Corona-Soforthilfe (c) privat

„Unvergleichlich größere Not“

Corona-Soforthilfe
Datum:
Do. 3. Sep. 2020
Von:
Kirchenzeitung "Glaube und Leben" / Anja Weiffen

Das Virus hat die Welt im Griff. Immer noch. Im Frühjahr startete das Bistum eine Corona-Soforthilfe für Projektpartner weltweit. Fragen an Weihbischof Udo Markus Bentz anlässlich der „Corona-Kollekte“ am Sonntag, 6. September.

Aufgrund der Situation rund um das Coronavirus hat das Bistum Mainz seit April eine Haushaltssperre. Warum ist es dem Bistum wichtig, trotzdem eine Corona-Soforthilfe für Partner der Eine-Welt-Arbeit bereitzustellen?

Corona fordert uns alle auf ungeahnte Weise. Die wirtschaftlichen Konsequenzen der Corona-Krise zwingen uns zu einer klaren und straffen Steuerung bei den Finanzen. Das ist meine Verantwortung als Ökonom des Bistums. Das ist aber nur ein Aspekt. Ich möchte nicht, dass wir nur um uns selbst kreisen. Ich will und kann nicht ausblenden, dass in vielen Regionen der Welt durch Corona die Menschen in noch unvergleichbar größere Not geraten sind als wir. Deswegen möchte ich, dass wir als Bistum Mainz ein deutliches Zeichen der Solidarität setzen trotz unsrer eigenen Schwierigkeiten.
Wir haben im Bistum Kontakte zu unseren Partnern in der weltkirchlichen Arbeit vor allem nach Lateinamerika und Afrika. Dort gibt es keine vergleichbaren Auffangsysteme wie bei uns. Menschen leben vom kleinen, täglichen Handel auf der Straße. Wovon sollen sie leben, wenn es strikte Ausgangssperren gibt? Die medizinische Versorgung war in vielen Regionen schon vor der Corona-Krise mangelhaft. Jetzt ist die Versorgung der Menschen erst recht prekär. Die Versorgung mit Masken, Desinfektionsmittel und ähnlichem hat uns hier in Deutschland vor enorme logistische Herausforderungen gestellt trotz unserer Möglichkeiten. Um wie viel schwieriger ist das in den wenig entwickelten Regionen. Unsere Partner berichten von ihrer Hilflosigkeit, angemessene Unterstützung geben zu können. Deshalb habe ich mich mit den Mitarbeitern in der Geschäftsstelle Weltkirche entschieden, die sonst üblichen Projektanträge zurückzustellen zugunsten einer Corona-Soforthilfe. 100 000 Euro haben wir bereits in den vergangenen Wochen verausgabt. Jetzt haben wir entschieden, dass wir weitere 100 000 Euro zur Verfügung stellen werden.


Nach welchen Kriterien wird die Corona-Soforthilfe für die Projekte beziehungsweise Partner genehmigt?
Wie gesagt, die partnerschaftlichen Kontakte, die wir in der Vergangenheit aufgebaut haben, stehen jetzt im Mittelpunkt. Wir müssen unsere Hilfe fokussieren, eben jene langjährigen Kontakte aus unserer Projektarbeit, zum Beispiel Missionare und Missionarinnen aus unserem Bistum, oder Projekte, die wir kennen und von denen wir wissen, dass es verlässliche Strukturen gibt, sodass die Hilfe schnell und direkt ankommt. Die kirchlichen Hilfswerke beraten und unterstützen uns bei Fragen. Wir stehen auch im Austausch mit Partnerschaftsvereinen aus unserem Bistum, die ihre Projekte vor Ort unterstützen wollen. Der Projektantrag auf Soforthilfe orientiert sich an der Nothilfe, die andere Bistümer und Hilfswerke geben. In dieser Situation ist es besonders wichtig, dass die Unterstützung ohne größere bürokratischen Hürden ermöglicht wird. Wir bitten auch um Kurzberichte, wie das Geld eingesetzt wurde. Das hilft uns, ein besseres Bild über die Lage vor Ort zu bekommen.


Manchmal leiden die Menschen, beispielsweise in Afrika, nicht so sehr unter der Pandemie selbst, sondern vielmehr unter den weltweiten wirtschaftlichen Folgen. Stichwort drohende „Hunger-Pandemie“. Was liegt in der Macht eines Bistums beziehungsweise der Kirche, dauerhafte Hilfe zu leisten, um Länder krisenresistenter zu machen?
Wir wissen oder ahnen doch alle, dass auch uns hier in Deutschland eine „Krise nach der Krise“ bevorsteht. Alle Verantwortlichen sind längst damit beschäftigt, neben der akuten Krisenbewältigung Lösungsansätze für die mittel- und langfristigen Konsequenzen aus der Krise zu erarbeiten. Das braucht es auch im Blick auf unser weltkirchliches Engagement.
In den wirtschaftlich und strukturell armen Ländern wird es ebenfalls diese „Krise nach der Krise“ geben – aber mit noch gravierenderen und längerfristigen Folgen als bei uns. Deshalb braucht es nicht nur die jetzige Corona-Soforthilfe. Wir müssen schon jetzt daran arbeiten, wie wir die Menschen über die Soforthilfe hinaus unterstützen können: klar im Rahmen des uns Möglichen, aber mit dem festen Willen, auch wirklich all unsere Möglichkeiten dabei auszuschöpfen. Wie das konkret aussehen kann, ist jetzt noch nicht konkret abzusehen. Aber die Grundprinzipien sind klar: enge Kooperation mit vertrauten und verlässlichen Projektpartnern, wirkliches Hinhören auf die Bedarfe der Menschen vor Ort, Hilfe zur Selbsthilfe.
Ich staune und bin sehr dankbar, wenn ich sehe, wie großzügig die Menschen in unserem Bistum die Hilfswerke mit ihren Aktionen unterstützen und wie viele zusätzliche Projekte auf Gemeindeebene über lange Jahre hinweg mit viel Engagement und Herzblut mitgetragen werden. Dafür möchte ich ausdrücklich danken! Das stimmt mich zuversichtlich auch für die vor uns liegenden Herausforderungen.


Fragen: Anja Weiffen

Diesen Bericht und noch viel mehr lesen Sie in der neuesten Ausgabe von Glaube und Leben vom 6. September 2020. Gibt's was Neues bei Ihnen, lassen Sie es uns wissen! Anruf - 06131/28755-0 - oder E-Mail: info@kirchenzeitung.de