Gründonnerstag  - Pfr. Stefan Schäfer

Datum:
Do. 2. Apr. 2015
Von:
Pfr. Stefan Schäfer

Gründonnerstag  - Pfr. Stefan Schäfer


Liebe Schwestern und Brüder,

man kann „unwürdig" zum Tisch des Herrn gehen, man kann die Kommunion „unwürdig" empfangen. Den Älteren unter uns ist das im Erstkommunionunterricht und in mancher Predigt tief ins religiöse Gewissen geprägt worden. Und schon der Apostel Paulus hat es der Gemeinde in Korinth nachdrücklich ins Stammbuch geschrieben.
Unmittelbar nach seiner Überlieferung vom letzten Abendmahl Jesu mit seinen Jüngern liest man im 1.Korintherbrief die folgende Mahnung:
„Wer ( . . .) unwürdig von dem Brot isst und aus dem Kelch des Herrn trinkt, macht sich schuldig am Leib und Blut des Herrn" (1.Kor11,27).

Aber Vorsicht: Paulus denkt, wenn er vom „unwürdigen" Essen und Trinken schreibt, nicht wie ein Katholik alter Schule an fehlende Ehrfurcht vor der konsekrierten Hostie, an mangelnde Vorbereitung auf den Kommunionempfang, die Übertretung des Nüchternheitsgebots oder an irgendwelche kirchenrechtlich definierten Makel. Er hat eine ganz andere „Unwürdigkeit" dem Leib Christi gegenüber im Blick. Und sein kritischer Blick trifft nicht nur die Eucharistiefeier damals in Korinth!

In der jungen Kirche war die Feier des Abendmahls noch mit einem Sättigungsmahl verbunden, einer Agapefeier. In Korinth nun trafen sich dazu die besser gestellten Gemeindemitglieder und ließen es sich mit den mitgebrachten Speisen und Getränken gut gehen. Später kamen dann die anderen, die Armen, (vielleicht ist bei dieser Gruppe an Lohnarbeiter zu denken, die vorher keine Zeit hatten) dazu. Dann begann der Gottesdienst, die eigentliche Eucharistiefeier, in der Gemeinde von Korinth. Für die einen mit hungrigem Magen, während die anderen schon betrunken sind ( 1.Kor 11,21), wie Paulus recht drastisch aber wahrscheinlich die tatsächlichen Zustände treffend formuliert.

Dass die besser Gestellten und Reichen nicht bereit sind, auf die anderen zu warten, ihre Gier, sich erst einmal selbst zu bedienen und schadlos zu halten ohne Rücksicht auf die Habenichtse in der Gemeinde und schließlich ihre Gedankenlosigkeit und Unverfrorenheit zu meinen, sich dann noch mit den Andern fromm zum Gottesdienst zusammensetzen zu dürfen,- das alles bringt den Apostel gehörig in Harnisch:
Das darf ja wohl nicht wahr sein, sagt Paulus. Ihr seid unwürdig gegenüber dem Leib des Herrn. Nicht nur dem gegenüber, den ihr im Brot empfangt. Sondern auch dem Leib des Herrn gegenüber, den ihr bilden sollt und der ihr seid als Gemeinde: „Was ihr bei euren Zusammenkünften tut, ist keine Feier des Herrenmahles mehr" (1 Kor 11,20).

Ein paar Verse weiter im Text ist der Apostel wieder etwas versöhnlicher gestimmt und gibt seiner Gemeinde eine Weisung, wie sie es besser machen können:
„Wenn ihr also zum Mahl zusammenkommt, meine Brüder (und Schwestern), wartet aufeinander!"

Das gilt nicht nur der damaligen Gemeinde in Korinth, sondern auch uns.
Das ist auch mehr als nur eine Erinnerung an Grundgebote der Höflichkeit und mehr als nur eine Anleitung zum rechten Sozialverhalten.
Vielleicht lässt sich das Herrenmahl, dessen Einsetzung wir heute feierlich begehen, in seinem innersten Wesen überhaupt so beschreiben:
Wir sind eingeladen, miteinander das Mahl zu feiern, bei dem wir lernen aufeinander zu warten!

Im Zeichen des gebrochenen Brotes empfangen wir den Herrn, der, wie wir glauben, sich ganz hingibt und opfert für uns, die er liebt: das müsste doch unseren Egoismus aufbrechen, in dem wir, so ist nun mal unsre Natur, um uns selbst kreisen , müsste uns öffnen für den Andern und uns in Menschen verwandeln, die für den andern einstehen,- gerade auch für den Schwachen und Armen.

„Für euch und für alle" gibt der Herr seinen Leib hin, sich selbst, so wird uns heute gesagt: da müsste uns doch eigentlich schmerzlich bewusst werden, wie viele in Wahrheit in unserer Runde noch fehlen. Aus den verschiedensten Gründen. Weil das Kirchenrecht sie ausschließt. Und eben auch-auch heute und in unserer modernen Welt-, weil sie buchstäblich einfach brotlos sind. Weder ist das eine nur ein Problem der Kirchenordnung noch das andere nur eines der Politik: Dass Menschen ausgeschlossen sind, ist eine Wunde am „Leib Christi", den die Kirche durch die Zeiten als Zeichen und Werkzeug für die Menschen leben soll.

Wir danken für das Brot und den Wein, „die Früchte der Erde und der menschlichen Arbeit", die wir auf den Altar legen. Da müsste uns eigentlich bewusst werden, wie gedankenlos und gleichgültig wir diese Gaben immer noch und immer wieder gebrauchen: Zuerst für uns selbst und die Befriedigung unserer eigenen Bedürfnisse. Und dass unser Dank in der Eucharistie doch eigentlich erst dann wirklich „würdig" dargebracht wird, wenn er getragen ist von der Bereitschaft, das Brot nicht zuerst für uns selbst, sondern für den andern zu brechen.

Zuletzt und zutiefst ist die Eucharistie, deren Einsetzung wir heute feiern, doch der freudige Dank für die Befreiung von der irrigen Ansicht, zuerst zugreifen zu müssen aus einer uralten Angst heraus, wir könnten sonst zu kurz kommen.
Das Entscheidende für unser Leben, die „eiserne Ration", ohne die wir verhungern müssten, können wir uns niemals selbst beschaffen. Und wir müssen es auch nicht. Sie ist uns geschenkt.
Das sagt uns das „Geheimnis des Glaubens", das wir in jeder Eucharistiefeier begehen, jedes Mal, wenn wir zum „Herrenmahl" zusammenkommen:

Geschenkt in der Liebe unseres Herrn und Gottes, der sich hingibt, entäußert und verschenkt bis in den Tod, „für uns und für alle", um uns von unserer Angst um uns selbst, dem „In sich selbst Verkrümmtsein" unserer Sünde, ein für alle Mal zu erlösen.

„Das ist mein Leib für euch." Das Wort der Wandlung will uns selbst erfassen. Augustinus hat es so formuliert: „Empfangt, was ihr seid, damit ihr werdet, was ihr empfangt: Leib Christi!"
In der Kommunion wird er in unsere Hand gelegt. Dann sind wir gefragt, wie wir handeln, ob wir dieser Gabe gewachsen sind und ob unser Leben Zeugnis davon gibt, woraus wir im Innersten leben.

Amen