Schmuckband Kreuzgang

Impuls zum Freitag

Liebt einander!

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Datum:
Do. 14. Mai 2020
Von:
Matthias Lich

„Das ist mein Gebot: Liebt einander, so wie ich euch geliebt habe.“

So sagt es Jesus im heutigen Evangelium zu seinen Jüngern.

Jesu Liebe ist grenzenlos, er opfert sich im wahrsten Sinne des Wortes auf.

Aber er hat immer wieder erleben müssen, dass seine Liebe nicht erwidert oder enttäuscht wurde. Er wurde missverstanden, verleugnet und verraten. Von seinen Freunden.

Wie nah hätte es da gelegen, irgendwann zu sagen: Wisst ihr was, macht euren Mist alleine! Oder: Ich suche mein eigenes Wohl, es bringt nichts, sich für Andere einzusetzen.

Aber das tut er nicht. Stattdessen erzählt er das Gleichnis vom barmherzigen Vater, der seine beiden Söhne liebt, obwohl der eine seine Möglichkeiten verprasst und der andere die Liebe des Vaters nicht wahrnehmen kann. Und er erwählt Petrus zum Felsen, auf den er seine Kirche bauen will, obwohl dieser ihn mehrfach verleugnet und ihm nicht vertraut hatte.

Die Liebe Jesu ist bedingungslos. Sie ist seine Grundhaltung. Sie spricht jedem und jeder das „JA“ Gottes zu, immer und immer wieder. Dabei übersieht sie nicht die Fehler, sondern baut sie ein, rechnet damit und lässt daraus Heil entstehen. Und gibt immer wieder neue Chancen.

Was ich damit meine, kann vielleicht eine Geschichte deutlich machen, die mir sehr wichtig geworden ist:

Eine alte chinesische Frau trug täglich zwei große Schüsseln zum Brunnen, um Wasser zu holen. Sie trug die Schüsseln mit Hilfe einer Stange, die sie auf ihre Schultern legte. Auf jeder Seite von der Stange hing eine Schüssel herab. Eine der Schüsseln war makellos, die andere hatte einen Sprung. Obwohl sie beide Schüsseln am Brunnen gleichermaßen mit Wasser füllte, war nur eine voll, wenn sie nach ihrer langen Wanderung zu Hause ankam. Die andere Schüssel war nur noch halb gefüllt, weil sie unterwegs viel Wasser verloren hatte.

Das machte die Schüssel mit dem Riss sehr traurig.

Irgendwann hielt die Schüssel es nicht mehr aus. Sie sagte: „Ich schäme mich so, dass es mir nicht gelingt, das Wasser, das du in mich einfüllst, nach Hause zu bringen!“

Da lächelte die alte Frau und sagte: „Ist dir aufgefallen, dass auf deiner Seite des Weges Blumen blühen, aber auf der Seite des Weges nicht? Ich habe auf deiner Seite des Pfades Blumensamen gesät, weil ich mir deines Fehlers bewusst war. Tag für Tag gießt du die Samen und schon seit langem kann ich immer wieder wunderschöne Blumen pflücken und damit mein Haus schmücken. Du bist gut so, wie du bist.“

Weil ich von Gott geliebt bin, so wie ich bin, darf ich Ja zu mir selbst sagen und aus dieser Liebe heraus versuchen, auch die Anderen um mich herum mit einem liebevollen Blick anzusehen.

Keiner muss perfekt sein, aber es geht uns allen besser, wenn wir einander so lieben lernen, wie wir sind. Und uns dadurch vielleicht helfen, immer wieder ein bisschen mehr in uns und aus uns wachsen zu lassen. 

(Pastoralreferentin Janina Adler)