Schmuckband Kreuzgang

Impuls zum Dienstag

Verhüllung

verhüllung (c) B. Weiß
Datum:
Mo. 1. Juni 2020
Von:
Matthias Lich
„Dein Geist weht, wo Er will, wir können es nicht ahnen. Er greift nach unsern Herzen und bricht sich neue Bahnen.
Der Geist weht wo Er will, Er spricht in unsre Stille, in allen Sprachen redet Er, verkündet Gottes Wille.
Dein Geist weht, wo Er will, ist Antrieb für die Liebe, die Hoffnung hat Er aufgeweckt, wo sonst nur Trauer bliebe.
Dein Geist weht, wo Er will, Er ist wie ein Erfinder, aus Erde hat Er uns gemacht, als Seines Geistes Kinder.“
(Wolfgang Poepla)
 
Wie weit der Künstler Christo Wladimirow Jawaschew (13.06.1935*-31.05.2020†) vom Geist beseelt war, wird wahrscheinlich nur er selbst wissen: Klar ist aber, dass sein künstlerisches Wirken die Welt und auch die Art unser aller Hinsehen mitgeprägt hat. Die Verhüllung des Reichstages war da nur die Spitze einer ganzen Reihe von sehr einzigartigen Kunstprojekten. „Man sieht die Welt dadurch, dass man sie in buntes Papier packt“. So kann man eine grundlegende Aussage seiner Kunst verstehen. Indem etwas nicht mehr sichtbar ist, beschäftigt man sich mit dem, was jetzt fehlt… Eigentlich kommt damit gut zum Ausdruck, welche Chancen auch in der gegenwärtigen Zeit verborgen sind. Das, was jetzt nicht mehr geht und zuvor für selbstverständlich genommen wurde, genau das wird jetzt zu etwas geradezu Außergewöhnlichen: Mir zeigt sich, dass es eigentlich nichts gibt, was selbstverständlich ist. Dankbarkeit ist eine christliche Grundhaltung…
 
Christo geht in seinem Schaffen aber noch weiter: Er betont immer wieder, dass er seine Kunstwerke nicht besitzt, sondern vielmehr die Menschen unterschiedlichster Prägung im Staunen über unsere Welt zusammenführen will. Jede und jeder konnte sich von seinen Großprojekten ein Bild verschaffen, der Umfang des Portemonnaies spielt keine Rolle. Sein nächstes Projekt – auch über den Tod hinaus – ist die Verhüllung des Triumphbogens in Paris: Wegen der aktuellen Krise musste dieses Unterfangen vorerst verschoben werden. Aber es wird kommen...
 
Die Welt sollte sich vor ihm verneigen! Uns allen wird dieser – wie er selbst sagt „völlig irrationale/ völlig freie“ Künstler fehlen.
Seien wir offen, für den Geist Gottes, der in den Herzen der Menschen weht und hoffentlich auch in Zukunft Menschen zu kreativen Höchstleistungen führt. 
(Diakon i. P. Benjamin Weiß)