Schmuckband Kreuzgang

Gedanken zum 3. Sonntag der Osterzeit 2020

Pfarrer Martin Sahm macht sich Gedanken über die Glaubwürdigkeit unserer Worte

Mosaik
Mosaik "Christus in der Vorhölle"
Datum:
Mo. 27. Apr. 2020
Von:
Pfarrer Martin Sahm

Gedanken zum 3. Sonntag der Osterzeit 2020

von Pfr. Martin Sahm

           

Die Bibelstellen des Sonntages sind:

- 1. Lesung:    Apostelgeschichte 2, 14 + 22b-33

- 2. Lesung:    1. Petrusbrief 1, 17-21

- Evangelium: Johannesevangelium 21, 1-14

 

 

Einführung in den Gottesdienst

Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht, aber bei mir gibt es aktuell Momente, da kann ich das Wort „Corona“ nicht mehr hören. Nicht, weil ich den Kopf in den Sand stecken möchte, im Sinne von: „aus den Augen aus dem Sinn“, aber doch, weil das Virus vielleicht doch nicht das einzige Problem ist, das wir Menschen aktuell haben. Und auch, weil die Botschaft Jesu doch noch ganz anderes für uns bereit hält. Momentan kommen viele – gerade auch in der Kirche – nicht aus diesem Hamsterrad heraus. Und es bieten sich ja auch zahlreiche Anknüpfungspunkte:

200.000 Tote weltweit – und wir haben die Botschaft der Auferstehung;

Quarantäne und verschlossene Türen – und Jesus tritt in die Mitte seiner Jünger, obwohl die Türen verschlossen sind;

ab Montag: Maskenpflicht in manchen Bereichen des öffentlichen Lebens – doch unser Gott schaut uns nicht ins Gesicht: er schaut ins Herz.

Man könnte sagen, wir sind von der Botschaft Jesu bestens vorbereitet. Und dann kommt heute im Evangelium ein Satz, der wieder an all das erinnert, was momentan nicht geht: Jesus lädt seine Jünger zu einem Barbecue. Auf offenem Feuer grillt er frischen Fisch und von einem Mindestabstand ist nicht die Rede…

Ja, wir werden es aktuell wohl nicht schaffen, die Verkündigung der Botschaft Jesu von unserem Alltag zu trennen. Achten wir aber darauf, dass wir die Ermutigung dieser Worte nicht überhören. Und auch nicht die Hoffnung auf eine bessere Zukunft.

 

Predigt

Liebe Schwestern und Brüder,

die erste Lesung aus der Apostelgeschichte ist ein Abschnitt aus der Pfingstpredigt des Apostels Petrus. Schauen wir auf die damalige Situation: In Jerusalem wird gerade ein hohes jüdisches Fest begangen; die Stadt ist voller Menschen aus vielen verschiedenen Ländern. Die Jünger hatten sich bis jetzt aus Furcht vor den Juden und Römern im Verborgenen gehalten. Nun empfangen sie – wie Jesus es ihnen verheißen hat – den Hl. Geist und in dieser Kraft und Stärke können sie die schützenden Mauern verlassen. Sie treten plötzlich furchtlos auf, um die Botschaft von der Auferstehung Jesu Christi zu verkünden. Das allein ist schon schwierig genug. Doch Petrus macht die Situation noch komplizierter. Er beginnt seine Predigt mit dem Vorwurf: Ihr seid Mörder! Wörtlich sagt er: „Ihn Jesus […] den Gott vor euch beglaubigt hat […] habt ihr […] ans Kreuz geschlagen und umgebracht.“ Gewinnt man mit einer solchen Einleitung sein Publikum? Warum also sind die Menschen stehen geblieben und haben ihm weiter zugehört?

Die Evangelien der Osterzeit erzählen nicht nur von Gloria und vom Hosianna der Auferstehung, sie berichten auch davon, wie schwer es selbst den Jüngern gefallen ist, an die Auferstehung Jesu zu glauben. Selbst der Auferstandene musste echte Überzeugungsarbeit leisten: Er erklärt den Emmausjüngern die Schrift und bricht mit ihnen das Brot; er besucht sie durch verschlossene Türen; vom Apostel Thomas lässt er sich berühren; und im heutigen Evangelium isst er mit seinen Jüngern, damit sie erkennen: Er ist kein Geist, keine Einbildung, keine Wahn- oder Wunschvorstellung. Sie sollen erkennen: er ist wirklich auferstanden!

All das, was Jesus für seine Jünger tut, kann Petrus nicht „vorführen“. Zugleich weiß er aber, dass seine Worte und die der anderen Jünger hier nicht ausreichen werden. Darum versucht er, andere Autoritäten ins Feld zu führen und er nennt eine der größten jüdischen Autoritäten schlechthin: König David!

Das kleine Bild, dass ich Ihnen mitgeschickt habe, stammt aus einem griechischen Kloster. Das Kloster Hosios Lukas (oder auch Lukaskloster) ist eines der drei bedeutendsten byzantinischen Klöster Griechenlands. Es ist dem Eremiten Lukas geweiht, der an dieser Stelle im 10. Jahrhundert eine Einsiedelei errichtete. Dieses Bild zeigt nun ein Mosaik aus der Klosterkirche. Es zeigt die in der byzantinischen Kunst beliebte Szene: „Christus in der Vorhölle“. Das meint, dass der Gekreuzigte in die Vorhölle hinabsteigt, um Adam und Eva – und mit ihnen sinnbildlich die ganze Menschheit – zur Auferstehung zu führen. Das ungewöhnlich an diesem Bild ist jedoch, dass hier auf der linken Seite zwei Personen dargestellt sind; unbeteiligt an der Handlung sind sie sozusagen Zeugen des Geschehens. Diese beiden sind die Könige David und Salomo. Und genau diesen König David führt auch Petrus als Zeugen an. Als Autorität für seine Predigt. Allen seinen Zuhörern ist David bekannt und alle ehren ihn. Auch den Psalm Davids, den Petrus zitiert, haben alle gekannt. Doch Petrus lässt ihn nicht einfach bestehen, sondern deutet ihn um. „Schon David hat vor 1000 Jahren von der Auferstehung Jesu gesprochen; auch er ist also ein Zeuge, so wie es wir Jünger sind.

Versetzen wir uns doch einmal kurz in die Rolle des Petrus, nur nicht damals, sondern heute:

Wie würden wir heute unseren Mitmenschen gegenüber argumentieren? Welche Autoritäten würden wir ins Feld führen, in einer Zeit, in der durch Fake-News oder Verschwörungstheorien Informationen schneller verbreitet werden, als durch fundierte wissenschaftliche Arbeit?

Klar, die Grundlage ist für uns die heilige Schrift und die Tradition der Überlieferung. Die Evangelisten und auch die Worte der Apostel. Vielleicht noch ein Kirchenvater? Oder auch einer der großen Charismatiker unserer Zeit? Frère Roger zum Beispiel? All das ist möglich, aber es wird nicht reichen. Unsere Zeit ist extrem skeptisch gegenüber von Autoritäten. Es werden nur welche zugelassen, die die eigene Meinung vertreten, aber auch sonst nicht den kleinsten grauen Fleck auf ihrer weißen weste haben. Der kleinste Punkt genügt oft, um eine ganze Person als Autorität abzulehnen. Und wer kann das schon von sich behaupten?

Nun, hier kommen wir ins Spiel, genauso wie Petrus: Wir höchst selbst sind die beste Autorität, um die Glaubwürdigkeit unserer Worte zu unterstreichen. Die Menschen müssen spüren, dass wir nicht etwas im Kalender abhaken, wenn wir sonntags zur Kirche kommen. Die Menschen müssen spüren, dass wir von uns reden, wenn unser Glaube zur Sprache kommt. Nicht im Sinne von: „ich bastel’ mir meinen Glauben selbst“; aber sehr wohl als „so gestaltet mein Glaube an Christus mein Leben“!

Liebe Schwestern und Brüder, nichts kann unsere Worte glaubwürdiger machen als unser ganz persönliches Zeugnis. Manchmal gelingt das besser; mal schlechter. Aber das ist nicht wichtig. Wir müssen keine Heiligen sein, um ein glaubwürdiger Zeuge der Auferstehung zu sein. Aber die Menschen müssen sehen können, dass wir anders Leben. Dass die Auferstehung Jesu uns Kraft gibt, wo die anderen nicht mehr weiter wissen.