Schmuckband Kreuzgang

Taufsakrament

Gedanken zum Taufsakrament am Sonntag "Taufe des Herrn"

Tauffenster von Sr. Canisia in unserem Gemeindezentrum (c) Foto Brigitta Gebauer
Datum:
So. 12. Jan. 2020
Von:
Henning Stahl

In Bad Nauheim geboren und aufgewachsen hielt Domkapitular Prälat Jürgen Nabbefeld lebenslang die Verbindung zu seiner Heimatgemeinde.

Als Zelebrant am Sonntag "Taufe des Herrn" stellte er in seiner Predigt grundsätzliche Überlegungen zur aktuellen Bedeutung des Taufsakramentes an.

Nachstehend können SIe diese bedeutsame Predigt im Originaltext nachlesen:

Predigt am Sonntag "Taufe des Herrn", 12.01.2020

Liebe Schwestern und Brüder, 
heute möchte ich Ihnen eine Situation schildern, die in jedem Pfarrhaus passieren könnte: 
Es schellt, ein junges Paar steht vor der Tür und möchte mit dem Pfarrer sprechen: „Wir wollen unser Kind taufen lassen." 
Der Pfarrer bittet sie ins Zimmer und kommt mit ihnen ins Gespräch. Er merkt bald, dass die beiden kaum noch Kontakt zur Kirche haben. 
„Aber wir wollen für unseren Tobias alles tun, was für ihn gut ist", sagen sie. „Die Taufe gehört doch dazu. Später kann er dann ja selbst entscheiden." 
Und: „Er soll auf jeden Fall in den Kindergarten, er soll später in der Schule keine Probleme bekommen, weil er nicht getauft ist. Schließlich wollen wir auch ein richtiges Fest feiern; denn diese Geburt, das ist schon ein ziemlicher Einschnitt in unserem Leben. Da wollen wir nicht so sang-und-klanglos zum Alltäglichen übergehen. Die Großeltern drängen ja auch schon, wann Tobias denn endlich getauft wird." 

Der Pfarrer fragt die Eltern, wie es denn mit ihrem eigenen Glauben steht. „Ach wissen Sie, wir sind keine Kirchgänger", sagen sie. „Man kann ja auch so ein ganz guter Mensch sein. Und was der Papst so sagt, da haben wir unsere eigene Meinung. Gott - ja, Gott muss es wohl geben. Man kann ja nicht wissen... Aber das machen wir mit uns selbst aus." 

Liebe Schwestern und Brüder, 
sie können sich denken, dass der Pfarrer ziemlich ratlos dasteht: „Was tue ich, wenn ich dieses Kind taufe?", fragt er sich. „Wird es wirklich in die Kirche eingegliedert? Wie soll das geschehen, wenn weder Eltern noch andere Familienmitglieder aus eigener Überzeugung das Glaubensbekenntnis für das Kind sprechen können? Taufe ich nur für eine schöne Familienfeier? Für Kirchensteuer und Kirchenstatistik? - Oder muss ich froh sein, dass dieses junge Paar überhaupt noch am Pfarrhaus schellt? Ist das heute nicht schon eine Art Bekenntnis zur Kirche? Darf ich den glimmenden Docht ganz auslöschen?"

Domkapitular Prälat Jürgen Nabbefeld (c) Foto Brigitta Gebauer

Fragen über Fragen:
Was ist uns die Taufe wert?
Welchen Stellenwert hat sie in unseren Gemeinden?
Was wissen wir über die Taufe und was bedeutet sie uns in unserem eigenen Leben?
- Das sind Fragen, auf die wir Antworten geben müssen. 

Wir bekennen die Taufe als Sakrament der Wiedergeburt.
WIEDERGEBURT - danach fragen und suchen heute viele Menschen. 
Sie möchten noch einmal von vorn beginnen, anders, bewusster, wahrer, ohne den ganzen Ballast ihrer Lebensgeschichte. 
Manche reisen dafür in Gedanken oder auch tatsächlich bis nach Indien.
Muss uns das nicht zu denken geben?
Während die Wiedergeburt bei vielen Menschen hoch im Kurs steht, sinkt die Wertschätzung unseres Sakramentes der Widergeburt. 
Warum bringen die Menschen ihre großen Lebenshoffnungen und Sehnsüchte nicht mehr mit dem christlichen Glauben zusammen?
Hat unsere Taufe den Bezug zum Leben verloren? 

Noch einmal von vorne beginnen, wie neugeboren... wir glauben, dass das in unserer Taufe geschehen ist. Nur erfahren wir das kaum noch, es kommt uns gar nicht mehr in den Sinn. Das ist unser Problem. Dabei haben wir doch alle schon Augenblicke erlebt, da „fühlten wir uns wie neugeboren". Es war, „als wären wir ein anderer Mensch geworden". Für viele war das so, als ihnen jemand begegnet ist „fürs Leben"?
Oder: Als uns in dunkler Stunde „ein Licht aufging"?
Oder: Als wir uns entschieden haben zu einem „Weg ohne Wenn und Aber"?
Oder: Als wir im Sakrament der Buße die Vergebung Gottes erfahren haben?

Oder wir haben Einbrüche erlebt, den drohenden Untergang - und sind doch wieder aufgetaucht, haben den Kopf über Wasser bekommen und Boden unter die Füße.
Solche Erfahrungen prägen uns, manchmal fürs ganze Leben. Wir kommen heraus wie neugeboren, wie ein anderer Mensch. 

Wie deuten wir solche Erfahrungen, wie verarbeiten wir sie?
Wes Geistes Kind sind wir, wenn wir wie neugeboren sind? 
Am Anfang des Christenlebens steht die Taufe aus dem Wasser und dem heiligen Geist. Der Geist Jesu eröffnet uns einen neuen, ungeahnten Lebensraum, er eröffnet uns Gott. ER ist der Schlüssel für unsere Erfahrungen, das Ziel unserer Sehnsüchte. 
Kann man merken, wes Geistes Kind wir sind? 
Wenn wir selbst entdecken, dass die Taufe uns eine einzigartige Chance schenkt, wie neugeboren zu leben, wird dieses Tor der Taufe für andere wieder auffindbar und lädt zum Eintreten ein. 

Liebe Schwestern und Brüder, 
wir sind alle getauft, zumeist als Kinder. War es das schon? Hoffentlich nicht! Die Taufe stellt sich uns als Lebensaufgabe.
Wann uns Gott aufgeht in den Umbrüchen und Aufbrüchen unseres Lebens und der Geschichte, wann wir Jesus entdecken als Herrn und Heiland unseres persönlichen Lebens, das haben wir nicht in der Hand. Doch wir können uns dafür bereit halten. 

Wenn wir in der kommenden Osternacht wieder das Taufversprechen erneuern, werden wir gefragt, wofür und wogegen wir sind: Pro und Kontra, Zusage und Absage. 
Wir Christen dürfen nicht zu allem Ja und Amen sagen, ebenso wenig wie Jesus in den Versuchungen seines Lebens. Wir sind getauft im Namen des Vaters und des Sohnes und des heiligen Geistes: 

Wer Gott als seinen Vater bekennt, den Schöpfer des Himmels und der Erde, braucht nichts und niemanden zu fürchten, auch keine wirtschaftliche und politische Macht, keine öffentliche Meinung. Er gewinnt den Mut, allen zu trotzen, die sich wie Herrgötter gebärden. 

Wer Jesus Christus als den Heiland und Erlöser der Welt bekennt, braucht auf keinen anderen Messias zu warten. Er weiß, in Jesus ist der Unterschied zwischen Gott und Mensch grundgelegt. Wir brauchen nicht länger wie Gott sein zu wollen, Gott sei Dank!
Von Gottes Gnaden können wir Mensch werden und Mensch bleiben. 

Taufe des Herrn: Gottesdienst mit Jürgen Nabbefeld, Lektorinnen und MinistrantInnen (c) Brigitta Gebauer 2020

Taufe des Herrn: Gottesdienst mit Jürgen Nabbefeld, MinistrantInnen und Lektorinnen - Fotos: Brigitta Gebauer