15. Sonntag im Jahreskreis - Pfr. Stefan Schäfer

Datum:
So. 16. Juli 2017
Von:
Pfr. Schäfer

15. Sonntag im Jahreskreis - Pfr. Stefan Schäfer

Liebe Schwestern und Brüder,
Wie mag es diesem Sämann aus Jesu Gleichnis wohl zumute sein?
Er hat sich angestrengt und alles Mögliche unternommen. Was er besaß, hat er auf´s Spiel gesetzt und das Saatgut auf dem Acker ausgebracht.
Nun muss er ohnmächtig zusehen, wie das zerstört zu werden droht, was er an Gutem ausgesät hat:
Die Vögel fallen ein und sie werden wiederkommen, stündlich und täglich,
Menschen trampeln auf seinem Feld herum, als ob sie keine Augen hätten und nicht genau wissen könnten, was sie da verwüsten,
und Unkraut droht alles zu ersticken.
Vielleicht steigt dann Angst in diesem Sämann auf: die Angst, es könnte am Ende alles verloren sein und die Sinnlosigkeit könnte das letzte Wort behalten.
Man kann die Welt so sehen. Gründe dafür gibt uns das Leben genug: mit dem ständigen Blick auf das, was verloren geht, was zertreten oder erstickt wird. Und man kann angesichts dessen, was an Gutem immer wieder scheitert und vergeblich gewesen zu sein scheint, im Großen und im Kleinen, in der Welt und im eigenen Leben, jedes Vertrauen verlieren. Jedes Vertrauen, dass es sich lohnt, etwas zu riskieren und sich einzusetzen. Sind die Kräfte der Zerstörung, ist die Sinnlosigkeit am Ende nicht übermächtig? Ist am Ende nicht alles umsonst?
Unmittelbar vor unserem heutigen Text berichtet das Mathäusevangelium, dass seine Familie aus Nazareth gekommen sei, um Jesus nachhause zu holen. Sie ahnen schon, dass die ganze Sache nicht gut ausgehen wird. Und nach einer langen Reihe von Gleichnissen, die sich an das Sämannsgleichnis anschließen werden, erfahren wir, dass man tatsächlich Anstoß an ihm nimmt.
In einer ganz bestimmten Situation seines Lebens also: als nach dem hoffnungsvollen Aufbruch in Galiläa sich die ersten bedrohlichen Schatten zeigen, sich der Widerstand formiert und immer deutlicher wird, dass man ihn ablehnen wird, als das mögliche Scheitern sich abzeichnet, erzählt Jesus das Gleichnis vom Sämann.
Er erzählt es um der überraschenden Pointe willen, die einen Wechsel der Perspektive herbeiführen soll:
Nicht auf das zu starren, was alles vergeblich ist. Nicht gebannt dabei stehenzubleiben.
Es ist als wolle er den resignierenden Jüngern sagen: Fasst doch Vertrauen!
Ihr müsst nicht ständig darauf achten, wie viel verlorene Liebesmühe, wie viel Scheitern, wie viel an Tragischem es im Leben gibt. Ihr werdet schließlich, wenn ihr nur tief genug in den Abgrund schaut, noch einmal die Hand sehen, die alles trägt und alles schuf. Unterhalb des dunklen Abgrunds eurer Angst und Verzweiflung vor der Sinnlosigkeit, werdet ihr den Händen eures Vaters begegnen, denen nichts verloren geht.

Unsere menschliche Erfahrung vermag solches Vertrauen niemals zu beweisen. Erst der Sprung in den Glauben lässt ahnen:
Dass auch die Vergeblichkeiten unseres menschlichen Bemühens noch einmal umgriffen sind von der unbedingten Zusage Gottes, den Menschen nicht verlorengehen zu lassen.
Mag der Erfolg ausbleiben, ein Ertrag nicht sichtbar sein - was wir Gott überlassen, ihm übergeben, ist nicht vernichtet. Er nimmt sich der Fragmente, der Bruchstücke unseres Lebens an.
Dort, wo Gott uns hingestellt hat wird es deshalb durchaus immer wieder so sein, dass nicht alles aufgeht, was wir aussäen. Es gibt die Vergeblichkeit und das Scheitern. Aber es gibt auch die Erfahrung, dass Gott trotz unserer Begrenzungen, manchmal gerade in unserem Scheitern und wenn unsere Pläne nicht so gelingen, wie wir es uns vorgestellt hatten und selbst noch in Versagen und Schuld zum Zuge kommt.
Bei ihm hat unser Leben Lohn, Ertrag und Wert. Mehr als wir ahnen.
Er wird Frucht aufgehen lassen auf dem manchmal dornigen Feld unseres Lebens: hundertfach, oder sechzigfach, vielleicht auch nur dreißigfach. Aber immer mehr und anders als wir es uns in Stunden der Resignation erwartet haben.
Bringen wir also das Saatgut aus, das uns gegeben ist, versuchen wir, es zu teilen und es dem Acker der Erde anzuvertrauen. Ohne zu rechnen. Großzügig. Ohne Angst vor Verlusten. Voll Vertrauen und voller Wagemut. Als ein Sohn, eine Tochter des Herrn über alle Ernten der Welt.
Amen