Weihnachten am Tag - Pfr. Stefan Schäfer

Datum:
Do. 25. Dez. 2014
Von:
Pfr. Stefan Schäfer

Weihnachten am Tag - Pfr. Stefan Schäfer

 

Liebe Schwestern und Brüder,

im Pfarrhaus stapeln sich zur Zeit die Pakete mit Geschenken. Viele sind darunter, für die ich eher keine Verwendung habe: Windeln z.B. oder Damenbinden. Aber diese Geschenke sind auch nicht für mich bestimmt. In den Wochen vor Weihnachten hatten die Pfarrgemeinderäte der Innenstadtgemeinden zu Sachspenden für Flüchtlinge in den Notunterkünften der Stadt aufgerufen. Hygiene- und Körperpflegeartikel, so war uns vom zuständigen Sozialarbeiter der Malteser gesagt worden, würden vor allem gebraucht. Zwischen den Jahren oder im Januarwerden unsere Messdiener die Spenden übergeben. Wir werden dann wohl mehrere Autos für den Transport benötigen. So viele Spenden sind eingegangen. So viele Pakete konnten gepackt werden.
Allen, die sich durch unseren Aufruf, den Flüchtlingen in Mainz ein Zeichen des Willkommens und eine konkrete Hilfe zu geben, habenansprechen lassen, an dieser Stelle ein herzlicher Dank!

Es gibt viele solche Initiativen in der Zeit um Weihnachten.

Von den ganz privaten, etwa den Zeitungsausträger mit einer kleinen Sondergratifikation zu beglücken oder die alte Dame in der Nachbarschaft, die einsam ist, mit einem Geschenk oder gar einem Besuch zu überraschen, bis zu den großen Hilfswerken, die in an unsere Bereitschaft mit den Ärmsten zu teilen appellieren und deren Spendenaufrufen sich nach wie vor viele bereitwillig und großzügig öffnen.

Auch dass wir an Weihnachten einander Karten schreiben, dass wir einander besuchen und Kontakte wieder anknüpfen, die das Jahr über brüchig geworden sind, ist mehr als nur Brauch und Gewohnheit. Wir folgen da einem Impuls, der unmittelbar aus der Mitte des Geheimnisses kommt, das wir feiern:

Gott kommt uns nahe. Und wir empfinden mit einem Mal, wie unerträglich es eigentlich ist, so kalt und teilnahmslos nebeneinander her und aneinander vorbei zu leben, wie wir´s oft tun und spüren den Drang aufeinander zu zugehen.

An Weihnachten begegnet uns Gott in der Ohnmacht eines Kindes, dessen Armut und Angewiesenheit uns anrührt. Er macht sich klein, um uns zu begegnen.

Und auf einmal erscheinen auch uns die Konventionen und Positionen, in denen wir uns verschanzt haben, überwindbar: die Angst, Schwächen zuzugeben und das Vorbeischauen und Vorbeigehen an denen, die uns unterlegen scheinen, weil sie sich schwerer tun als wir und es nicht so weit gebracht haben.

Der Impuls, der von Weihnachten ausgeht, führt zusammen, er stiftet Versöhnung und bahnt neue Wege von Mensch zu Mensch. Er stellt die Hackordnungen, das Machtgefüge in Frage, in denen wir uns eingerichtet haben. Er lehrt uns, in jedem Menschen, vor allem in dem, der uns braucht, Christus zu erkennen und ihm zu begegnen: Wir werden offener und sensibler für sein Inkognito im Antlitz unseres Nächsten.

Man könnte das alles leicht abtun als vorübergehende Stimmung. Und gewiss: Spätestens am zweiten Januar ist meist der Zauber verflogen und wir müssen uns wieder in einer Welt zurecht finden, in der mit harten Bandagen gekämpft wird. Und doch ist, was uns und viele andere da ergreift, mehr als ein flüchtiger Rausch.

Es ist eine Bewegung, die aus der Mitte des Geheimnisses der Menschwerdung ausgeht, eine Ahnung, in der uns ergreift und in Bewegung bringt, was wir mit unserem Menschenverstand nie wirklich begreifen werden: Gott spricht uns das Wort seiner Liebe zu. Das Wort, in dem die Welt erschaffen ist, das „machtvolle Wort, durch das das All getragen ist". So konkret, so leibhaftig, so unmittelbar, dass unser Menschsein, unsere Menschlichkeit und Mitmenschlichkeit, zum Ort der Begegnung mit diesem Wort geworden ist: „Und das Wort ist Fleisch geworden und hat unter uns gewohnt"

Das Wort leuchtet in der Finsternis. Gottes Nähe ist ein Licht auf unserem Weg. „Aber die Finsternis hat es nicht ergriffen", immer wieder droht sie das Licht zu ersticken. Das Licht ringt mit dem Dunkel. Auch in uns selbst: das Mitgefühl mit der Gleichgültigkeit, das Vertrauen mit unserer Angst, die Liebe mit unserem Egoismus und der Bitterkeit in unserem Herzen.

In diesen Tagen aber siegt, wenigstens für einen Augenblick, das Licht. Da leuchtet uns ein, was uns zugesprochen wird. Es geht uns ein Licht auf: der Impuls, es mit der Liebe noch einmal zu wagen, steigt in uns auf. Er legt Zeugnis ab von der ewigen Liebe des himmlischen Vaters: Nicht eine blinde Evolution, nicht die Macht des Stärkeren, nicht der Zufall tragen diese Welt und bestimmen unser Leben. Sondern die Liebe Gottes, die uns in seinem menschgewordenen Sohn so nahe gekommen ist, und von der wir in all unserem Suchen immer schon gefunden sind.

Auch wenn es nur einen Ahnung ist, die uns in diesen Tagen ergreift: davon, dass diese Liebe siegreich ist, dass sie uns trägt, sollen wir Zeugnis geben. So hat das Eingangsgebet dieses Gottesdienstes formuliert, um was es im Übergang vom Fest in den Alltag unseres Lebens geht:

„Allmächtiger Gott,
dein ewiges Wort ist Fleisch geworden,
um uns mit dem Glanz deines Lichtes zu erfüllen.
Gib, dass in unseren Werken widerstrahlt,
was durch den Glauben
In unserem Herzen leuchtet.

Amen