Schmuckband Kreuzgang

Pfarrer Göttles Wort zum 15. Sonntag im Jahreskreis

Datum:
Fr. 10. Juli 2020
Von:
Pfarrer Rudolf Göttle

Pfarrer Göttles Worte zu den Lesungen und zum Evangelium des 15. Sonntags im Jahreskreis:

Zur 1. Lesung (Jes 55, 10-11)

Das hören wir nach jeder Lesung in der Hl. Messe: „Wort des lebendigen Gottes“! Aber hören wir „Worte Gottes“? Wir hören Worte, Gedanken, Gefühle und Widerfahrnisse von Menschen – mit welchem Recht kann man sie als Gottes Worte bezeichnen? – Die Theologen, die für das Alte, und dann auch die, die für das Neue Testament festgelegt haben, welche Bücher in den Kanon der (jeweiligen) Bibel kommen, haben es sich nicht leicht damit gemacht, darüber gab es oft ein jahrhundertelanges (!) Ringen. Im Neuen Testament gibt es 27 einzelne Bücher und erst in der Mitte des 4. Jh. (!) gilt das seitdem verbindlich!

Was wir in der Bibel, ob AT oder NT, lesen und hören, sind Erfahrungen von Menschen, die ihre Geschichte mit Gott in Verbindung bringen und so „im Licht des Glaubens“ deuten. Das darf man nicht nur, dadurch wird das Vertrauen auf eine überirdische Macht eine konkrete Lebensüberzeugung, die das Leben ent-scheidend beeinflussen, prägen und leiten will. WICHTIG dabei ist aber immer, dass nicht einzelne Passagen und Sätze „herausgerissen“ werden – wenn wir davon überzeugt sind, dass sich in menschlichen Erfahrungen, Vorstellungen und Sehnsüchten tatsächlich ein Gott zu erkennen gibt, dann lässt sich nur in der Gesamtheit der Aussagen (!!) eine Richtung erkennen, was dieser Gott von uns will, was er uns „sagen“ will, damit unser (aller!) Leben gelingt.

Selbst bei den Aussagen Jesu – der ja für uns Christen Gottes „fleischgewordenes Wort“ ist – müssen wir immer mitbedenken, dass Jesus selbst nichts aufgeschrieben hat, sondern die Evangelisten erst 40 Jahre nach seiner Auferstehung damit anfangen!

Der Abschnitt aus dem Propheten Jesaja ist wegen des Motivs des „Sämanns“ für heute ausgewählt worden. Wir hören, dass das, was Gott „sagt“, seine eindeutige Wirkung hat. Aber woran können wir erkennen, was „wirklich“ im Leben „von Gott kommt“?

Ich habe mal wesentliche Dimensionen des Hl. Geistes / Gottes zusammengestellt: Der Heilige Geist verstößt nie gegen die Liebe, schenkt Ruhe, Kraft und Sicherheit, lässt reifen und wachsen, gibt Anstöße zum Tätig-Werden, macht sensibel für Unrecht, führt zu Vergebung, Versöhnung und Gemeinschaft (letztlich mit allen Menschen!), führt zum Wesentlichen hin, und führt letztlich zu Jesus Christus hin.

Wenn wir mögen, können wir darüber nachdenken, was meine Aussagen bei anderen bewirken sollen?

Glaube ich daran, dass negative Äußerungen Positives bewirken können?

Lesung aus dem Buch Jesaja:

So spricht der Herr: „Wie der Regen und der Schnee vom Himmel fällt und nicht dorthin zurückkehrt, sondern die Erde tränkt und sie zum Keimen und Sprossen bringt, wie er dem Sämann Samen gibt und Brot zum Essen, so ist es auch mit dem Wort, das meinen Mund verlässt: Es kehrt nicht leer zu mir zurück, sondern bewirkt, was ich will, und erreicht all das, wozu ich es ausgesandt habe.“

Zur 2. Lesung (Röm 8, 18-23)

Kinder Gottes“ zu sein, fasst den Auftrag des Menschen – für Gläubige – sehr schön und konkret zusammen: Dann leben wir so, wie wir von Gott her gemeint und gewollt sind (genau dafür ist Jesus Christus ja in die Welt gekommen, vgl. Joh 1, 9-12: „Das wahre Licht, das jeden Menschen erleuchtet, kam in die Welt. Er [Jesus Christus] war in der Welt und die Welt ist durch ihn geworden, aber die Welt erkannte ihn nicht. Er kam in sein Eigentum, aber die Seinen nahmen ihn nicht auf. Allen aber, die ihn aufnahmen, gab er Macht, Kinder Gottes zu werden, allen, die an seinen Namen glauben.“).

Paulus sagt uns heute, dass unser Auftrag nicht nur darin besteht, Kinder Gottes zu sein bzw. zu werden, sondern dass sich dadurch die Welt verändert wird und soll: Wenn wir Menschen versuchen, alles zu überwinden / wegzulassen, wodurch durch uns Leid, Angst und Not in diese Welt kommt (= durch menschlichen Egoismus!), dann bauen wir daran, dass die Welt ein besserer Ort zum Leben aller wird. Was wir für diesen Kampf v.a. brauchen, ist Hoffnung.

Lesung aus dem Brief des Apostels Paulus an die Römer:

Liebe Schwestern und Brüder!

„Ich bin überzeugt, dass die Leiden der gegenwärtigen Zeit nichts bedeuten im Vergleich zu der Herrlichkeit, die an uns offenbar werden soll. Denn die ganze Schöpfung wartet sehnsüchtig auf das Offenbarwerden der Kinder Gottes.

Die Schöpfung ist der Vergänglichkeit unterworfen, nicht aus eigenem Willen, sondern durch den, der sie unterworfen hat; aber zugleich gab er ihr Hoffnung: Auch die Schöpfung soll von der Sklaverei und Verlorenheit befreit werden zur Freiheit und Herrlichkeit der Kinder Gottes.

Denn wir wissen, dass die gesamte Schöpfung bis zum heutigen Tag seufzt und in Geburtswehen liegt. Aber auch wir, obwohl wir als Erstlingsgabe den Geist haben, seufzen in unserem Herzen und warten darauf, dass wir mit der Erlösung unseres Leibes als Kinder offenbar werden.“

Zum Evangelium (Mt 13, 1-23)

Jesus hat viele seiner Botschaften in Form von Gleichnissen verkündet – im heutigen Abschnitt aus dem Matthäus-Evangelium erklärt er selbst, warum. Dadurch können ihn seine Zuhörer besser verstehen, wenn sie in praktischen Bildern Aussagen vermittelt bekommen, die sie sich aber selber durch Nachdenken erschließen müssen. Jesus nimmt also alltägliche Erfahrungen und macht daraus eine tiefgründige Geschichte, die jeder Zuhörer verstehen kann und deren Sinn er selbst erkennen soll!

Wir hören gleich, dass Jesus vier Gruppen identifiziert, wie man mit seiner Botschaft umgehen kann – zu welcher gehöre ich?

  • auf den Weg“ = Wenn ein Mensch das Wort vom Reich (Gottes) hört und es nicht versteht, d.h. nicht darauf eingeht, dann „kommt der Böse und nimmt alles weg, was diesem Menschen ins Herz gesät wurde“.
  • auf felsigen Boden“ = Damit sind die gemeint, die sofort Feuer und Flamme“ sind, aber der Glaube hat keine Wurzeln / keine Tiefe, daher gibt es keinen Halt, und wenn es beschwerlich wird (= „die Sonne hochaufsteigt“), dann „verdorrt“ alles schnell.
  • in die Dornen“ = Man hört die Botschaft Jesu zwar, aber die „Sorgen dieser Welt und der trügerische Reichtum“ ersticken es. Anderes ist doch wichtiger und so wird der Glaube verdrängt und kann keine Früchte bringen.
  • auf gutem Boden“ = Das Wort Gottes hören, es verstehen und danach handeln (!). Dadurch geschieht das, worum es (Jesus) eigentlich geht: Veränderung, (gute) Früchte bringen, d.h. es entsteht etwas, es wächst etwas, was vorher nicht da war und was die Menschen zum Leben brauchen (Güte, Dankbarkeit, Versöhnung, Gemeinschaft, Teilen, Hoffnung, etc.)! Und es werden mindestens 30-fach Früchte!

Worauf müssen wir also achten?

  • Dass wir das Wort Gottes überhaupt hören (Bibel, Gottesdienst) bei dem Lärm unseres Lebens und unserer Welt,
  • und dass wir es verstehen! Was brauchen wir dafür?
    • Austausch mit anderen = Vertrauen, über das zu sprechen, was schwierig ist, immer wieder!
    • Und: regelmäßig Zeiten der Stille, des Nachdenkens und des Fragens: „Was willst du, lieber Gott, da von mir?“
  • Und wir müssen „als neue Menschen leben“ (vgl. Eph 4, 22-24)!

Aus dem heiligen Evangelium nach Matthäus:

„An jenem Tag verließ Jesus das Haus und setzte sich an das Ufer des Sees. Da versammelte sich eine große Menschenmenge um ihn. Er stieg deshalb in ein Boot und setzte sich; die Leute aber standen am Ufer. Und er sprach lange zu ihnen in Form von Gleichnissen. Er sagte:

Ein Sämann ging aufs Feld, um zu säen. Als er säte, fiel ein Teil der Körner auf den Weg und die Vögel kamen und fraßen sie.

Ein anderer Teil fiel auf felsigen Boden, wo es nur wenig Erde gab, und ging sofort auf, weil das Erdreich nicht tief war; als aber die Sonne hochstieg, wurde die Saat versengt und verdorrte, weil sie keine Wurzeln hatte.

Wieder ein anderer Teil fiel in die Dornen und die Dornen wuchsen und erstickten die Saat. Ein anderer Teil schließlich fiel auf guten Boden und brachte Frucht, teils hundertfach, teils sechzigfach, teils dreißigfach. Wer Ohren hat, der höre!

Da kamen die Jünger zu ihm und sagten: Warum redest du zu ihnen in Gleichnissen? Er antwortete:

Euch ist es gegeben, die Geheimnisse des Himmelreichs zu erkennen; ihnen aber ist es nicht gegeben. Denn wer hat, dem wird gegeben, und er wird im Überfluss haben; wer aber nicht hat, dem wird auch noch weggenommen, was er hat. Deshalb rede ich zu ihnen in Gleichnissen, weil sie sehen und doch nicht sehen, weil sie hören und doch nicht hören und nichts verstehen.

An ihnen erfüllt sich die Weissagung Jesajas: Hören sollt ihr, hören, aber nicht verstehen; sehen sollt ihr, sehen, aber nicht erkennen. Denn das Herz dieses Volkes ist hart geworden und mit ihren Ohren hören sie nur schwer und ihre Augen halten sie geschlossen, damit sie mit ihren Augen nicht sehen und mit ihren Ohren nicht hören, damit sie mit ihrem Herzen nicht zur Einsicht kommen, damit sie sich nicht bekehren und ich sie nicht heile. Ihr aber seid selig, denn eure Augen sehen und eure Ohren hören.

Amen, ich sage euch:

Viele Propheten und Gerechte haben sich danach gesehnt zu sehen, was ihr seht, und haben es nicht gesehen, und zu hören, was ihr hört, und haben es nicht gehört. Hört also, was das Gleichnis vom Sämann bedeutet.

Immer wenn ein Mensch das Wort vom Reich hört und es nicht versteht, kommt der Böse und nimmt alles weg, was diesem Menschen ins Herz gesät wurde; hier ist der Samen auf den Weg gefallen.

Auf felsigen Boden ist der Samen bei dem gefallen, der das Wort hört und sofort freudig aufnimmt, aber keine Wurzeln hat, sondern unbeständig ist; sobald er um des Wortes willen bedrängt oder verfolgt wird, kommt er zu Fall.

In die Dornen ist der Samen bei dem gefallen, der das Wort zwar hört, aber dann ersticken es die Sorgen dieser Welt und der trügerische Reichtum und es bringt keine Frucht.

Auf guten Boden ist der Samen bei dem gesät, der das Wort hört und es auch versteht; er bringt dann Frucht, hundertfach oder sechzigfach oder dreißigfach.“