Liebe Gemeinde,
da ist er wieder, der Alltag. Nach 50 Tagen der österlichen Freudenzeit beginnt nach Pfingsten wieder der sogenannte „Jahreskreis“. Bedeutet das, dass wir auch Ostern wieder hinter uns lassen können und zu den altbekannten, vertrauten Wegen zurückkönnen? Ich denke, nein.
An Pfingsten kommt der von Jesus verheißene Heilige Geist in Feuerzungen auf die Menschen herab. Auf Menschen unterschiedlichen Alters, unterschiedlicher Nation, unterschiedlicher Sprache, unterschiedlichen Geschlechts. Es ist der Geist, der mit dem Vater und dem Sohn aufs Innigste verbunden ist „und der das Werk Jesu auf Erden weiterführt und alle Heiligung vollendet“. Jeder, der an Christus glaubt, ist – wie Paulus das sagt – Glied des Leibes Christi: der Kirche. Jeder und jede Getaufte ist auf den Namen des dreieinen Gottes getauft, ist in sein „Herrschaftsgebiet“ aufgenommen und qua Taufe Geistliche(r). Dieser lebendigmachende Geist lässt sich nicht hineinzwingen in ein Korsett ideologisch-politischer oder gar kirchenpolitischer Kanäle, wir können seiner nie habhaft werden. Dieser Geist ist der Störenfried aller Verhärtungen in unseren Herzen und Köpfen. Er ist der Störenfried aller Ordnungen, die wir so gern als ewige Sicherheit haben wollen. Gottes Geist ist jeden Tag neu, ja frisch. Das ist die Erfahrung der Menschen von damals und sie kann auch die Erfahrung von uns heute werden.
Mit den anstehenden Lockerungen durch die zunehmende Zahl an Geimpften und die zurückgehenden Inzidenzwerte besteht auch die Hoffnung, dass vieles, was in den vergangenen Monaten brachliegen musste, wieder aufblühen kann. Viel zu lange konnten sich die Messdiener nicht treffen, Chöre nicht proben, Erstkommunionvorbereitung nur eingeschränkt stattfinden und vieles mehr. Doch nach Corona gibt es kein Zurück wie vorher, das wäre eine Illusion. Wir können nicht nahtlos weitermachen, wo wir früher standen, das gilt auch in der Kirche und für jede einzelne Gemeinde. Vielleicht ist das aber auch ein Glücksmoment, ein Anstoß für die Kirche - allgemein, wie konkret vor Ort - um neu voranzugehen, wie auch immer das aussehen mag. Auch hier dürfen wir uns vom Heiligen Geist getragen wissen und vertrauen, dass unser Durchhalten und Bemühen nicht umsonst war.
In dieser Zuversicht wünsche ich Ihnen alles Gute für die kommenden Wochen,
Ihr Thomas Kettel