Eine fragwürdige Methode

Wieder mehr Menschen befinden sich in Ingelheim in Abschiebehaft

Datum:
Mi. 13. Apr. 2016
Von:
Kirchenzeitung "Glaube und Leben"
Sie haben kein Verbrechen begangen und sitzen dennoch hinter Gitter. Wieder mehr Menschen befinden sich in der Abschiebehaft in Ingelheim. Caritas und Diakonie engagieren sich seit Jahren für die Abschaffung der „Gewahrsamseinrichtung für Ausreisepflichtige". Jetzt warnen sie vor einem Wiederaufleben dieser Praxis.

230 Menschen waren im ver­gangenen Jahr in der Gewahrsam­seinrichtung für Ausreisepflichti­ge (GfA) in Ingelheim inhaftiert. Seit 2013 hat sich diese Zahl mehr als verdoppelt. Abgeschoben werden in der Re­gel Menschen, die als Asylsuchen­de nach Deutschland gekommen sind, deren Asylgesuch jedoch abgelehnt wurde und die nicht freiwillig ausreisen wollen. Wer sich in einer GfA befindet, wartet auf seine Abschiebung, weil er im Verdacht steht, sich der Abschie­bung entziehen zu wollen.

Die Abschiebehaft veranlasst die Ausländerbehörde eines Land­kreises. „Die Entscheidung fällt das jeweilige Amtsgericht vor Ort", erklärt Diözancaritasdirek­tor Hans-Jürgen Eberhardt.Caritas und Diakonie kümmern sich um die Menschen, die sich in der GfA Ingelheim befinden, indem sie ihnen vor allem durch einen Fonds Rechtshilfe anbieten. Das ka­tholische und das evangelische Hilfswerk empört: „Circa 50 Prozent der Menschen, die wir beraten, befinden sich rechtswid­rig in der GfA", sagt Hans-Jürgen Eberhardt. Oft werde zu schnell und zu wenig geprüft zum Mittel „Abschiebungshaft" gegriffen. Ein Grund sei auch, dass ein Amtsge­richt in der Regel wenig Erfahrung mit dem komplizierten Asylrecht habe. Einig waren sich Caritas, Dia­konie und die bis dato rot-grüne Landesregierung von Rheinland-Pfalz, dass die Abschiebehaft keine gute Lösung ist.

Mit dem „Gesetz zur Neubestim­mung des Bleiberechts und der Aufenthaltsbedingungen", das im August in Kraft getreten ist, liegen jedoch mehr Kriterien vor, die die Behörden heranziehen können, um von einer „erheblichen Flucht­gefahr" eines Ausreisepflichtigen zu sprechen. Diese sind unter anderem Identitätstäuschung be­ziehungsweise das Zurückhalten eines Passes, die Weigerung, an einer Identitätsklärung mitzuar­beiten, Geldzahlungen an Dritte für die illegale Einreise und eine ausdrückliche Erklärung, dass man nicht abgeschoben werden will. Diese Kriterien lägen allerdings für die meisten der von der Bun­despolizei aufgegriffenen Flücht­linge vor. „Es ist zu befürchten, dass damit die Abschiebungshaft zukünftig mit fragwürdigen Be­gründungen noch öfter ange­wendet wird", sagt Eberhardt. Die Abschiebehaft mache zudem viele krank, argumentiert er. Grundsätzlich sei es fragwürdig, Menschen, die Schutz suchen, einzusperren.

Von Anja Weiffen

Den ganzen Beitrag mit weiteren Hintergründen lesen Sie in der aktuellen Ausgabe von "Glaube und Leben" vom 17. April 2016

Gibt's was Neues bei Ihnen, lassen Sie es uns wissen! Anruf - 06131/28755-0 - oder E-Mail: info@kirchenzeitung.de