Schmuckband Kreuzgang

„Wir wollen eine Kirche des Teilens werden“

Bischof Kohlgraf präsentierte Vorschlag für künftigen Pastoralen Weg im Bistum Mainz

Diözesanversammlung 2018 (c) Bistum Mainz / Blum
Diözesanversammlung 2018
Datum:
So. 23. Sep. 2018
Von:
am (MBN)
Der Mainzer Bischof Peter Kohlgraf hat bei der Sitzung der Diözesanversammlung im Bistum Mainz einen Vorschlag für den künftigen Pastoralen Weg im Bistum Mainz präsentiert.

„Was ich Ihnen heute vorstelle, ist das Ergebnis meiner zahlreichen Gespräche und Begegnungen im Bistum Mainz in den vergangenen Monaten. Meine Vorstellungen sind noch nicht in Stein gemeißelt, da wir viele Details in den Gremien noch diskutieren müssen. Aber es zeigt, wohin der Pastorale Weg konkret gehen könnte; dies soll gleichzeitig die Grundlage für den weiteren Austausch in den Räten und Gremien der Diözese sein“, sagte Kohlgraf am Samstag, 22. September, im Ketteler-Saal des Erbacher Hofes in Mainz. Der Auftakt für die Umsetzung des Pastoralen Wegs im Bistum Mainz soll in der Fastenzeit 2019 erfolgen. 

Kohlgraf wies darauf hin, dass mit dem Pastoralen Weg auch eine theologische Neuorientierung einhergehe. „Wir wollen eine Kirche des Teilens werden, in der nicht nur Leben und Glauben, sondern auch Ressourcen und Verantwortung geteilt werden“, sagte er. Dafür brauche es eine „neue Kultur des Miteinanders“. „Wir wollen die Frage stellen: Was ist die innere Motivation für Menschen, dass sie glauben? Was motiviert sie, damit Kirche lebendig bleibt? Und wir als Kirche müssen uns fragen: Bekommen die Menschen das, was sie brauchen? Brauchen sie das, was sie bekommen? Wir wollen uns also grundlegend fragen: Was wollen wir als Kirche heute?“ Leitfigur für den Pastoralen Weg solle der heilige Martin sein, sagte Kohlgraf. 

Veränderte Rahmendaten

Der Bischof wies in seinem Vortrag auf sich verändernde Rahmendaten hin, „die man nicht ignorieren kann und mit denen man jetzt konstruktiv umgehen muss“: So werde sich der Zahl der aktiven Priester von derzeit 198 bis 2030 voraussichtlich auf 104 verringern. Auch die Zahl der Pastoralreferenten werde von derzeit 140 auf 101, die Zahl der Gemeindereferenten von 238 auf 153, die Zahl der hauptamtlichen Diakone von 28 auf zehn zurückgehen. Zudem rechne man für das Bistum Mainz mit demographischen Veränderungen: Schon jetzt gebe es beispielsweise in Rheinland-Pfalz mehr ältere Menschen als jüngere. 

Die Zahl der Katholiken werde von jetzt rund 730.000 bis 2030 voraussichtlich auf rund 650.000 zurückgehen, dazu werde die Kirchenbindung weiter abnehmen: „Die Zahl der Getauften schrumpft schneller als die Bevölkerung als Ganzes. Wir haben es nicht nur mit einem Mangel an Seelsorgern, sondern auch mit einer kleiner werdenden Gruppe von Gläubigen zu tun“, sagte Kohlgraf. Dies bedeute, dass auch die Kirchensteuereinnahmen von derzeit rund 220 Millionen Euro pro Jahr auf voraussichtlich unter 200 Millionen Euro sinken werden. Dies wolle er „nicht beklagen“, betonte Kohlgraf. „Vielmehr kommt es jetzt darauf an zu sagen, wie wir innerhalb dieser Rahmenbedingungen unser Glaubensleben positiv organisieren können.“ 

„Die Gemeinden vor Ort lebendig halten“ 

Mit dem Pastoralen Weg werde es daher auch strukturelle Veränderungen geben, sagte Kohlgraf. Sie zielten in erster Linie darauf hin, die „Gemeinden vor Ort lebendig zu halten“: „Die lokalen Gemeinden sollen Orte des christlichen Lebens im Bistum Mainz bleiben“, betonte er. Die Pfarreien werden sich aus mehreren dieser lokalen Einheiten zusammensetzen. „Die Pfarreien verstehe ich als Verwaltungseinheiten. Sie begleiten und unterstützen das Leben in den Gemeinden vor Ort“, sagte der Mainzer Bischof. Für diese Pfarreien schlug Kohlgraf zwei grundsätzliche Modelle vor: Neben „Pfarreien mit Mittelpunkt“ soll es künftig auch „Pfarreien aus Einzelgemeinden“ geben. Bei beiden Modellen werden die bisher bestehenden Pfarreien fusionieren, es werde nur noch einen Pfarrgemeinde- und einen Verwaltungsrat geben. Wichtig sei, dass die unterschiedlichen Kulturen in den Gemeinden bewahrt bleiben. 

Geleitet werden die Pfarreien von einem Pfarrer, da dies vom Kirchenrecht so vorgeschrieben sei, betonte der Bischof. Für die Pfarreien werde ein Team aus Seelsorgern gebildet, eine „tragende Säule“ werden zudem die Ehrenamtlichen vor Ort in den Gemeinden haben, sagte der Mainzer Bischof. Zu entscheiden sei auch noch, inwieweit hauptamtliche pastorale Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Gemeinden vor Ort an der Leitung beteiligt werden. Grundsätzlich kann sich Kohlgraf neue Leitungsmodelle vorstellen: So ist es nach dem katholischen Kirchenrecht möglich, dass Laien an Leitungsaufgaben teilnehmen (Canon 517, §2 CIC). Zudem werde es eine Entlastung in Verwaltungsangelegenheiten geben. Die größeren Räume seien eine Chance, „den Reichtum kirchlichen Lebens zu entdecken“. „Mit dem Prozess kann auch eine Verlebendigung des Glaubens einhergehen, sagte er. Bei der Umsetzung werde „viel davon abhängen, dass Menschen Verantwortung teilen, Verantwortung abgeben und anderen Verantwortung zutrauen“, sagte der Bischof. 

Dekanate erarbeiten Konzepte

Von Seiten des Bischöflichen Ordinariates werde vorgegeben, wie viele Pfarreien als Verwaltungseinheiten in den 20 Dekanaten des Bistums Mainz gebildet werden sollen. „Die Menschen in den Dekanaten vor Ort sollen selbst bestimmen, welches Modell für sie passend ist“, sagte er. Er gehe davon aus, dass es im Bistum Mainz künftig rund 60 Pfarreien geben werde, sagte Kohlgraf. Derzeit hat das Bistum Mainz 134 Pastorale Einheiten (Pfarrgruppen und Pfarreienverbünde). Bis zum Sommer 2021 soll in den Dekanaten das entsprechende Konzept vorliegen. Unterstützt werden die Dekanate von einem Moderator, die Umsetzung soll bis zum Jahr 2030 erfolgt sein. „Wir werden dabei mit Ungleichzeitigkeiten im Bistum Mainz leben müssen“, sagte Kohlgraf, möglicherweise werde es auch Modellpfarreien geben, in denen der Prozess beispielhaft umgesetzt werde. Für die Umsetzung des Pastoralen Weges ist im Bischöflichen Ordinariat Mainz zum 1. November eine Koordinierungsstelle eingerichtet worden, die von Pastoralreferent Dr. Wolfgang Fritzen geleitet wird. 

Stichwort: Diözesanversammlung

Die Diözesanversammlung des Bistums Mainz tritt in der Regel einmal im Jahr zusammen. Sie ist nach den Worten des früheren Bischofs von Mainz, Kardinal Karl Lehmann, so etwas wie eine „kleine Synode des Bistums“ mit seinen rund 730.000 Katholiken. Ihr gehören 122 Mitglieder an. Sie setzt sich unter dem Vorsitz des Bischofs aus den diözesanen Räten (Priesterrat, Katholikenrat und Konferenz der Dekane) und den Vertretern der Bistumsleitung zusammen. Hinzu kommen Vertreter der Orden, der Ständigen Diakone, der Pastoralreferentinnen und -referenten, der Gemeindereferentinnen und -referenten sowie des Diözesan-Caritasverbandes. Außerdem können bis zu sieben Persönlichkeiten hinzugewählt werden. Die Organe der Diözesanversammlung sind der Vorstand mit dem Bischof als Vorsitzendem, der Diözesan-Pastoralrat (eine Art Hauptausschuss) und neun Sachausschüsse, die bei der konstituierenden Sitzung gebildet wurden. Geschäftsführende Vorsitzende der Diözesanversammlung ist Dr. Hildegard Dziuk.