Unterbrechungen

KB-Kommentar (c) PG Heusenstamm
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Datum:
Do. 9. März 2023
Von:
Martin Weber

Vor zwei Wochen in Frankfurt. Ich hatte einiges zu besorgen. Bin dann aber, wie ich das meistens mache, in den Innenhof der Liebfrauenkirche an der Zeil gegangen. Und auch diesmal berührte es mich: Da standen Leute vor einem Bild der Muttergottes, waren ins Gebet versunken oder zündeten ein Kerzchen an. Dieser unscheinbare Ort zieht mich immer wieder magisch an: Hier ist nichts Besonderes, aber man spürt „Religion“. Woanders wird sie oft nur erklärt. Und nach dieser Unterbrechung geht es wieder zurück in den Trubel der Frankfurter Zeil. Anders als vorher.

Unterbrechungen – es gibt Leute, die Religion insgesamt darunter subsummieren. Wir leben normalerweise in einer durchgerechneten und abgezirkelten Welt. Alles, auch wir selber, so scheint es, lässt sich quantifizieren, auf Ursache und Wirkung zurückführen oder in Algorithmen einfügen. Da ist im Grunde nur noch wenig Raum für Freiheit, Würde, Religion, Gott. Das sind andere Wirklichkeiten. Manchmal reißt der Horizont bei den verschiedensten „Unterbrechungen“ des Alltags auf. In der Stille, im Staunen, im absichtslosen Verweilen, in einer plötzlichen Dankbarkeit, in einem wunderbaren Gemeinschaftserlebnis, in einer unstillbaren Sehnsucht, in dem Empfinden, dass da doch mehr sein muss….

Auch Gottesdienst und Gebet gehören zu solchen Unterbrechungen. Wir nehmen uns Zeit für etwas „Zweckfreies“. Und wo wir das ehrlichen Herzens tun, passiert etwas.

Unterbrochen werden in der Fastenzeit auch manche Gewohnheiten: Manche nehmen sich ein Fastenopfer vor.

Zur Unterbrechung gehört auch die der visuellen Gewohnheiten. In St. Martin und Maria Himmelskron etwa verdeckt ein großes Tuch die Kreuzesdarstellungen. Wir ahnen nur noch, was hinter dem Tuch ist und idealerweise vertieft das Verhüllen des Bekannten unsere Sicht auf „das Kreuz“.

Die große Unterbrechung aber schafft Gott selbst. In der Auferweckung seines Sohnes gibt er einen ganz neuen Blick. Nicht mehr der Tod hat das letzte Wort, sondern das Leben; die Liebe ist definitiv stärker als alles andere. Das unterbricht radikal unsere menschlichen Logiken. „Wir leben in den Tod, aber wir sterben in das Leben“ – formulierte es jemand. Das feiern wir an Ostern. Das „Fest der Feste“, den Höhepunkt des Kirchenjahres.

Gönnen wir uns immer wieder Unterbrechungen, in denen die Dimension Gottes in unser Leben einbrechen kann. Und feiern wir dankbar die große Unterbrechung, die uns Gott in der Auferstehung seines Sohnes schenkt.

Martinn Weber, Pfr.