Schmuckband Kreuzgang

Bußgottesdienst am Aschermittwoch

Aschermittwoch 2021 (c) Martina Bauer
Aschermittwoch 2021
Datum:
Mi. 17. Feb. 2021
Von:
Martina Bauer

Bußpsalm: W.A.Mozart (1756-1791): "Miserere mei,Deus"

 

 

 

 

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LIEDORDNUNG

Aschermittwoch, 17.02.2021 „Miserere“

 

Zum Einzug:                               Orgel

Lied:                                             277 (Kantor / Solisten)

Liturgische Eröffnung / Begrüßung

Kyrie:                                           Solisten

Tagesgebet

  1. Lesung Joel 2, 12-18

Zwischengesang:                         791 (Kantor / Solisten)

  1. Lesung 2 Kor 5,20-6,2

Ruf vor dem Evangelium:          584 /9 + V. (Kantor / Solisten)

Evangelium:                                Mt 6, 1-6.16-18

Ansprache

Stille – Läuten der Bußglocke

Prolog zum Bußpsalm:               Gottes Stimme (2 Sam 7a.9-12)

Miserere (Mozart)                       Solisten / Kantor / Orgel

Schuldbekenntnis vor dem Kreuz und Vergebungsbitte

Lied:                                             274 (Kantor / Solisten)

Segnung der Asche und Austeilung           Orgel

Zur Ascheausteilung:                 Orgel

Fürbitten

Vater unser und Oration

Segen:                                          

Schlusslied:                                  446 (Kantor)

Zum Auszug:                               Orgel

 

Solisten:

Katharina Roß, Alt

Patrick Siegrist, Tenor

Stefan Grunwald, Bass

 

Daniel Wolf, Kantor

Dan Zerfaß, Orgel

 

 

 

Einführung

 

Im Namen des Vaters und des Sohnes und des heiligen Geistes.

 

Die Gnade und Barmherzigkeit unseres Herrn Jesus Christus, der uns zu Umkehr und Versöhnung ruft,

sei mit euch!

 

 

Gott, sei mir gnädig nach deiner Huld, tilge meine Frevel nach deinem reichen Erbarmen. Wasch meine Schuld von mir ab und mach mich rein von meiner Sünde!“

 

Mit diesen flehentlichen Worten beginnt der 51. Psalm, der große Bußpsalm, das „Miserere“. Auch in diesem Jahr soll dieser Psalm im Zentrum unseres Aschermittwochsgottes-dienstes stehen.

 

Sonst hören wir diesen Psalm in der wohl berühmtesten Vertonung von Gregorio Allegri, der sie einst für die Karliturgie der Päpstlichen Hauskapelle komponiert hat. Seine Fassung, zu der auch Chorteile gehören, können wir in Corona-Zeiten leider nicht aufführen. Ich bin unserem Domkantor sehr dankbar, dass er eine andere Vertonung dieses Psalm gefunden hat, von keinem geringeren als Wolfgang Amadeus Mozart, die auch unter Coronabedingungen aufzuführen ist, und ich danke schon jetzt den Solisten Katharina Roß, Patrick Siegrist und Stefan Grunwald, sowie Daniel Wolf als Kantor und Domkantor Dan Zerfaß an der Orgel, dass Sie das möglich machen. Mozart hatte als Kind Allegris “Miserere” in Rom gehört und war tief beeindruckt. Seine Vertonung ist also gleichsam eine Art musikalisches Echo oder Antwort des jungen Komponisten. Das die Aufführung heute hier möglich ist, gerade in diesen Zeiten, in denen Kultur und Musik so eingeschränkt sind, ist ein hoffnungsvolles Zeichen.

 

Das Miserere ist mehr als ein eindrucksvolles und die Herzen berührendes Musikstück, das große Komponisten wie Allegri oder Mozart verton haben. Es ist ein uraltes Gebet, dass die Bibel dem König David in den Mund legt: ein Bußgebet eines großen Sünders. David hatte Ehebruch begangenen mit Batseba, und, um den Ehebruch zu vertuschen, den Ehemann ermorden und aus dem Weg räumen lassen.  Es geht hier also nicht um Banales. Es geht um schwerste, existentielle Schuld. Und um einen Gott, dessen Liebe so groß, so grenzenlos ist, dass der dem, der aufrichtig bereut, selbst die größte und schrecklichste Schuld zu vergeben bereit ist. Mit dem Beter des Bußpsalms flehen auch wir in diesem Bußgottesdienst zum Beginn der 40tägigen Bußzeit gemeinsam um Vergebung unserer Schuld, um Gottes Erbarmen.

 

So stehen wir, eingedenk unserer eigenen Schwäche, unseres Versagens, unserer Schuld heute gemeinsam vor Gott.

In Reue und mit zerknirschtem Herzen rufen wir ihn um sein Erbarmen an.

Kyrie eleison

 

Predigt:

Aschermittwoch, LJ B (2021)                                                                           zu: Joel 2, 12-18

                                                                                                                       und Mt 6, 1-6.16-18

Gemeinsam umkehren – um die Welt zu heilen

 

  1. Wenn in früheren Zeiten Unheil über die Welt gekommen ist, wenn das Volk Israel sich in Kriegszeiten mit der Übermacht fremder Heere konfrontiert und besiegt sah, wenn Hungersnöte, Naturkatastrophen oder Seuchen über das Land kamen: dann war das in deren Augen unweigerlich eine Strafe Gottes. Dann zerriss man die Kleider, ging in Sack und Asche, das ganze Volk tat Buße für die Sünden, die Gott erzürnt haben mussten. Man flehte gemeinsam um Erbarmen – in der Regel 40 Tage lang. „Kehrt um zum Herrn, mit Fasten, Weinen und Klagen! Zerrreißt eure Herzen! Ordnet ein heiliges Fasten an, ruft einen Gottesdienst aus!“ Per Anordnung und Gesetz wurde das ganze Volk zu gemeinsamem Fasten und Buße-tun aufgefordert und verpflichtet; und zum Gottesdienst – per Gesetz!
  2. Als in unserer Zeit die weltweite Pandemie ausgebrochen war, waren die Kirchen mit das erste, was geschlossen wurde. Per Gesetz. Weltweit. Und alle anderen Einschränkungen, Reisefreiheit, Mundschutz, Abstand: dagegen gehen die Menschen auf die Straße und demonstrieren: Wir lassen uns doch unsere Freiheit nicht einschränken! Gegen die Vorstellung, diese Pandemie könne ein Zeichen sein, dass wir Gott erzürnt haben, eine Strafe Gottes: gegen solche archaischen Vorstellungen wird von allen Kanzeln unisono gepredigt: Nein, die Pandemie ist keine Strafe Gottes! Um Gottes Willen nicht! So ändern sich die Zeiten.
  3. Um es ganz deutlich zu sagen und damit kein Missverständnis ist: Ich will nicht behaupten, Gott straft die Welt durch die Corona-Pandemie. Und wo Menschen hier und da so argumentieren, muss ich einfach deutlich sagen: Mit meinem Gottesbild passt das nicht zusammen! Zu dem Gott, den uns Jesus Christus gezeigt hat, passt es nicht, dass er im Zorn blindwütig die ganze Welt mit einer Seuche schlägt, an der bislang weltweit schon 2,4 Millionen Menschen gestorben sind, und zwar gerade die Schwächsten, Ärmsten und Unschuldigsten. Nein, Corona ist nicht einfach eine Strafe Gottes. Aber diese Pandemie bringt in vielen Bereichen sehr deutlich ans Licht, woran unsere Welt heute krankt: der Egoismus, die mangelnde Solidarität und Hilfsbereitschaft mit den ärmeren Ländern, das fehlende Verantwortungsgefühl füreinander, die Fixierung auf die eigenen Bedürfnisse, Freiheitsrechte, Selbstverwirklichung und vieles mehr. Natürlich, und auch das soll nicht verschwiegen werden: in dieser Pandemie sind manche Menschen auch wirklich über sich hinausgewachsen, haben sich bis an die Grenzen des Möglichen für andere eingesetzt und aufgeopfert. Auch das gibt es. Aber gleichzeitig hat die Pandemie sehr ungeschminkt und unübersehbar an den Tag gebracht, was an niederen Instinkten in uns schlummert. Wir haben allen Grund, in Sack und Asche zu gehen, wir alle, gemeinsam, als Gesellschaft. Denn - auch das wusste man noch im Alten Bund: es gibt auch eine Verpflichtung zu Solidarität und Gemeinschaft im Buße tun, in der Umkehr. So wie die einzelne und individuelle Schuld und das Versagen viele andere mit tangiert und mit berührt, so braucht es, wollen wir das Ruder herumreißen, auch eine umfassende Solidarität. Buße ist ein Gemeinschaftswerk, wenn sie wirklich etwas bewirken soll, wenn sie helfen soll, die Welt zu heilen. Deshalb ruft die Kirche uns – eben nicht nur individuell sondern als Gemeinschaft jedes Jahr zur Österlichen Bußzeit auf. „Kehrt um!“ - das ist nicht Privatsache, das meint nicht nur den einzelnen Sünder; das meint uns als Gesellschaft, als Kirche, als weltweite Menschheit. Es geht darum, die kranke Welt zu heilen – und das geht nur in einer großen gemeinsamen Anstrengung. Genau dazu lädt uns die 40tägige Bußzeit ein.
  4. Das Evangelium des Aschermittwochs nennt die drei klassischen Übungen, oder vielleicht besser gesagt: Perspektiven, die zur Buße gehören: Almosen geben, Gebet und Fasten. Schon hier wird deutlich, dass es letztlich um eine ganzheitliche Umkehr, um eine Veränderung der Einstellung und der Zustände in der Welt geht – eben: um Heilung der ganzen Welt. Und dazu gehören immer drei Perspektiven. Ich habe es in der Schule gern mit der auch aus dem Physikunterricht bekannten „Drei-Finger-Regel“ erklärt. Sie kennen das vielleicht: die Drei-Finger-Regel, mit der Physiklehrer gern die drei Vektoren im Raum erklären.
  5. Für das geistliche Leben heißt das: da ist ein Finger, der in Richtung auf den Nächsten zeigt: Almosen geben. Hier geht es darum, sich einzusetzen für eine grundlegende Gerechtigkeit, dass alle haben was sie brauchen. Den Blick zu weiten über die eigenen Bedürfnisse und Wünsche und Freiheiten hinaus auf die Bedürfnisse, Nöte der anderen. Der zweite Finger zeigt nach oben: zu Gott: Gebet. Es geht darum, Gott Raum zu geben in meinem Leben, in meinem Herzen, und mehr noch: ihm Raum zu geben in unserer Welt. Der dritte Finger zeigt schließlich zurück auf mich selbst: das Fasten. Hier geht es darum zu schauen, was ich selbst brauche, wie ich auf mich achte, wie ich mich und mein Leben ordne. Deshalb bin ich übrigens der Meinung: wenn es darum geht, sich für die Fastenzeit einen besonderen Vorsatz zu setzen, dann genügt ein Vorsatz eigentlich nicht. Es braucht mindestens drei gute Vorsätze: einen, der den Nächsten in den Blick nimmt: Was will ich tun, damit es anderen besser geht? Einen, der mein Verhältnis zu Gott in den Blick nimmt: Was kann ich tun, um Gott mehr Raum in meinem Leben und in der Welt zu schaffen? Und einen, der mich selbst in den Blick nimmt: was kann ich tun, z.B. durch bewussten Verzicht, um mich und mein Leben gut zu ordnen?
  6. Ich möchte Sie einladen, dass wir uns jetzt in einem Augenblick der Stille Zeit nehmen für eine persönliche Gewissenserforschung, bevor wir mit den Worten des 51. Psalm gemeinsam Gott um Erbarmen anrufen: „Wasch meine Schuld von mir ab; mach mich rein von meiner Sünde. Erschaffe mir ein reines Herz!
  7. Auch für die Gewissenserforschung können die drei Finger, die drei Grundperspektiven leitend sein:
  • Mein Verhältnis zum Nächsten: Wo trage ich durch mein Verhalten bei, dass ungerechte Zustände, soziale Ungleichheiten verfestigt bleiben? Wo ist meine Rücksichtslosigkeit oder Bequemlichkeit Schuld, dass sich an Zuständen wie dem Klimawandel oder dem sozialen Gefälle so wenig ändert? Wo fehlt mir, weil ich zu sehr meine eigenen Bedürfnisse sehe, der Blick für die Bedürfnisse, Nöte, Sorgen der andern?
  • Mein Verhältnis zu Gott: Welchen Raum hat Gott in meinem Leben? Ist da mehr als der Sonntagsgottesdienst – und wie wichtig ist der mir noch? Was kann, was will ich beitragen, dass Gott in unserer Welt, in meinem Umfeld, in meinem Bekanntenkreis mehr Raum hat? Wie regelmäßig, wie intensiv bete ich? Wann habe ich zum letzten Mal die Bibel zur Hand genommen, Gott zu mir sprechen lassen?
  • Mein Verhältnis zu mir selbst: Gebe ich mir, meinem Leib, was er braucht? Was tue ich für mich, wie sorge ich für meine Gesundheit? Wo habe ich mich überfordert, mir zu viel zugemutet? Wo habe ich mich unterfordert, bin hinter meinen Möglichkeiten zurückgeblieben: aus Bequemlichkeit, aus mangelnder Disziplin, aus Lustlosigkeit? Wo habe ich mich gehen gelassen?

 

Nehmen wir uns Zeit zu einer ehrlichen Gewissenserforschung.

 

FÜRBITTEN

 

Jesus Christus ist unser Friede und unsere Versöhnung.

Zu ihm wollen wir beten:

 

#     Segne die 40 Tage der Österlichen Bußzeit, dass sie für uns zu einer Zeit werden, in der wir unseren Glauben festigen und durch Umkehr und Werke der Buße dazu beitragen, der Welt ein menschlicheres Antlitz zu geben. Herr, Jesus Christus -

#     Hilf uns, ehrlich und aufrichtig mit uns selbst zu sein, gib uns den Mut, eigene Fehler und Schuld einzugestehen, um Vergebung zu bitten und entstandenen Schaden wiedergutzumachen. Herr, Jesus Christus -

#     Heile die Welt von Sünde und Hass, hilf den Völkern, ihre Konflikte friedlich zu lösen und erbarme dich der Menschen, die unter Krieg und Unfrieden zu leiden haben. Herr, Jesus Christus -

#     Öffne unsere Herzen für die Not der Mitmenschen. Erbarme dich besonders aller Opfer von Naturkatastrophen, Hunger und Not. Herr, Jesus Christus

#     Wir beten für die Kirche, ganz besonders auch für die Kirche in Deutschland in ihrem Bemühen um ehrliche Aufarbeitung der Missbrauchsskandale und für den Synodalen Weg: Lass uns in Gebet und im Hören auf dein Wort erkennen, wie wir unseren Auftrag in unserer Zeit wahrnehmen können: allen Menschen die Frohe Botschaft von der Liebe Gottes zu verkünden. Herr, Jesus Christus

 

Voll Vertrauen auf Gottes Barmherzigkeit beten wir mit den Worten, die Christus selbst uns zu beten gelehrt hat…

 

Vater unser…

 

Oration

 

Ja, Herr, erlöse uns von allem Bösen. Uns, und unsere ganze Welt. Vergib uns immer neu unsere Schuld und lehre uns die Schritte in ein neues Leben. Denn du bist gnädig und voll Erbarmen. Komm uns zu Hilfe in diesen Tagen des Heils, damit die heiligen 40 Tage eine Zeit werden, die uns zum Segen ist: uns und unserer ganzen Welt. Darum bitten wir durch Christus, unseren Herrn. Amen.