5. Sonntag im Jahreskreis: Fastnachtspredigt 2016 - Pfr. Schäfer

Datum:
So. 7. Feb. 2016
Von:
Pfr. Schäfer

5. Sonntag im Jahreskreis: Fastnachtspredigt 2016 - Pfr. Schäfer
Lesung: Gen 18, 1-10, Evangelium: Lk 5,1-11

Dem Anfang wohnt ein Zauber inne,
dass alles noch mal neu beginne
und ganz gleich, was die Leute meinen,
Wunder wieder möglich scheinen.

So sollten wir die Szene seh´n,
von der uns Lukas heute spricht:
getaucht wie in das Morgenlicht,
als würd´die Sonne grad aufgeh´n,
wenn ein ganz neuer Tag anbricht.

Mit Fischern, die am Ufer saßen,
fing damals etwas Neues an,
die ihre Müdigkeit vergaßen,
als einer zu den Booten kam,
ein Fremder, den sie noch nicht kannten,
doch bald schon ihren Meister nannten.

Auf sein Wort hin fuhren sie hinaus
und warfen ihre Netze aus.
Sie wussten nicht, dass der, der eben
Sich in ihr kleines Boot verirrt,
sehr bald nicht nur ihr eig´nes Leben,
sondern die Welt verändern wird.

Nur Petrus ahnt schon, tief erschrocken:
Der, der da plötzlich vor ihm steht,
will ihn auf einen Weg verlocken, 
der über seine Kräfte geht.

Als er vor ihm zusammenbricht,
sagt Jesus dieses eine Wort,
das seitdem leuchtet wie ein Licht
und bis in un´re Zeiten fort:
„Ach, Petrus, fürchte dich doch nicht!"

Vielleicht erschien Euch das jetzt länglich,
es war jedoch ganz unumgänglich.
Erst die gelehrte Exegese
begründet schließlich meine These:
Wie ich das Evangelium lese,
ruft es uns auf, nicht zu verzagen,
auch heute Aufbrüche zu wagen,
uns nicht der Angst zu überlassen
und dort, wo´s schwer wird, Mut zu fassen.

Womit ich jetzt, Ihr ahnt es schon,
beim Thema bin: Integration,
das ist nicht wirklich zu bestreiten,
bereitet derzeit Schwierigkeiten.
Landauf, landab am Stammtisch sitzen
„Experten" und man diskutiert,
bis die Gemüter sich erhitzen
und man am Schluss ganz irre wird.
Um des lieben Friedens willen
hab drum `nen Vorschlag ich skizziert,
der helfen wird, den Streit zu stillen,
weil er ganz einfach funktioniert.
Den trage ich Euch, seid ganz Ohr,
jetzt in aller Kürze vor:

Das Grundgesetz versteht ja nicht,
wer hauptsächlich arabisch spricht,
doch wär´vielleicht das deutsche Wesen
für Flüchtlinge aus aller Welt
an Vorbildern leicht abzulesen,
die man ihnen vor Augen hält.

Das ist z.B. unser weiser,
allseits beliebter deutscher Kaiser.

Er spielte einst den Libero.
Im Stadion. Dann auch anderswo.

Gesteht er einen Fehltritt ein,
dann kann man ihm nicht böse sein,
weil er, wenn er lächelnd spricht,
fast ausschließlich mit Charme besticht.

`Ne Lichtgestalt in dunkler Zeit.
Er steht für Treu und Redlichkeit.

Schaun mer mal, wie´s weitergeht . . .

Das Logo, welches Ihr jetzt seht,
steht für deutsche Qualität:

verlässlich, sparsam und, na logisch,
umweltfreundlich, ökologisch,
ist, was hier Ingenieurskunst schafft,
ganz einfach weltweit vorbildhaft.

Wenn aber doch mal Feinstaub rieselt
aus dem Auspuff, weil er dieselt,
kommt erst wirklich an den Tag,
was Erfindungsgeist vermag:

Weil nämlich Kohlendioxid
Erderwärmung nach sich zieht,
weshalb die Eisberge jetzt tauen
und Stürme sich zusammenbrauen
an Land und auch auf hoher See,
beschließt der Vorstand von VW:

Damit sich bald die Emissionen
uns´rer Aktien wieder lohnen,
bringen wir zum Klimawandel 
neue Autos in den Handel.

Man staunt bei Honda und Subasu:
Statt Shirokko und Passat kommt nun,
ganz ohne Rußfilter und ASU
aus Wolfsburg neu der „Golf Taifun".

So geht Fortschrittstechnologie
der Marke „Made in Germany"!

Für Premiumkunden exquisit
liefert man ein Navi mit.
Das steuert, weil man da nicht spart,
in die Zukunft auf `ner Geisterfahrt.
Habt Ihr das Prinzip verstanden?
So schulen wir die Asylanten:
Auf dass auch sie nach Werten streben,
nach denen wir hier alle leben,
erläutern wir in Wort und Bild,
was als deutsche Tugend gilt.

Pünktlichkeit kommt hier gut an.
Das sieht man an der Bundesbahn.


Bei Ehrgeiz, Fleiß und Disziplin
kommt Kevin Großkreuz in den Sinn 


Man ist solide, wie ein Bänker,
grundehrlich, wie ein Wirtschaftslenker
und fügt sich gern den Bürgerpflichten
wie klaglos Steuern zu entrichten.

Ein Beispiel, ein besonders schönes,
sei hier genannt: der Uli Höneß

 

Seit Neustem ist man hierzuland
auch noch weltoffen, tolerant.

So wird in Mainz der Schengenraum
-für manche ist´s ein böser Traum -
nach Wiesbaden hin ausgebaut,
damit der Flüchtlingsstrom nicht staut,
der von Schierstein aus sich unentwegt
zum Rosenmontagszug bewegt.

Die Fremden, die durch Mombach irren,
muss man dort erst mal registrieren.

Man überprüft zu diesem Zweck,
ob´s Zugplakettche abgelaufen.
Dann erst gibt´s den Begrüßungsweck.
(Die Fleischwurst muss man selber kaufen.)

Die ohne die Plakette reisen
-gültig nur vom MCV-
sind unverzüglich auszuweisen.
Das nehmen wir hier sehr genau.

Die andern, das ist beispielhaft
für uns´re Lebensart am Rhein,
erweisen wir hier Gastfreundschaft.
Nicht jeder kann ja Mainzer sein!

Wenn Ihr deshalb in diesen Tagen
einen verirrten Hessen seht,
verschüchtert wagt er kaum zu fragen,
wo denn nun der Zug langgeht,
dann ruft ihm zu, ruhig Mut zu fassen
-leben heißt, and´re leben lassen-
und zeigt ihm, er ist ganz gerührt,
den Weg, der ihn nach Finthen führt.

Ihr merkt: mein Kurs zur Leitkultur
gewinnt allmählich an Kontur.

Bescheiden nenne ich ihn gern
den Plan A2, aber mit Stern!

Es blicken im Migrantenheim
die Leute tief beeindruckt drein,
wenn ich, um Ehrfurcht einzuflößen,
dann auch noch deutsche Geistesgrößen,
aufzähle, schön der Reihe nach:
Kant, Goethe, Schiller, Nietzsche, Bach,
Lessing, den Gotthold und die Doris
und natürlich: Bum Bum Boris.

 

Vergess´ nicht, bei den Komponisten
den allergrößten aufzulisten:
Beethoven, den der Intendant
des Staatstheaters kurzerhand
unlängst ins Programm genommen.

Bei mir ist das gut angekommen!

Und weil der große Komponist
schlecht hörte, wie Ihr sicher wisst,
ließ man die Hymne werktreu singen,
das heißt vor allem: ziemlich laut!
Bei Manchen ist nur durchzudringen,
wenn man sich aus der Deckung traut
und Haltung zeigt, vor allen Dingen.

Wie man da auf die Pauke haut,
war den Meisten dort vor dem Gebäude
`ne echte Hymne an die Freude!

Dem Wahren, Guten und dem Schönen
fühlt man sich bei uns verpflichtet.
Damit sich alle eingewöhnen
im Volk, das denkt und das auch dichtet,
zeig ich noch, dass man begreife:
wir sind hier `ne Kulturnation,
das Dschungelcamp in Endlosschleife,
gnadenlos in Bild und Ton.

 

 Da ruft dann manch gestand´ner Mann
die Tante in Marokko an:
„Das hält man ja im Kopf nicht aus!
Ich kann nicht mehr! Hol mich hier raus!"

Wer aber doch nicht mürbe wird,
darauf läuft mein Konzept hinaus,
gilt, weil der Mainstream ja nicht irrt,
von Stund´ an als voll integriert.

Der Masterplan, den ich skizziert,
bekommt, was er verdient: Applaus!
Weil man mit mir jetzt diskutiert,
lädt Anne Will den Bosbach aus.

Nur Julia Klöckner schweigt pikiert
und zieht das hübsche Näschen kraus,
weil jetzt so mancher konstatiert:
So sachkundig und so durchdacht,
hat sie das ja nicht hingebracht!

Vielleicht fragt Ihr Euch unterdessen,
ob denn die Späßchen, die ich treibe,
dem Thema wirklich angemessen
und wo denn nun der Tiefgang bleibe:
„So weit so gut und auch ganz munter,
doch kommt uns das recht harmlos vor!"
Drum dimme ich den Tonfall runter
 auf etwas feineren Humor.

Die Fasenacht währt ja nicht lang.
Danach herrscht wieder Maskenzwang.

Mag der dann auch als Narr erscheinen,
der sonntags in die Kirche geht,
gilt´s doch im Großen wie im Kleinen,
dass man bekennt wofür man steht.

Dazu hab schlaflos über Nacht
Ich noch was zu Papier gebracht:

Es saß im Schatten eines Baumes
ein alter Mann, der müde war.
So wie die Bilder eines Traumes
schien ihm sein Leben: Sonderbar,
wohin die Reise ihn geführt,
seitdem der Herr ihn einst berührt.

Die Sonne schien zur Mittagsstunde.
Er blickte schläfrig in die Runde
und sah, ganz fern, noch kaum zu ahnen,
drei Wanderer, die näher kamen.

Erschöpft und staubig, abgerissen,
kamen sie endlich bei ihm an
und schienen noch nicht recht zu wissen,
ob sie diesen fremden Mann,
bevor sie weiterziehen wollten,
um ein Glas Wasser bitten sollten.

Eh sie die rechten Worte fanden, 
war der vor ihnen aufgestanden:
„Ihr seid willkommen ruht euch aus",
sprach er mit freundlicher Gebärde,
verneigte sich noch bis zur Erde,
„Als Gäste fühlt euch hier zu haus!"

Dann wurde rasch ein Tisch gedeckt.
Er war verschwenderisch bedeckt
mit Trank und Speise und sie aßen
und wie sie so zusammensaßen,
erzählten die Fremden von manchen Gefahren,
denen sie unterwegs ausgesetzt waren.
Und der Alte hörte zunächst einfach zu.
Die Stunden gingen hin im Nu,
bis schließlich auch er zu erzählen begann
von seiner Geschichte und irgendwann
-da war es schon spät, der Tag war vergangen
und die Sonne war längst schon untergegangen-
als hätte es sich um ein Wunder gehandelt,
waren längst Fremde in Freunde verwandelt.

Als würde Gott selbst, um den Menschen zu segnen,
unerkannt in jedem Fremden begegnen,
beginnt ein Stück der Welt zu heilen,
wo Menschen miteinander teilen,
und eine Welt, die wir ersehnen,
wird manchmal greifbar unter denen,
die einander Zuflucht geben.
Asyl für das bedrohte Leben.

Das war´s! Das wollt´ ich als der Narr,
der ich für Euch heute war,
ohne die Moralkeule zu sehr zu schwingen,
in meiner Predigt rüberbringen:

Die Gastfreundschaft wird als heiliger Wert
in allen Religionen der Menschheit geehrt!

Wer sie zerstört ist ein Barbar,
ob er sein Gastrecht frech verletzt
oder als Deutscher gegen Ausländer hetzt.

Auch wenn´s ein kurzer Frühling war
mitten im Herbst als unser Land
großzügig, offen, zugewandt,
den vielen Fremden in der Not
Freundlichkeit und Willkommen entbot
und jetzt die Angst schon wieder droht,
wünsch ich den Vielen, die noch immer im Stillen
den Fremden offen und als Helfer begegnen
und all den Menschen mit gutem Willen
von ganzem Herzen, Gott möge sie segnen!

Und sag mit der Bibel und mit dem Koran:
„Der Friede mit euch!" und „Schalom!" und „Salam!"
Und schließlich natürlich in Jesu Namen:
„Fürchtet euch nicht!"
Und:
„In Ewigkeit, Amen!"