„Obergrenzen“ für Tratsch

Es könnte das nächste „Unwort des Jahres“ werden: „Obergrenzen“.

Datum:
Mi. 9. März 2016
Von:
Michael Kinnen
Aus Eifersucht tötet man mit der Zunge.

Es könnte das nächste „Unwort des Jahres" werden: „Obergrenzen". Gerne verwendet von Politikern für eine „Beschränkung von Flüchtlingszahlen". Was so technisch-mathematisch daherkommt, meint tatsächlich Menschenleben, Schicksale und jede Menge Leid. „Obergrenzen", das geht von der vielleicht verständlichen, aber irrigen Annahme aus, man könnte etwas wie auf Knopfdruck begrenzen oder gar „abschalten". In letzter Konsequenz wird das menschenverachtend. Besonders tragisch ist das, wenn solche Forderungen von Leuten kommen, die sich als gute Katholiken, als gute Christen sehen... - Man könnte entgegnen: Wir brauchen Obergrenzen für Obergrenzen-Forderungen! Die Fastenzeit ist für Christen eine Zeit des Umdenkens. Dann kann es darum gehen, auch mal seine Wortwahl etwas genauer zu überprüfen: Was bedeutet es, wenn ich bestimmt Worte benutze? Und auf welche sollte ich besser verzichten, nicht nur in der Fastenzeit? Was ist die letzte Konsequenz, wenn ich das zu Ende denke, was ich da sage – vielleicht auch nur unkritisch nachplappere? Beispiel „Obergrenze". Oder das Beispiel, wenn von einem „missglückten Anschlag auf ein 'Asylantenheim'" die Rede ist. Was bedeutet das im Umkehrschluss, wenn so ein Anschlag „glücken" würde? Dann wird es tödlich-pervers. Es gibt viele verräterische Worte, die wir tagtäglich benutzen, ohne das zu Ende zu denken. Ist oft auch kein Problem. Nicht alles gehört auf die Goldwaage. So lange niemand anderer darunter leidet. Aber auch Worte können jemanden fertig machen. Mobbing und Verleumdung. Der Papst hat einmal gesagt: „Aus Eifersucht tötet man mit der Zunge. Einer neidet dem anderen etwas, und schon fängt das Geschwätz an. Und der Tratsch tötet!" Obergrenzen für Tratsch: Das wär' doch ein guter Verzicht für die Fastenzeit!?

Michael Kinnen, SR 1 / SR 3 – Zwischenruf