Impuls zum Freitag

Heute feiert die Kirche den Apostel Thomas. „Der Zweifler“, „der Ungläubige“ – diese Beinamen bekommt er oft, weil er Schwierigkeiten damit hatte, der Botschaft der anderen Jünger von der Auferstehung Jesu Glauben zu schenken. Gerade deshalb können sich aber auch viele in ihm wiederfinden, die sich mit Anfechtungen, Glaubenszweifeln und Anfragen herumschlagen. Und mit dem Vorwurf, sei es von außen an Sie herangetragen oder aus ihrem Inneren aufsteigend, dass Glaubenszweifel eigentlich nicht sein dürfen. Da entlastet es, dass mit Thomas jemand aus dem engsten Kreis um Jesus seine Fragen hat.

Zweifel und Fragen dürfen sein. Ja, sie sind sogar unvermeidlich, denn sie sind die Rückseite einer lebendigen Suche nach Gott. Ein Bild soll dies verdeutlichen: Glauben könnte man vergleichen mit dem Gang über einen zugefrorenen See. Wenn ich mich da am Rande des Sees bewege, mit einem Schritt das Ufer erreichen könnte, stellt sich die Frage kaum, ob das Eis auch trägt. Es gibt ja andere Absicherungen. Je mehr ich in die Mitte des Sees gehe, je mehr ich alle Absicherungen aus der Hand gebe und mich auf das Eis als allein tragendem Grund verlasse, um so mehr und intensiver wird sich mir die Frage stellen, ob dieser Grund auch hält. Ähnlich ist es mit dem Glauben. Wo Glaube nur Verzierung des Lebens ist, und ich mich auf ganz andere Absicherungen verlasse, wenn es darauf ankommt, dann stellen sich mir keine Fragen, dann steigen keine Zweifel auf. Aber dort, wo ich mit dem Glauben ernst mache, wo ich mein Leben auf meinen Glauben an Gott gründe und aus diesem Glauben heraus konsequent gestalte, da werden von selbst die Fragen kommen, ob es wirklich stimmt, was ich glaube, ob Gott wirklich da ist.

So gesehen, sind Fragen und zweifelnde Gedanken nicht verwerflich. Wo jemand ernsthaft Gott sucht, kommt er/sie daran nicht vorbei. Es müsste uns eher beunruhigen, wenn solche Anfragen an unseren Glauben niemals kommen. 

(Pfr. Thomas Meurer)