Schmuckband Kreuzgang

Impuls zum Montag

Die Schachrevolution

IMG_20200620_105814 (c) B. Weiß
Datum:
So. 21. Juni 2020
Von:
Matthias Lich
Wie in allen Bereichen ist auch der Schach-Sport von der Corona-Krise beeinträchtigt. Statt großer Turniere, in denen sich die (Internationalen-) (Groß-)Meister*Innen miteinander um die Plätze der Besten messen, finden jetzt Wettbewerbe gar nicht bzw. nur noch online statt. YouTube Kanäle, live-Schalten etc. boomen derzeit geradezu. Manche Schachkundigen sind dabei sogar richtig erfolgreich und sprechen mit humorvoll-geduldiger Weise ein Publikum an, dass bislang wenig von diesem Spiel wusste. 100.000de verfolgen Online-Auseinandersetzungen zum Beispiel des Weltmeisters Magnus Carlsen; die Tendenz ist stark steigend – Allerdings hat diese Entwicklung gleich mehrere Kehrseiten: Nicht nur, dass bei „gesichtslosen“ Gegnern gerne mit aufwendigen Computerprogrammen betrogen wird. „Cheaten“ (=Schummeln) verzerrt den Wettbewerb. Nein… Auch die Aufmerksamkeitsspanne des meist jungen Publikums ist mitunter sehr begrenzt: Partien, die in der Vergangenheit nicht selten mehrere Stunden verliefen, werden heutzutage allzu oft in weniger als 20 Minuten abgewickelt. Das Niveau, welches sich bei so geringer Bedenkzeit abzeichnet, ist deutlich abgesunken: Selbst Großmeister*Innen übersehen bei Zeitdruck schnell offensichtliche Schwächen der gegnerischen oder eigenen Stellung. Kritiker sehen in der Entwicklung eine deutliche Verflachung bzw. sogar „Barbarisierung“ des „Spiels der Könige“. Andere erkennen hierdurch aber auch viele neue Möglichkeiten, Menschen für dieses Spiel zu begeistern. Wie also mit Menschen umgehen, die ganz neu in der Szene sind?
 
Dieser Frage müssen sich auch die beiden großen Kirchen hierzulande immer wieder neu stellen! Haben wir uns damit abgefunden, dass die Kirche gefühlt immer mehr an Lebenskraft einbüßt und so langsam dabei ist, in der Bedeutungslosigkeit zu verschwinden? Oder können wir – wie es Wincent Weiss in einem seiner Lieder besingt „immer noch an Wunderglauben? Wie würden wir mit Menschen umgehen, die neu in die Kirche hineindrängen? Welches Bild liefern wir als Kirche in einer Zeit, in der wir doch eigentlich gebraucht werden?
Das Schachspiel lebt von der Lösung schwerer Stellungen – gewonnen hat derjenige, der den besten Zug findet. Der Vorteil der Kirche ist es darüber hinaus, dass es nicht um einsame kreative Entscheidungen am Spielbrett geht, sondern gemeinsam nach den großen Lösungen der Lebensfragen gesucht wird. Lassen wir uns ansprechen von den Menschen unserer Zeit: Gemeinsam werden wir auch die schwersten Probleme lösen – auch wenn sich im Lauf der Zeit Zugänge und Strategien ändern: Unser Gott geht alle Spielzüge unseres Lebens mit.
 
Ihnen einen guten Start in die neue Woche!
(Diakon i. P. Benjamin Weiß)