15. Sonntag Lesejahr A - Pfr. Schäfer

Datum:
So. 13. Juli 2014
Von:
Pfr. Stefan Schäfer

15. Sonntag Lesejahr A - Pfr. Schäfer

 

Liebe Schwestern und Brüder,

Wie mag es diesem Sämann aus Jesu Gleichnis wohl zumute sein?
Er hat sich angestrengt und alles Mögliche unternommen. Was er besaß, hat er auf´s Spiel gesetzt und das Saatgut auf dem Acker ausgebracht.
Nun muss er ohnmächtig zusehen, wie das zerstört zu werden droht, was er an Gutem ausgesät hat:
Die Vögel fallen ein und sie werden wiederkommen, stündlich und täglich,
Menschen trampeln auf seinem Feld herum, als ob sie keine Augen hätten und nicht genau wissen könnten, was sie da verwüsten,
und Unkraut droht alles zu ersticken.
Vielleicht steigt dann Angst in diesem Sämann auf: die Angst, es könnte am Ende alles verloren sein und die Sinnlosigkeit könnte das letzte Wort behalten.

Man kann die Welt so sehen. Gründe dafür gibt uns das Leben genug: mit dem ständigen Blick auf das, was verloren geht, was zertreten oder erstickt wird. Und man kann angesichts dessen, was an Gutem immer wieder scheitert und vergeblich gewesen zu sein scheint, im Großen und im Kleinen, in der Welt und im eigenen Leben, jedes Vertrauen verlieren. Jedes Vertrauen, dass es sich lohnt, etwas zu riskieren und sich einzusetzen. Sind die Kräfte der Zerstörung, ist die Sinnlosigkeit am Ende nicht übermächtig? Ist am Ende nicht alles umsonst?

Unmittelbar vor unserem heutigen Text berichtet das Mathäusevangelium, dass seine Familie aus Nazareth gekommen sei, um Jesus nachhause zu holen. Sie ahnen schon, dass die ganze Sache nicht gut ausgehen wird. Und nach einer langen Reihe von Gleichnissen, die sich an das Sämannsgleichnis anschließen werden, erfahren wir, dass man tatsächlich Anstoß an ihm nimmt.
In einer ganz bestimmten Situation seines Lebens also: als nach dem hoffnungsvollen Aufbruch in Galiläa sich die ersten bedrohlichen Schatten zeigen, sich der Widerstand formiert und immer deutlicher wird, dass man ihn ablehnen wird, als das mögliche Scheitern sich abzeichnet, erzählt Jesus das Gleichnis vom Sämann.
Er erzählt es um der überraschenden Pointe willen, die einen Wechsel der Perspektive herbeiführen soll:
Nicht auf das zu starren, was alles vergeblich ist. Nicht gebannt dabei stehenzubleiben.

Es ist als wolle er den resignierenden Jüngern sagen: Fasst doch Vertrauen!
Ihr müsst nicht ständig darauf achten, wie viel verlorene Liebesmühe, wie viel Scheitern, wie viel an Tragischem es im Leben gibt. Ihr werdet schließlich, wenn ihr nur tief genug in den Abgrund schaut, noch einmal die Hand sehen, die alles trägt und alles schuf. Unterhalb des dunklen Abgrunds eurer Angst und Verzweiflung vor der Sinnlosigkeit, werdet ihr den Händen eures Vaters begegnen, denen nichts verloren geht.
Unsere menschliche Erfahrung vermag solches Vertrauen niemals zu beweisen. Erst der Sprung in den Glauben lässt ahnen:
Dass auch die Vergeblichkeiten unseres menschlichen Bemühens noch einmal umgriffen sind von der unbedingten Zusage Gottes, den Menschen nicht verlorengehen zu lassen.
Mag der Erfolg ausbleiben, ein Ertrag nicht sichtbar sein - was wir Gott überlassen, ihm übergeben, ist nicht vernichtet. Er kommt auch in den Fragmenten, den Bruchstücken unseres Lebens noch zum Zug.

Selbst wenn das eigenen Leben uns noch so winzig vorkommt, ohne Ertrag, unfruchtbar und ohne Bedeutung, hält Jesus uns entgegen: dass Gott uns nicht geschaffen und dem Acker der Erde anvertraut hätte, wenn er nicht etwas Bestimmtes mit uns planen würde. Wenn wir manchmal meinen, es könne keinen Sinn haben, dass wir auf der Erde sind und in Zeiten der Depression keinen Grund zu irgendeiner Hoffnung sehen, sollten wir Gott doch zutrauen, dass wir nicht ohne Absicht und Plan und ohne eine unverlierbare Würde dem Leben anvertraut sind. Bei ihm hat unser Leben Lohn, Ertrag, und Wert, oft hundertmal mehr als wir ahnen.

Auch den beiden jungen Männern, die heute im Mainzer Dom zu Priestern geweiht worden sind - zwei Priesterweihen, auch angesichts dieser Zahl könnte man ja in Versuchung zur Resignation geraten - möchte man wünschen, dass sie ihren Dienst in diesem Vertrauen antreten. Und dass sie dieses Vertrauen in die Herzen der Menschen aussäen, zu denen sie gesandt sind:

Dort, wo Gott dich hingestellt hat und wo du in seiner Nachfolge dich mühst, wird es durchaus immer wieder so sein, dass nicht alles aufgeht, was du säst. Du wirst die Vergeblichkeit und das Scheitern kennenlernen. Aber Gott wird in dir trotz deiner Begrenzungen , ja er wird vielleicht gerade in deinem Scheitern, selbst noch in Versagen und Schuld zum Zuge kommen.
Er wird Frucht aufgehen lassen auf dem manchmal dornigen Feld deines Lebens: hundertfach, oder sechzigfach, vielleicht auch nur dreißigfach. Aber immer mehr und anders als du es dir in Stunden der Resignation erwartet hast.
Bring also das Saatgut aus, das dir gegeben ist, versuch es zu teilen. Ohne zu rechnen. Ohne zu planen. Voll Vertrauen und voller Wagemut. Als ein Sohn, eine Tochter des Herrn über alle Ernten der Welt.

Amen