anhörungsrecht zu, außerdem werde er eine Geschäftsstelle erhalten, erläuterte Bätzing.

Auch unser Bistum beteiligt sich aktiv

2021-02-19_Aufruf-Betroffenenbeirat (c) Bistum Mainz
Die Bistümer Fulda, Limburg und Mainz richten ihren Aufruf zur Mitwirkung und Unterstützung an alle Personen, die auf dem Gebiet der drei Diözesen sexuellen Missbrauch durch kirchliche Mitarbeiter erlitten haben. Die Kontaktaufnahme durch Betroffene erfolgt direkt über die Büros der jeweiligen Generalvikare mit einem Formular, in dem eingeladen wird, unter anderem die Interessenbekundung für eine Mitarbeit deutlich zu machen. Es wird darum gebeten, in den kommenden sechs Wochen (bis 28. März) eine schriftliche Interessensbekundung per Post an das jeweilige Bistum zu senden. Dem Schutz von personenbezogenen Daten und Persönlichkeitsrechten wird entsprechend des kirchlichen Datenschutzrechtes umfassend Rechnung getragen. Das Mindestalter beträgt 18 Jahre.

Ansprechpartner für die Meldung in unserem Bistum

Weihbischof und Generalvikar Dr. Udo Markus Bentz
Bischöfliches Ordinariat Mainz
Bischofsplatz 2
55116 Mainz
Telefon: 06131/253-260
Fax: 06131/253-554
E-Mail: generalvikar@bistum-mainz.de
 
Meldung im Internet:

In Limburg läuft die Missbrauchs-Prävention bereits

Derzeit ist in der Diözese Limburg ein eigens eingesetzter Beauftragter damit beschäftigt, mehr als 60 Maßnahmen einzuführen und umzusetzen. Diese wurden während des Projektes "Betroffene hören - Missbrauch verhindern" erarbeitet.
Zu den 60 Maßnahmen zählen unter anderem ein Beschwerde-Management, eine kirchliche Verwaltungsgerichtsbarkeit und eine unabhängige Ombudsstelle für Kinder und Jugendliche. Die Umsetzung der Maßnahmen begann laut dem bischöflichen Beauftragten Caspar Söling Anfang des Jahres.
Bätzing betonte mit Blick auf die Missbrauchsstudie des Bistums Limburg: "Wir wollen die Offenlegung von Taten, Beschuldigten und Betroffenen, und wir wollen die Offenlegung von Verantwortlichen mit ihren Namen - und das haben wir getan." Nur durch Transparenz und das Vorzeigen von Ergebnissen könne man "neues Vertrauen gewinnen".
 

Vorbehalte und Zweifel: "Kann ich denen glauben?"

Auswirkungen zum Skandal um sexuellen Missbrauch unter dem Dach der katholischen Kirche gibt es derzeit im Bistum Köln. Dort ist Kardinal Rainer Maria Woelki massiv in die Kritik geraten, weil er ein seit Monaten fertiges Gutachten über den Umgang der Bistumsspitze mit Missbrauchsfällen nicht veröffentlichen lässt. Der Kölner Erzbischof begründet dies mit "methodischen Mängeln". Er beauftragte eine neue Untersuchung, deren Ergebnisse am 18. März vorgestellt werden sollen.
Bischof Bätzing sagte, dass die Entwicklungen in Köln auch negative Auswirkungen auf die Bemühungen in Limburg habe: Er spüre, dass in der öffentlichen und innerkirchlichen Wahrnehmung sowie unter Betroffenen die Frage aufkomme: "Machen die das ehrlich, kann ich denen glauben?" Mit diesem Misstrauen habe man auch im eigenen Bistum zu kämpfen.
Bätzing betonte, er spreche mit Blick auf die Ereignisse im Erzbistum Köln nicht als DBK-Vorsitzender, sondern "als Nachbar" des Erzbistums.
 
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Die deutsche Bischofskonferenz strebt ein gemeinsames Vorgehen in der Missbrauch-Aufarbeitung an