Mainzer Bistumsnachrichten Nr. 39

vom 24. Oktober 2018

Missio canonica (c) Bistum Mainz / Matschak
Missio canonica
Datum:
Mi. 24. Okt. 2018
Von:
(MBN)

Berichte

  • Missio canonica an 33 Lehrerinnen und Lehrer verliehen
  • Bistum Mainz unterstützt Caritas international
  • Wolfgang Gondolf bleibt DJK-Vorsitzender

Vorschau

  • Lange Nacht der Heiligen im Mainzer Dom (31.10.)
  • Studientag zu Meister Eckhart (10.11.)
  • Professor Leppin referiert über Franz von Assisi (13.11.)

MBN vor 40 Jahren

  • Johannes Paul II. zum Papst gewählt

 

Berichte

Missio canonica an 33 Religionslehrerinnen und -lehrer verliehen

Traditioneller Sendungsgottesdienst im Mainzer Dom mit Bischof Kohlgraf

Mainz. Der Mainzer Bischof Peter Kohlgraf hat am Donnerstag, 18. Oktober, die Missio canonica an 33 Religionslehrerinnen und -lehrer aller Schulformen aus dem Bistum Mainz verliehen. Kohlgraf überreichte die Urkunden bei einem Gottesdienst im Westchor des Mainzer Domes. Die Missio canonica ist die kirchliche Bevollmächtigung für Religionslehrer. Ohne diese Sendung darf kein Lehrer katholischen Religionsunterricht erteilen.

Kohlgraf: Guter Religionsunterricht erntet Widerspruch

In seiner Predigt rief Kohlgraf dazu auf, Kinder und Jugendliche nicht in eine „religiöse Uniform“ zu packen, sondern ihnen zu einer eigenen Form des Glaubens und zu eigenen Gewissensentscheidungen sowie zu eigenem Denken und selbstverantwortetem Handeln zu verhelfen. Zudem es ein Beleg für guten Religionsunterricht, „wenn Sie Widerspruch ernten, wenn Sie die Jugendlichen und Kinder zu eigenem Denken anregen“. „Sie sollen Christus kennenlernen als den persönlichen Wegbegleiter, der die Fragen, Hoffnungen und Ängste ernst nimmt und sie nicht mit einigen hohlen religiösen Phrasen wegwischt. Bereits der Unterricht in den ganz frühen Jahren im Leben eines Kindes muss späteren kritischen Nachfragen standhalten. Wer in der Ernte Jesu arbeitet, fährt also nicht mit der riesigen Erntemaschine durchs Feld, sondern schaut sich die Pflanzen genau an, damit nichts zerstört wird“, betonte der Mainzer Bischof.

Religionslehrerinnen und -lehrer dürften dabei „durchaus selbstbewusst“ arbeiten, „denn wir haben große Themen im Angebot: Leben und Tod, Liebe und Verantwortung, Schuld und Vergebung, Leistung und Gnade, Hoffnung und Zuversicht, Frieden und Gemeinschaft“. Kohlgraf betonte: „Indem wir von Gott erzählen, geben wir den jungen Menschen etwas ganz Wichtiges mit, nämlich: Die Möglichkeit, ein Lebenshaus mit einem guten und soliden Fundament zu bauen. Wenn im Unterricht derartige Themen besprochen werden, darf unser Leben unsere Botschaft nicht Lügen strafen.“

Glaube braucht neue Nahrung

Das Leben der Zeuginnen und Zeugen Jesu müsse mit der Botschaft des Glaubens übereinstimmen, sagte Kohlgraf: „Kinder und Jugendliche merken schnell, ob wir ,echt‘ sind. Ob die Themen, für die wir einstehen, auch unsere Lebensthemen sind. Ob wir auf dem Weg der Freundschaft mit Jesus sind, oder nicht. Ob wir eigene gläubige Positionen haben zu den Fragen des Glaubens und des Lebens, die sich aus einer persönlichen Beschäftigung und dem Gebet nähren, oder ob wir auswendig Gelerntes reproduzieren. Auch Zweifel und Fragen haben ihr Recht, wenn wir denn nicht unsere Zweifel zu denen der Jugendlichen machen.“

Glaube brauche zudem „neue Nahrung: Begleitung, Gespräch, Gottesdienst, Gebet“. „Das zum 20. Mal reproduzierte Arbeitsblatt ist der Tod eines überzeugenden Unterrichts. Nicht, weil das Blatt nicht mehr gut wäre, sondern deswegen, weil Sie sich möglicherweise keine aktuellen Gedanken mehr machen. Holen Sie sich immer wieder neue Nahrung für den Glauben und die Verkündigung, das Bistum steht Ihnen hier gerne zur Seite“, sagte der Mainzer Bischof.

„Helfen, Spuren des Gottesreiches im eigenen Leben zu entdecken“

Der Religionsunterricht sei der „ganz zentrale Ort“, an dem sich die Kirche auf den Straßen dieser Welt bewege, mit dem Risiko „sich zu verbeulen, wie Papst Franziskus sagt“. „Wer sich in dieses Wagnis begibt, macht die Erfahrung Jesu, dass Gottes Reich schon da ist, bevor wir kommen. Wir machen nicht den Glauben der Menschen. Wir können Jesus und seine Botschaft nur anbieten, oder besser noch, wir können den Kindern und Jugendlichen helfen, Spuren des Gottesreiches im eigenen Leben zu entdecken. Unsere Botschaft ist Frieden und Heilung. Zwar ist der Religionsunterricht kein zentraler Ort religiöser Praxis und Erfahrung, aber auch sie gehören dazu. Es beginnt bei einem heilvollen und wertschätzenden Umgang untereinander, es setzt sich fort in der Art und Weise, auf die Themen der Menschen einzugehen, ihre Werte und Sehnsüchte ernst zu nehmen.“

Seine Erfahrung sei, dass sich der eigene Glaube in der Begegnungen mit anderen verändere, sagte Kohlgraf: „Ich muss selbst auskunftsfähiger werden, sensibler für Gottes Spuren, für Unsicherheiten und Fragen, für die Tatsache, dass Gottes Reich Leben bedeutet und sich nicht in ein paar noch so gute und treffende Sätze packen lässt. Vielleicht ist die Begegnung in der Schule, das Gehen gemeinsamer Wege, schon eine Form der Verwirklichung des Gottesreiches, indem wir helfen, dass Kleine groß werden können an Wissen und Vertrauen. Die Schule kann große Spuren der Gegenwart Gottes in dieser Welt zeigen.“

Im Rahmen der Missio-Verleihung sprechen die Kandidaten zunächst gemeinsam das Apostolische Glaubensbekenntnis. Anschließend fragt der Bischof die Kandidaten: „Sind Sie bereit, die Botschaft der Kirche im Religionsunterricht zu lehren und sie im Leben zu bezeugen?“ Auf die Antwort „Wir sind dazu bereit!“ entgegnet er schließlich: „Ich sende Sie!“ Danach überreicht der Bischof den Kandidaten die Urkunde mit ihrer Missio canonica.

Die Eucharistiefeier war Abschluss einer Tagung des Dezernates Schulen und Hochschulen im Bistum Mainz mit den Religionslehrern, die von Mittwoch, 17., bis Donnerstag, 18. Oktober, im Erbacher Hof in Mainz stattfand. Die Tagung, an der auch die Dezernentin für Schulen und Hochschulen der Diözese, Ordinariatsdirektorin Dr. Gertrud Pollak, teilnahm, widmete sich verschiedenen Aspekten der Aufgaben eines Religionslehrers. Darüber hinaus bot die Tagung die Möglichkeit, die Ansprechpartner im Bischöflichen Ordinariat kennenzulernen.

am (MBN)

 

Bistum Mainz leistet Nothilfe bei Überschwemmungen in Indonesien

25.000 Euro für Caritas international / 10.000 Euro für Venezuela und Peru

Mainz. Das Bistum Mainz stellt 25.000 Euro als Soforthilfe an Caritas international für die vom Tsunami betroffenen Menschen in Indonesien zur Verfügung. Die Deutsche Bischofskonferenz hatte zuvor zur Solidarität aufgerufen. „Der Klimawandel ist ein globales Problem mit schwerwiegenden Umwelt-Aspekten“, zitiert der Mainzer Generalvikar, Weihbischof Dr. Udo Markus Bentz, Papst Franziskus in dessen Umweltenzyklika „Laudato Si“. Die schlimmsten Auswirkungen kommen auf die Entwicklungsländer zu. „Wenn Katastrophen wie Erdbeben hinzukommen, sind viele Menschen schutzlos ausgeliefert. Hier müssen wir solidarisch sein“, sagt Weihbischof Bentz, der im Bistum die weltkirchliche Arbeit koordiniert. Er ist auch Mitglied der Kommission Weltkirche der Deutschen Bischofskonferenz.

Ende September hatten ein Erdbeben und ein anschließender Tsunami Teile der indonesischen Insel Sulawesi heimgesucht. Besonders betroffen sind die Küstenstadt Palu und viele Dörfer in der Umgebung. Bisher wurden rund 2.000 Todesopfer geborgen, mehr als 5.000 Menschen werden noch vermisst. Tausende Gebäude und mehrere Krankenhäuser sind zerstört und nicht mehr nutzbar. Die Vereinten Nationen schätzen, dass rund 200.000 Menschen direkt von den Auswirkungen der Naturkatastrophe betroffen sind und Hilfe benötigen, darunter rund 46.000 Kinder. Aktuell werden vor allem Nahrungsmittel, medizinische Hilfe und Notunterkünfte benötigt.

Mit weiteren 10.000 Euro unterstützt das Bistum als Nothilfe Menschen in Venezuela und Peru. Auch hier waren in den letzten Jahren durch Flutkatastrophen Menschen wohnungslos geworden und mussten aus ihrer Heimat fliehen. In den Slums von Lima in Peru setzt sich der Comboni-Missionar Pater Juan Goicochea aktuell für Flüchtlinge ein, die aus Venezuela vor den bürgerkriegsähnlichen Konflikten in ihrem Land nach Peru geflohen sind. Pater Goicochea kauft mit der Hilfe aus dem Bistum Mainz Betten und Grundnahrungsmittel für die Geflüchteten zur Erstversorgung. Er war 2014 als Adveniat-Gast im Bistum Mainz zu Besuch und hat von seiner Arbeit berichtet. Bereits in den Jahren 2015 und 2017 wurde er mit jeweils 5000 Euro unterstützt.

Hinweise:

mik (MBN)

 

Wolfgang Gondolf bleibt Vorsitzender

Diözesanversammlung des Sportverbandes DJK

Mainz. Bei der Diözesanversammlung des katholischen Sportverbandes DJK am Sonntag, 23. September, in Mainz ist der bisherige Erste Vorsitzende Wolfgang Gondolf für die kommenden zwei Jahre in seinem Amt bestätigt worden. Als neuer stellvertretender Vorsitzender wurde Peter Fritz (Dieburg) gewählt. Zudem wurden Andrea Kutzschbach (Finanzen), Daniel Marschollek (Sportfachwart) und Dana Kim Hansen (Referentin Presse- und Öffentlichkeitsarbeit) in ihren Ämtern bestätigt. Gemeinsam bilden sie den geschäftsführenden Vorstand des Verbandes.

Neben den Wahlen standen auch die angestrebte Satzungsänderung und die Diskussion über ein neues Leitbild des Diözesanverbandes auf dem Tagungsprogramm. „Wir danken den Delegierten der anwesenden Vereine für ihre konstruktive Mitwirkung bei der Satzungsänderung, die mit einer Verschlankung einhergeht. Sie wird in einem nächsten Schritt dem Registergericht vorgelegt. Weiterhin danken wir den Delegierten für die positive Abstimmung über Leitbild und Ethikcode, die wir nun der Satzung als Präambel voranstellen können“, sagte Gondolf. Der DJK Diözesanverband Mainz ist der Zusammenschluss der 23 DJK-Vereine im Bistum Mainz und zählt rund 13.000 Mitglieder.

Hinweis: www.djk-mainz.de

PM (MBN)

 

Vorschau

Lange Nacht der Heiligen (31.10.)

Vorträge, Lesungen und Führungen zum Thema „Märtyrer“ im Mainzer Dommuseum

Mainz. Am Abend des 31. Oktober (Mittwoch) lädt das Mainzer Dom- und Diözesanmuseum von 18.00 bis 23.00 Uhr wieder zur Langen Nacht der Heiligen ein. In diesem  Jahr bietet das Museum Vorträge, Lesungen und Führungen rund um das Thema „Märtyrer“ an. Auch die beliebten Taschenlampenführungen im Dom für Kinder und Erwachsene finden wieder statt.

Hinweis: Der Eintritt beträgt sechs Euro, ermäßigt vier Euro. Weitere Informationen auch im Internet unter www.dommuseum-mainz.de

am (MBN)

 

Studientag zu Meister Eckhart (10.11.)

Die Schrift „Die Reden der Unterscheidung“ steht im Mittelpunkt

Mainz. Die Schrift „Die Reden der Unterscheidung“ steht im Mittelpunkt eines Studientages zu Meister Eckhart am Samstag, 10. November, im Erbacher Hof in Mainz. Die Bistumsakademie Erbacher Hof lädt dazu ein, mit Fachleuten, den „ersten wichtigen, in deutscher Sprache verfassten philosophisch-theologischen Text“ näher zu betrachten. Im Laufe des Tages sind unter anderem Vorträge von Professor Dr. Norbert Fischer (Wiesbaden), Dr. Michael Egerding (Freiburg) und Professor Dr. Walter Senner OP (Rom) vorgesehen.

Hinweis: Eine Anmeldung ist erforderlich unter www.ebh-mainz.de

tob (MBN)

 

„Franz von Assisi“ (13.11.)

Akademievortrag im Erbacher Hof mit Volker Leppin

Mainz. Der Kirchenhistoriker Professor Dr. Volker Leppin hält am Dienstag, 13. November, um 19.00 Uhr im Mainzer Haus am Dom einen Akademievortrag über den heiligen Franz von Assisi. Leppin wird sich Franz von Assisi aus neuer Perspektive nähern: „Er rückt die verschiedenen Beziehungsgefüge in den Vordergrund und verabschiedet sich vom Rahmen reiner Chronologie. Franziskus’ Beziehungen sind von Konflikten mit der Familie, der Gesellschaft und der Kirche geprägt, aber auch von der Fähigkeit, andere für sein Tun zu begeistern. Leppin erschafft so das Porträt eines faszinierenden, von seiner Mission überzeugten und bedeutsamen Mannes“, heißt es in der Vorankündigung zu der Veranstaltung. Der Eintritt beträgt drei Euro, eine Anmeldung ist nicht erforderlich.

am (MBN)

 

MBN vor 40 Jahren

„Der neue Papst in Mainz kein Unbekannter. Johannes Paul II. hat als Kardinal Karol Wojtyla dreimal Mainz besucht“ titeln die Bistumsnachrichten zur Wahl von Papst Johannes Paul II. Weiter heißt es: „Nicht nur mit Überraschung, sondern mit großer Freude und Genugtuung wurde in Mainz die Nachricht von der Wahl des Krakauer Erzbischofs Kardinal Karol Wojtyla zum Papst aufgenommen, denn der neue Papst, von dem in den ersten Rundfunksendungen behauptet wurde: ‚Wer kennt schon Wojtyla?’, ist in Mainz kein Unbekannter.

Die seit 1971 bestehenden Beziehungen zwischen der Katholisch-Theologischen Fakultät in Mainz und sechs verschiedenen katholischen Hochschulen in Polen, darunter der Päpstlichen Fakultät zu Krakau, waren Grund dafür, dass Kardinal Wojtyla anlässlich eines offiziellen Besuches in Dachau und Frankfurt/Main im September 1974 auch zu einem privaten Besuch nach Mainz kam. Gelegentlich dieses Besuches gab Kardinal Wojtyla Ordinariatsrat Ingobert Jungnitz von der Öffentlichkeitsarbeit des Bistums Mainz ein Interview. Dabei berichtete Kardinal Wojtyla, dass er anlässlich seiner Dissertation über den spanischen Heiligen Johannes vom Kreuz Spanisch und bei seiner Habilitation über das Werk des deutschen Ethik-Philosophen Max Scheler Deutsch gelernt habe. Er gab seiner Verbundenheit mit dem Mainzer Bischof, Kardinal Hermann Volk, durch die gemeinsame Arbeit an der Pastoralkonstitution über ‚Die Kirche in der Welt von heute’ beim Zweiten Vatikanischen Konzil und seiner Wertschätzung für den Mainzer Theologieprofessor Dr. Josef Georg Ziegler, der wesentlichen Anteil am Zustandekommen des Theologenaustausches hat, Ausdruck.

Kardinal Wojtyla erläuterte damals die vielfältigen Einflüsse, die zeitgenössische deutsche Theologen und Philosophen auf polnische Theologen ausübten und bemerkte, dass er den philosophisch-theologischen Gedankenaustausch für unentbehrlich halte, wobei Barrieren jeglicher Art, auch die Sprachbarriere, kein unüberwindliches Hindernis sein dürften.

Mit besonderem Nachdruck betonte Kardinal Wojtyla in dem Interview, dass auch die westliche Theologie, insbesondere die Ethik, einer Ergänzung durch die zeitgenössische polnische Theologie offenstehen sollte, damit Übertreibungen und Oberbetonungen gewisser Aspekte, wie sie im Westen nicht selten seien, vermieden werden könnten. Neben einer gründlichen wissenschaftlichen Basis könne die polnische philosophisch-theologi-sche Forschung auf eine starke Verankerung in der pastoralen Praxis verweisen. Die polnische Theologie kommt aus dem Leben gläubiger Christen in einer spezifischen Situation und ist diesem gläubigen Leben auch verpflichtet. Die realistische Ausrichtung der polnischen Philosophie entspricht der christlichen Schöpfungslehre und ist auch dem marxistischen Dialogpartner nicht fremd.

Der im September 1974 ausgesprochene Wunsch nach Ergänzung der Zusammenarbeit mit der deutschen Theologie wurde seitdem intensiv weitergeführt. Es kam so, dass der neue Bischof von Oppeln, Dr. Alfons Nossol, die Nachricht über seine Ernennung während seiner Tätigkeit als Gastprofessor in Mainz erreichte.

Anlässlich des 500-jährigen Jubiläums der Johannes Gutenberg-Universität in Mainz im vergangenen Jahr wurde Kardinal Wojtyla, der den theologischen Austausch nicht nur gutgeheißen, sondern wesentlich gefördert hat, die Ehrendoktorwürde verliehen. Er nahm die Urkunde am 23. Juni 1977 entgegen. In seiner Laudatio wies der Mainzer Moraltheologe Professor Dr. Josef Georg Ziegler auf die wissenschaftlichen Arbeiten des Kardinals zur unantastbaren Würde der Person hin. In seinem Vortrag nach der Laudatio hob Kardinal Wojtyla die Tatsache hervor, dass das Christentum heute nicht zum ersten Mal mit einer materialistischen Interpretation des Menschen konfrontiert sei. Doch noch nie hätten dem Materialismus in so vielen Strömungen so viele Mittel zur Verfügung gestanden.

Manche Marx-Schüler, auch in Polen, stellte Wojtyla fest, seien der Überzeugung, dass die Veränderung des sozialen, ökonomischen und politischen Systems die Entfremdung des Menschen nicht abgeschafft, sondern sogar neue Entfremdungen geschaffen habe. Gegen die marxistische Religionskritik, die auch die Religion als Duelle der Entfremdung betrachte, führte er an, Pflichtbewusstsein und Ethos des christlichen Glaubens befreiten den Menschen von dem, was ihn entfremde. Nur durch das Evangelium finde der Mensch letzten Endes die Befreiung von dem, was ihn entmensche.

Der letzte Besuch von Kardinal Wojtyla in Mainz war am 24. September 1978 als er, in Begleitung von Kardinal Wyszynski, mit Kardinal Volk, der im Jahre 1977 zu einem Besuch in Polen geweilt hatte, und das Grab Bischof Kettelers im Mainzer Dom besuchte. Zusammen mit Kardinal Volk feierte Kardinal Wojtyla im Mainzer Dom unter überaus starker Beteiligung der Gläubigen ein Pontifikalamt, zu dessen Beginn er in fließendem Deutsch die Begrüßung sprach. Dabei führte er unter anderem aus: ‚Wir sind tief erschüttert bei dieser ganzen Annahme, die sie heute uns geben. Wir kommen nach Deutschland auf die Einladung des Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Höffner von Köln, und auf die Einladung aller deutschen Bischöfe. Wir kommen nach Mainz, spezieller Weise auf die Einladung Ihrer Eminenz. Aber die Einladung war zuerst das, dass Sie Polen besucht haben. Wir erinnern uns an die Reise des Kardinals von Mainz, an die theologischen Vorträge in unseren Universitäten und Fakultäten, die uns so bereichert haben. Wir kommen hier im Geiste des Glaubens und der Liebe und der Hoffnung, wir kommen, um unseren gemeinsamen Anfang zu betrachten.

In demselben Geist, in dem Geist des Glaubens und der Hoffnung und der Liebe kommen wir heute hier in diese ehrenvolle Kathedrale zu Mainz. Wir sind sehr dankbar für alles, was die Mainzer Theologische Fakultät unter der Leitung Ihrer Eminenz tut, um mit den polnischen Theologen in eine nähere Bindung zu kommen, um einen theologischen Austausch zu beginnen. Wir sind sehr dankbar für die große Gestalt des Bischofs Emmanuel von Ketteler. Wir sind dankbar, dass wir diese heilige Messe mit ihnen zusammen beginnen können im Geiste des Glaubens, der Hoffnung und der Liebe, und im Geiste der Versöhnung mit unserem Vater im Himmel.’“

Mainzer Bistumsnachrichten Nr. 27 vom 17. Oktober 1978