Mainzer Bistumsnachrichten Nr. 2

Mainz, 11. Januar 2019: Bischof Peter Kohlgraf eröffnete mit seinem Referat
Mainz, 11. Januar 2019: Bischof Peter Kohlgraf eröffnete mit seinem Referat "Pfarreien neu denken" die Akademietagung „Bistümer im epochalen Umbruch“.
Datum:
Mi. 16. Jan. 2019
Von:
am (MBN)

Die Bilder zu den aktuellen MBN finden Sie am Ende dieser Seite zusammengefasst in einer Galerie.

Berichte

  • Neujahrsempfang von Bischof Peter Kohlgra
  • Weihbischof Bentz predigte zum Weltfriedenstag
  • Akademietagung „Bistümer im epochalen Umbruch“       
  • Neuordnung der weltkirchlichen Aktivitäten
  • Requiem für Domkapitular Josef Seuffert
  • Kohlgraf würdigte neues Doppelstudium an KH Mainz

Vorschau

  • Gedenken an Opfer des Nationalsozialismus (ab 22.1.)
  • Gesprächsabend zu Musik in der Fastnacht (29.1.)

Berichte

„Fahrplan“ für den Pastoralen Weg

Rund 200 Gäste beim Neujahrsempfang des Bistums Mainz im Erbacher Hof

Mainz. Der Mainzer Bischof Peter Kohlgraf hat beim Neujahrsempfang die nächsten Schritte für den Pastoralen Weg zur Entwicklung und Erneuerung der Kirche im Bistum Mainz vorgestellt. Der „Fahrplan“ für den Pastoralen Weg, der unter der Überschrift „Eine Kirche des Teilens werden“ steht, sieht vor, dass in der Fasten- und Osterzeit mit der geistlichen Vorbereitung die erste Phase des Pastoralen Weges beginnen wird. Unter anderem wird Bischof Kohlgraf seinen diesjährigen Fastenhirtenbrief dazu schreiben. Außerdem werden in den 20 Dekanaten des Bistums außerordentliche Dekanatsversammlungen stattfinden, in denen Bischof Kohlgraf, Weihbischof Dr. Udo Markus Bentz, sowie Personaldezernent Hans-Jürgen Eberhardt und der kommissarische Leiter des Seelsorgeamtes, Hans Jürgen Dörr, die Aufträge für die einzelnen Dekanate erläutern werden. Zu dem traditionellen Neujahrsempfang des Bischofs waren am Samstag, 12. Januar,  rund 200 Gäste aus dem ganzen Bistum Mainz in den Ketteler-Saal des Erbacher Hofes in Mainz gekommen.

Den offiziellen Auftakt für den Pastoralen Weg bilden ein „Workshop-Tag“ am Samstag, 1. Juni, sowie der Gottesdienst an Pfingstsonntag, 9. Juni, mit Bischof Kohlgraf im Mainzer Dom. Bischof Kohlgraf machte erneut deutlich, „dass uns angesichts der Entwicklungen der kommenden Jahre und Jahrzehnte keine Alternative zu diesem Pastoralen Weg bleibt, wenn wir gestalten wollen und nicht nur auf Entwicklungen reagieren wollen. Vor allem muss der kommende Weg ein geistlicher sein, der uns inhaltlich herausfordert, persönliche und kirchliche Schwerpunkte zu setzen, die Folge einer geistlichen Unterscheidung sind.“

Der Mainzer Bischof ging in seiner Ansprache auch auf das Thema sexualisierter Gewalt gegen Kinder, Jugendliche und Schutzbefohlene in der Kirche ein: „Im Bistum gehen wir weitere konkrete Schritte zu einer Aufarbeitung und einer tieferen Einsicht in die Verbrechen und dem System, das diese Taten mit ermöglicht hat und möglicherweise noch immer ermöglicht. Ich selbst habe mittlerweile mehrere Gespräche mit Betroffenen geführt und verstehe besser ihre Situation, aber auch die schreckliche Dimension, die sich hier in der Kirche zeigt, weitere Gespräche stehen an. Für die Gesprächsangebote bin ich wirklich dankbar. Sie sind nicht selbstverständlich. Ich hoffe, dass wir den Fragen nach geistlicher Macht und den spezifischen Bedingungen in der Kirche, auch im Bistum Mainz, nicht ausweichen. Wir haben mittlerweile in einer vielfältig besetzten Arbeitsgruppe, in der auch externe Expertinnen und Experten ihre Stimme einbringen, über die Frage, was Aufarbeitung bedeuten könne, nachgedacht. Die Betroffenen werden uns sagen müssen, was ihnen helfen kann, was sie brauchen und von uns erwarten. Die Gruppe wird weiter an dieser Frage arbeiten, wir werden schauen müssen, welche juristischen und andere Themen noch nicht zufriedenstellend bearbeitet sind.“

Dank an die Haupt- und Ehrenamtlichen im Bistum Mainz

Bischof Kohlgraf dankte in seiner Ansprache allen Menschen, die sich im Bistum Mainz haupt- und ehrenamtlich engagieren. Außerdem erinnerte er an verschiedene Personalwechsel im vergangenen Jahr und wies auf anstehende Veränderungen hin. So werden in den kommenden Monaten Domkapitular Prälat Jürgen Nabbefeld als Dezernent für  Weiterbildung und Ordinariatsdirektorin Dr. Gertrud Pollak als Dezernentin für Schulen und Hochschulen in den Ruhestand verabschiedet. Wichtige Termine für das Bistum seien auch die beiden inzwischen terminierten regionalen Gesprächstage zur Orientierungshilfe „Mit Christus gehen - Der Einheit auf der Spur. Konfessionsverbindende Ehen und gemeinsame Teilnahme an der Eucharistie“ (9. März in Darmstadt und 23. März in Pohlheim). Außerdem wies er auf die anstehenden Pfarrgemeinderatswahlen (9. und 10. November) hin.

Die Geschäftsführende Vorsitzende der Diözesanversammlung, Dr. Hildegard Dziuk aus Darmstadt, rief in ihrem Grußwort dazu auf, sich auf den Pastoralen Weg des Bistums einzulassen und unterstrich ihr Anliegen als Ärztin augenzwinkernd mit einer „Reiseapotheke“ für den Pastoralen Weg. Die Begrüßung und Moderation hatte der Mainzer Weihbischof und Generalvikar, Dr. Udo Markus Bentz, übernommen. Musikalisch gestaltet wurde der Empfang von zwei Chören der Hildegardisschule in Bingen: dem Unterstufenchor unter Leitung von Susanne Graf und dem Gospelchor unter Leitung von Stefan Speyer. Zu Beginn hatten Sternsinger der Mainzer Pfarreien St. Stephan und St. Ignaz ihre Segenswünsche überbracht.

Eingeladen zum traditionellen Neujahrsempfang waren unter anderen die Mitglieder des Domkapitels und der Dezernentenkonferenz, die Ordensoberen und die Leitungen der Geistlichen Gemeinschaften, die Leiter der Bistumsschulen, die Mitglieder des Diözesan-Pastoralrates, des Diözesan-Kirchensteuerrates, der Verbände im Bistum Mainz und der diözesanen Einrichtungen sowie der Dekanatsräte der insgesamt 20 Dekanate im Bistum Mainz.

Hinweis: www.bistummainz.de/pastoraler-weg

tob (MBN)

 

Über Friede oder Unfriede entscheiden schon Gedanken und Worte

Zentrale Veranstaltung des Bistums Mainz zum Weltfriedenstag mit Weihbischof Bentz

Heldenbergen. „Über Friede oder Unfriede in einer Gesellschaft entscheiden nicht erst Taten und Ereignisse - sondern Gedanken und Worte!“ Das sagte der Mainzer Weihbischof Dr. Udo Markus Bentz, Generalvikar des Bistums Mainz, in seiner Predigt am Sonntag, 13. Januar, in der Pfarrkirche Mariä Verkündigung in Heldenbergen. Und weiter: „Friede hat nur dann eine Chance, wenn jede und jeder von uns achtsam auf sein eigenes Inneres ist - auf das eigene Empfinden, auf die eigenen Gedanken und Worte. Friede wächst von innen nach außen! Das gilt in unseren persönlichen und privaten Beziehungen. Das gilt für die politische Verantwortung auf allen Ebenen.“

Der Gottesdienst war Auftakt der zentralen Veranstaltung des Bistums Mainz zum diesjährigen Weltfriedenstag. Der Tag stand unter der Überschrift „Die gute Politik im Dienste des Friedens“ - nach dem Leitwort des Weltfriedenstages von Papst Franziskus. Veranstalter des Tages war Pax Christi Rhein-Main, Regionalverband Limburg-Mainz, in Kooperation mit der Pfarrei Mariä Verkündigung.

Weihbischof Bentz ging in seiner Predigt auf die Botschaft von Papst Franziskus zum Weltfriedenstag ein, in der er darauf hinweist, dass gutem politischem Handeln Gerechtigkeit, Gleichheit, gegenseitiger Respekt, Aufrichtigkeit, Ehrlichkeit und Treue zugrunde liegen sollten. Wörtlich sagte der Weihbischof: „Wer Macht hat, steht immer in der Versuchung, seine Macht zu missbrauchen für den eigenen Vorteil, die eigenen Zwecke und die eigenen Interessen. Macht heißt aber nicht zuerst: Möglichkeiten ausnutzen zu können, die mir zum Vorteil dienen. Macht richtig verstanden heißt immer: Verantwortung haben. Verantwortung für jemand übernehmen. Macht heißt Verantwortung für den Menschen, für die Gemeinschaft oder auch für die Schöpfung. Macht ohne Verantwortung ist Perversion, Macht ohne Verantwortung bedeutet Ungerechtigkeit, Manipulation und Korruption, Willkür und Gewalt - ganz grundsätzlich: Unfriede.“

Und weiter: „Wir sind als Christen berufen, heute in unsrer Zeit, in unsrer Gesellschaft, für die Menschen, die mit uns leben, Verantwortung zu übernehmen. Wir erfüllen als Christen in unsrer Gesellschaft im Namen Jesu seinen Sendungsauftrag. Und deshalb gelten auch für uns die inneren Bilder und Worte, die für Jesus leitend und prägend sind. Mit diesen Tugenden Verantwortung für die Menschen, die Gesellschaft und die Schöpfung zu übernehmen, heißt Politik aus dem Geiste Jesu zu gestalten. Frieden wächst von innen. Solche Politik - solche Verantwortung - steht im Dienste des Friedens und schafft Frieden.“ Bentz dankte am Ende des Gottesdienstes den Sternsingern aus Heldenbergen für ihren Dienst und würdigte sie als „echte Friedensboten“. Die etwa 80 Sternsinger der Pfarrei hatten in den vergangenen Tagen rund 11.000 Euro für die diesjährige Sternsinger-Aktion gesammelt.

Weihbischof würdigte die Arbeit von Pax Christi

Bei der anschließenden Veranstaltung im Gemeindezentrum der Pfarrei würdigte Weihbischof Bentz die Friedens- und Präventionsarbeit von Pax Christi. „Die Sensibilität für diese Themen ist sehr schwankend und oftmals gibt es bei Konflikten in der Öffentlichkeit nur ein kurzzeitiges Interesse. Insofern bin ich sehr dankbar, dass Pax Christi uns immer wieder an dieses Thema erinnert und Wege für alternative und gewaltfreie Konfliktlösungen aufzeigt.“ Am Ende des Gottesdienstes hatte Weihbischof Bentz außerdem das Engagement von Diakon Josef Kolbeck für Pax Christi gewürdigt. Kolbeck war vier Jahrzehnte Geschäftsführer des Mainzer Diözesanverbandes von Pax Christi sowie später auch Geschäftsführer des Vereins zur Förderung der Friedensarbeit von Pax Christi gewesen und hat diese Aufgaben jetzt abgegeben.

Birgit Wehner aus Karben, Mitglied im Bundesvorstand von Pax Christi, und Susanne Margraf-Epe aus Ingelheim, Mitglied im Diözesanvorstand, hatten die Geschichte  und die Schwerpunkte der Arbeit von Pax Christi erläutert. Auf der Gründungsversammlung des Pax Christi-Regionalverbandes Limburg-Mainz am 1. September 2018 in Frankfurt haben die Mitglieder mit dem „Frankfurter Appell“ ihr Selbstverständnis dokumentiert und gleichzeitig eine Positionsbestimmung zu zentralen Zukunftsfragen in den Themenfeldern Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung formuliert. Bei dem Treffen hatten sich die bis dahin eigenständigen Diözesanverbände der Bistümer Limburg und Mainz zusammengeschlossen.

Der Vorsitzende von Pax Christi Rhein-Main, Thomas Meinhardt, stellte anschließend die Ausstellung „Frieden geht anders“ des „Zentrums Ökumene“ vor. Die Ausstellung, die für Schüler ab der neunten Klasse konzipiert ist, zeigt Beispiele gewaltfreier Konfliktbearbeitung und informiert über die zivilen Friedensdienste. Die Moderation hatte Alois Bauer, Referent für Gerechtigkeit und Frieden im Bischöflichen Ordinariat Mainz sowie Vorstandsmitglied von Pax Christi Regionalverband Limburg-Mainz, übernommen. Pfarrer Thomas Korfmann, der auch Konzelebrant des Gottesdienstes war, hatte die Besucher im Gemeindezentrum begrüßt. Musikalisch gestaltet wurde der Empfang von Hans-Georg Grüber aus Ilbenstadt.

tob (MBN)

 

Kohlgraf: Die Pfarreien als missionarische Kraft sehen

Akademietagung „Bistümer im epochalen Umbruch“ mit dem Mainzer Bischof

Mainz. Der Mainzer Bischof Peter Kohlgraf hat dazu eingeladen, „die Pfarreien mehr als eine missionarische Kraft zu sehen und nicht einfach zu denken, dass die Menschen schon kommen werden“. Bei der Akademietagung „Bistümer im epochalen Umbruch“ am Freitag, 11. Januar, im Erbacher Hof in Mainz wies Kohlgraf darauf hin, dass auch Papst Franziskus dazu ermutigt habe, „die Veränderungsfähigkeit der Pfarrei in den Blick zu nehmen und eine stärkere Nähe zu den Menschen herzustellen“. Ein solches Umdenken könne jedoch nicht allein vom Pfarrer oder den hauptamtlichen Mitarbeitern ausgehen, betonte Kohlgraf. „Alle Getauften sind dazu aufgerufen.“ Das Referat von Kohlgraf stand unter der Überschrift „Pfarreien neu denken“. Die Tagung der Bistumsakademie Erbacher Hof, zu der rund 170 Teilnehmer in den Ketteler-Saal gekommen waren, fand in Kooperation mit dem Arbeitsbereich Pastoraltheologie der Katholischen Fakultät der Johannes Gutenberg-Universität Mainz statt.

Kohlgraf wies darauf hin, dass er selbst mit einem klassischen Pfarreibild groß geworden sei. Sein Pfarrer habe sich damals gar nicht die Frage stellen müssen, ob er überhaupt das anbiete, was die Menschen brauchen, weil die Menschen einfach gekommen seien. „Die Pfarrei war auch für mich ein Stück Familie.“ Dieses Bild von der Pfarrfamilie finde sich in vielen Bestimmungen des Kirchenrechts wieder und präge noch das Pfarreibild von vielen Menschen, sagte der Bischof. „Ich bin aber davon überzeugt, dass die Entwicklung in unseren Dörfern und Städten eine andere ist und die Gesellschaft schon viel mobiler ist, als dieses klassische Bild.“ Und weiter: „Ich will das alte Bild von Pfarrei nicht schlecht reden, aber wir müssen auch die Offenheit haben, auf die Menschen zuzugehen, die in unseren Gemeinden heute eben keine Heimat mehr finden.“

Im Abschlussdokument der Weltjugendsynode werde benannt, dass die Territorialgemeinde schon heute für viele Jugendliche nicht mehr der Ort sei, an dem sie kirchliche Erfahrungen machen, betonte Kohlgraf. Mit Blick auf den Gottesdienstbesuch werde deutlich, dass rund 90 Prozent der Katholiken in Deutschland die klassischen kirchlichen Angebote einer Territorialgemeinde kaum annehmen. Deshalb sei es notwendig, den Blick auf andere Orte der kirchlichen Beheimatung zu lenken, wie etwa Schulen, Kindertagesstätten oder die Caritas.

Auch das Ehrenamt in der Kirche sei einem Wandel unterworfen. Die längerfristige Bindung nehme in den Gemeinden ab, so dass die Möglichkeit für kürzeres, projektartiges Engagement ermöglicht werden müsse. „Grundsätzlich müssen wir die Menschen dazu ermutigen, ihre Taufberufung zu leben, in Familie oder Beruf. Das geht auch erstmal ohne ein Ehrenamt“, sagte der Bischof. „Angesichts der rückläufigen Katholikenzahl könnte es in den kommenden Jahren sein, dass bei einer kleineren Zahl von Katholiken auch die bewusste Bindung an die Kirche stärker wird.“ Darüber hinaus werde sich in den Pfarreien auch die Leitung verändern. „Wir werden zunehmend gemeinschaftliche Formen von Leitung haben“, sagte Bischof Kohlgraf.

Die Begrüßung hatten der Mainzer Pastoraltheologe Professor Dr. Philipp Müller sowie Akademiedirektor Professor Dr. Peter Reifenberg übernommen. Weitere Referenten der Tagung waren der Trierer Pastoraltheologe, Professor Dr. Martin Lörsch („Diözesane Zukunftsprozesse - Was sie gelingen, was sie scheitern lässt“), und Professor Dr. Jan Loffeld, Pastoraltheologe an der Katholischen Hochschule (KH) Mainz („Kirchenentwicklung als ‚Allroundlösung’? oder: Was kommt nach dem Communio-Paradigma?“).

tob (MBN)

 

"Eine Kirche des Teilens werden“

Bistum setzt auf weltkirchliche Solidarität – Weihbischof richtet Vergabeausschuss ein

Mainz. Das Bistum Mainz hat im vergangenen Jahr mehr als eine Million Euro in weltkirchliche Projekte investiert. Alleine an Projektzuschüssen wurden im Jahr 2018 680.660 Euro ausgezahlt, weitere Zusagen wurden bereits gegeben. Der Mainzer Generalvikar, Weihbischof Dr. Udo Markus Bentz, der auch Mitglied der Kommission Weltkirche der Deutschen Bischofskonferenz ist, hat dazu einen Vergabeausschuss eingerichtet, um die weltkirchliche Solidarität auf ein breites Fundament zu stellen. Zusammen mit Experten der weltkirchlichen und pastoralen Arbeit im Bischöflichen Ordinariat werden die Anträge beraten und auch in Rückbindung mit den kirchlichen Hilfswerken wie Renovabis, Misereor, Missio und Adveniat geprüft. „Wir wollen, obwohl unsere Mittel begrenzt sind, auch hier ein Motiv des Pastoralen Weges aufgreifen und eine ‚Kirche des Teilens‘ werden. Das endet nicht an den Bistumsgrenzen“, erklärt Weihbischof Bentz. Wichtig sei die nachhaltige pastorale Ausrichtung der geförderten Projekte. Bauprojekte und Einzelförderungen werden in Zukunft dagegen weniger berücksichtigt.

Weihbischof Bentz hat im Lauf des zurückliegenden Jahres 14 Gäste zu Einzelbesuchen empfangen, darunter zehn Bischöfe und Erzbischöfe aus der Weltkirche. Weitere Gäste waren im Referat Weltmission/Gerechtigkeit und Frieden zu Besuch, um über ihre Arbeit zu berichten. Der persönliche Kontakt sei wichtig, um nicht nur über Projektanträge und Fördergelder zu sprechen, sondern auf Augenhöhe voneinander zu lernen, gerade auch in den pastoralen Schwerpunkten.

Insgesamt wurden im vergangenen Jahr 146 Anträge eingereicht. Davon wurden 37 mit einem Zuschuss in der Regel zwischen 5.000 und 25.000 Euro bewilligt. Als besondere Projekte sind darunter die Finanzierung des „Caritas Safe House“ im Libanon zu nennen, das Weihbischof Bentz bei einer Delegationsreise der Bischofskonferenz im Januar besucht hat. Die dort organisierte Arbeit von Caritas International mit bedrohten und verfolgten Frauen wurde vom Bistum Mainz mit 65.000 Euro bezuschusst. Etwa 400.000 Euro flossen in osteuropäische Länder, je 100.000 Euro nach Afrika und Asien. Inhaltlich wurden unter anderem Projekte zur medizinischen Hilfe und zur pastoralen und Bildungsarbeit, aber auch Anträge zur Anschaffung von Verkehrsmitteln zur besseren Mobilität in den oft großen pastoralen Einheiten dieser Länder gefördert. Außerdem wurden ein kirchliches Radioprojekt in Brasilien, ein Reha-Zentrum für traumatisierte Menschen in der Ukraine und ein Frauen-Bildungs-Programm in Äthiopien gefördert. Auch langjährige Förderempfänger wurden in der Vergabe berücksichtigt. Für häufig gestellte Anträge für Messstipendien zur Unterstützung von Priestern in der Weltkirche hat der Vergabeausschuss entschieden, die eingehenden Stipendiengelder aus den Pfarreien des Bistums der Aktion PRIM des Hilfswerks Missio zu überweisen. Das Hilfswerk ist mit den Priesterräten der Diözesen vernetzt. Missio verwaltet die Spendengelder und prüft die Anträge der Partner.

Neben den Einzelprojekthilfen gibt es im Bistum Mainz in zahlreichen Pfarreien langjährige Partnerschaften mit Personen, Bistümern, Ländern und konkreten Projekten der Weltkirche. Seit 2007 unterstützt auch die Stiftung Weltkirche des Bistums Mainz die weltkirchliche Arbeit. Die Aktivitäten sollen in Zukunft noch stärker vernetzt werden, um mehr Nachhaltigkeit zu erreichen.

Hinweise:

mik (MBN)

 

Requiem für Domkapitular Josef Seuffert

Bischof Kohlgraf würdigte langjährigen Leiter des Seelsorgeamtes

Mainz. Am Mittwoch, 9. Januar, ist für Domkapitular em. Prälat Josef Seuffert ein Pontifikalrequiem im Mainzer Dom gefeiert worden. Domkapitular Seuffert war am Samstag, 22. Dezember, im Alter von 92 Jahren verstorben. Seuffert hatte unter anderem von 1975 bis 1993 das Bischöfliche Seelsorgeamt im Bischöflichen Ordinariat Mainz geleitet; seit 1981 war er Domkapitular am Mainzer Dom.

Zelebrant des Pontifikalamtes war der Mainzer Bischof Peter Kohlgraf; es konzelebrierten unter anderen der Mainzer Weihbischof Dr. Udo Markus Bentz, Generalvikar des Bistums Mainz, der Mainzer Domdekan, Prälat Heinz Heckwolf, sowie die Mitglieder des Domkapitels. Bei dem Gottesdienst sind auch verschiedene von Seuffert komponierte Vertonungen erklungen. Die musikalische Gestaltung hatten Domorganist Professor Daniel Beckmann an der Domorgel und Domkapellmeister Karsten Storck mit einer Schola übernommen.

Während des Requiems stand der Sarg von Josef Seuffert vor der Treppe zur Altarinsel im Westchor des Mainzer Domes. Auf dem Sarg befanden sich eine Stola und ein Kelch, als Zeichen für die Priesterwürde Seufferts, sowie das Kapitelskreuz und ein violettes Birett als Ausdruck dafür, dass er Mitglied des Mainzer Domkapitels gewesen war. Links neben dem Sarg war ein Tisch mit einem Kondolenzbuch aufgestellt. Die Beerdigung in Seufferts Geburtsort Hanau-Steinheim nimmt der Domdekan Heckwolf am Donnerstag, 10. Januar, um 10.00 Uhr vor. Nach dem Requiem in der Marienkirche findet die Beisetzung im Priestergrab der Kirche statt.

Bischof Kohlgraf würdigte Domkapitular Seuffert als „großen Priester“, der mit seinem Lebenszeugnis daran erinnere, „welches Geschenk der Glaube in jeglicher Hinsicht ist“. Besonders prägend für ihn sei die Zeit als Soldat im Zweiten Weltkrieg und Kriegsgefangener gewesen, die er in dem Buch „Gesang hinter Stacheldraht“ aufgeschrieben hat. Wörtlich sagte Kohlgraf: „Dem Buch fehlt jedes Pathos, auch die Frömmigkeit ist eher in kleinen Randbemerkungen zu sehen, dort, wo er etwa vom Rosenkranz oder dem Neuen Testament berichtet, die ihn begleiten, oder wie er sich freut auf die erste Beichte und die erste Heilige Messe nach Monaten. Josef Seuffert bezeugt die Erfahrung einer inneren Freiheit durch den Glauben, die Erfahrung einer Geborgenheit ohne Sicherheit. An einer Stelle nennt er diese Erfahrung ‚Reichtum in der Armut‛. Wenn jemand einen existenziellen Kommentar zu Psalm 23 („Der Herr ist mein Hirt, er führt mich an Wasser des Lebens“) suchte, kann man ihm die Erinnerungen von Josef Seuffert ans Herz legen. Die Jahre der Gefangenschaft sind keine Hirtenidylle, aber eine starke Erfahrung eines Hirten-Gottes, der durch das Tal des Todes führt, das dem Menschen nicht erspart geblieben ist.“

Diese Erfahrungen des Krieges seien auch prägend für sein weiteres Wirken gewesen: „Die Erfahrung des Getragenseins, das Bewusstsein des Reichtums, der in der Armut verborgen ist, die Kraft des Lobes Gottes in der Musik, die Bedeutung menschlicher Zuwendung. Das war dann der rote Faden in seiner Tätigkeit in den Kommissionen, der Jugendarbeit, im Seelsorgeamt und im Domkapitel. Einige Male bin ich ihm noch persönlich begegnet und da war etwas zu spüren von diesem inneren Feuer und dem Vertrauen in den Hirten, der uns alle führt und leitet. Wir danken Gott heute für den Menschen und den Priester Prälat Josef Seuffert. Ich werde den Psalm 23 nicht mehr singen, ohne auch an ihn zu denken und sein persönliches Glaubenszeugnis: ‚Der Herr ist mein Hirt, er führt mich an Wasser des Lebens’. Diesem Hirten vertrauen wir ihn an. Er möge wahrmachen, was der Psalm bekennt.“

Josef Seuffert wurde am 1. Juni 1926 in Steinheim/Main geboren. Am 15. Juli 1951 wurde er in Mainz von Bischof Albert Stohr zum Priester geweiht. Nach verschiedenen Kaplansstellen im Bistum Mainz wurde er Bundeskurat der Katholischen Jungen Gemeinde (KJG) in Düsseldorf (1960-1967) und später Sekretär der Kommission für das Einheitsgesangbuch „Gotteslob“ (1967-1973). Seuffert hatte von 1975 bis 1993 das Bischöfliche Seelsorgeamt im Bischöflichen Ordinariat Mainz geleitet; seit 1981 war er Domkapitular am Mainzer Dom.

Ab 1993 war er bis zum Eintritt in den Ruhestand und seiner Emeritierung als Domkapitular im Jahr 1996 Vorsitzender der Liturgischen Kommission des Bistums Mainz und Leiter des Referates „Liturgie und Kirchenmusik“. Ende 2015 sind die autobiographischen Erinnerungen von Domkapitular em. Josef Seuffert über seine Zeit im Priesterseminar für Kriegsgefangene in Orléans und Chartres (1945 bis 1947) erschienen. Das Buch „Gesang hinter Stacheldraht“ hat 104 Seiten und ist in der Reihe „Mainzer Perspektiven - Aus der Geschichte des Bistums“ erschienen. Außerdem war er Hauptschriftleiter der vom Liturgischen Institut in Trier herausgegebenen und von ihm mitbegründeten Zeitschrift „Gottesdienst“. Für seine Verdienste wurde er mit den Päpstlichen Ehrentiteln Monsignore (1975) und Päpstlicher Ehrenprälat (1986) geehrt.

tob (MBN)

 

Kohlgraf: Eine große Chance für die seelsorgliche Arbeit der Zukunft

Neues Doppelstudium Soziale Arbeit/Praktische Theologie an der KH Mainz

Mainz. „In Ihrer Qualifikation aus diesem Doppelstudium, das nicht nur binnenkirchlich ist, sehe ich eine große Chance für die seelsorgliche Arbeit der Zukunft. Gerade in den größeren Teams von Hauptamtlichen in der Seelsorge kann Ihre Doppelqualifikation eine echte Bereicherung sein.“ Das sagte der Mainzer Bischof Peter Kohlgraf am Freitagmorgen, 11. Januar, bei einer Begegnung mit Studierenden der Katholischen Hochschule (KH) Mainz. Die Studierenden befinden sich am Ende ihres ersten Studiensemesters im neuen Doppelstudiengang Soziale Arbeit und Katholische Theologie an der KH Mainz.

Kohlgraf wies darauf hin, dass sich im aktuellen Wandel der Kirche und ihrer Strukturen auch die Berufsbilder der seelsorglichen Berufe verändern werden. Gerade mit Blick auf die bisherigen Territorialgemeinden, die nur noch wenige gesellschaftliche Milieus erreichten, müsse der Blick geweitet werden. So müssten etwa auch Kindertagesstätten, Schulen oder die Caritas als wichtige pastorale Räume verstanden werden. Deshalb halte er das neue Doppelstudium mit seiner klaren Profilierung für „einen großen Gewinn“, sagte Bischof Kohlgraf.

Das neue Doppelstudium an der KH Mainz verknüpft die Inhalte des sechssemestrigen Bachelorstudiengangs Praktische Theologie und des siebensemestrigen Bachelorstudiengangs Soziale Arbeit. Es führt in zehn Semestern zu zwei Bachelorabschlüssen (Bachelor of Arts). Die staatliche Anerkennung als Sozialarbeiterin/Sozialpädagogin bzw. Sozialarbeiter/Sozialpädagoge ist Bestandteil des Abschlusses; es ermöglicht ebenso, den Beruf des Gemeindereferenten in einem katholischen Bistum anzustreben. Das Doppelstudium beginnt jährlich zum Wintersemester. Es stehen 20 Studienplätze zur Verfügung. Die KH Mainz ist eine staatlich anerkannte Hochschule in Trägerschaft der (Erz-)Bistümer Köln, Limburg, Mainz, Speyer und Trier. Derzeit zählt die KH Mainz 1.429 Studierende.

Die Moderation der Begegnung hatte Professor Dr. Jan Loffeld übernommen. Er ist als Professor für Pastoraltheologie der Nachfolger von Bischof Kohlgraf an der KH Mainz. Professorin Dr. Eleonore Reuter, die Dekanin des Fachbereichs Praktische Theologie, hatte in ihrer Begrüßung darauf hingewiesen, dass Bischof Kohlgraf in seiner Zeit als Professor an der KH Mainz den Aufbau des Doppelstudienganges mit angestoßen hat und auch bei der Konzeption mitgewirkt hat.

Hinweis: www.kh-mz.de

tob (MBN)

Vorschau

„Fassnacht ohne Musik?...“ (29.1.)

Gesprächsabend zur fünften Jahreszeit im Erbacher Hof in Mainz

Mainz. Mit dem Thema Musik in der Fastnacht beschäftigt sich der diesjährige Gesprächsabend zur fünften Jahreszeit der Bistumsakademie Erbacher Hof. Peter Krawietz, Vizepräsident des Bundes Deutscher Karneval, Thomas Neger, Wolfgang Oelsner und Christian Pfarr sprechen am Dienstag, 29. Januar, um 19.11 Uhr über „Fassnacht ohne Musik?...“.

Hinweis: Der Eintritt mit einer Portion Weck, Worscht und Woi beträgt 13 Euro. Der Saal wird um 18.11 Uhr geöffnet. Aufgrund der starken Nachfrage empfiehlt der Erbacher Hof einen frühzeitigen Kartenkauf. Weitere Informationen im Internet unter www.ebh-mainz.de

am (MBN)

 

„Nicht die geringste Erinnerung an diese Leute“ (ab 22.1.)

Zahlreiche Veranstaltungen zum Gedenktag an die Opfer des Nationalsozialismus

Mainz. Sie wurden nicht aus rassistischen, gesundheitlichen oder anderen „objektiven“ Gründen Opfer des deutschen NS-Regimes, sondern weil sie sich aufgrund eigener Entscheidungen zum Widerstand entschlossen hatten. Die ökumenische Arbeitsgruppe „Gedenktag 27. Januar“ erinnert in ihrer aktuellen Ausstellung an jenen Teil des deutschen Widerstands, der sich innerhalb der politischen und/oder militärischen Elite bildete, um eine Beseitigung des Regimes herbeizuführen. Die Ausstellung mit dem Titel „Nicht die geringste Erinnerung an diese Leute“ wird am Dienstag, 22. Januar, ab 18.00 Uhr von Domdekan Prälat Heinz Heckwolf, Präses Dr. Ulrich Oelschläger und Landtagspräsident Hendrik Hering in der Mainzer Christuskirche eröffnet.

Die gewählte Formulierung stammt aus einer Rede, die Heinrich Himmler am 3. August 1944 in Posen vor den dort versammelten Gauleitern hielt, zwei Wochen nach dem Attentat vom 20. Juli. Über die noch in der Nacht Hingerichteten, Claus Schenk Graf von Stauffenberg, Friedrich Olbricht, Albrecht Mertz von Quirnheim und Werner von Haeften sowie Ludwig Beck, sagte er: „Sie wurden so schnell beseitigt, dass die Herren mitsamt dem Ritterkreuz eingegraben wurden. Sie wurden dann am anderen Tage wieder ausgegraben, und es wurde noch einmal richtig festgestellt, wer es war. Ich habe dann den Befehl gegeben, dass die Leichen verbrannt und die Asche in die Felder gestreut wurde. Wir wollen von diesen Leuten, auch von denen, die jetzt hingerichtet werden, nicht die geringste Erinnerung in irgendeinem Grabe oder einer sonstigen Stätte haben.“

Die Mainzer Arbeitsgruppe will das Gegenteil. Sie will die Erinnerung an die Opfer wach halten. Sie richtet ihre Aufmerksamkeit – wie in den vergangenen Jahren – insbesondere auf Opfer, die sonst eher nicht im Fokus des öffentlichen Interesses stehen. Im Mittelpunkt der aus 16 Tafeln bestehenden Mainzer Schau steht daher nicht der deutsche Widerstand im Sinne einer komplexen Darstellung. „Es geht um den organisierten Widerstand, der spätestens mit dem Münchner Abkommen 1938 aus dem NS-System heraus mit dem Ziel entstanden war, es zu stürzen und die Errichtung eines anderen Deutschlands vorzubereiten“, erläutert Dr. Peter-Otto Ullrich von der ökumenischen Arbeitsgruppe.

Opposition gegen das Regime war in Deutschland – anders als in den besetzten Gebieten des Auslands – ein Widerstand ohne Volk, teilweise sogar gegen das Volk. Aussicht auf Erfolg hatte der Widerstand nur, wenn er von oppositionellen Eliten vorangetrieben wurde, betont Ullrich. „Man musste Teil des Systems sein, um es stürzen zu können.“ Gehorsam galt in Deutschland jedoch als eine Gott gefällige Tugend und Ruhe als erste Bürgerpflicht. „Gesetz ist Gesetz, und Befehl ist Befehl“ hieß das Leitbild und diente vielen Deutschen in der Bundesrepublik auch lange nach 1945 noch als Rechtfertigung ihrer willfährigen Unterordnung unter das NS-Regime und dafür, die Frauen und Männer im deutschen Widerstand als Verräter zu schmähen.

Sechs Tafeln der Schau sind unter der Überschrift „Lebensbilder“ beispielhaft sechs Frauen und Männern des Widerstands gewidmet. Die „Lebensbilder“ von Libertas Schulze-Boysen, Harald Poelchau, Annedore Leber, Max Josef Metzger, Hans Oster und Fritz Bauer veranschaulichen biografisch, „was es hieß, sich für einen derartigen Weg zu entscheiden und ihn bis zum Ende zu gehen“, erläutert Ullrich.

Eine von ihnen ist Libertas Schulze-Boysen, geboren am 20. November 1913 in Paris als Libertas Haas-Heye. Die Familie siedelt 1914 nach Liebenberg/Mark Brandenburg über. Hier wächst das Mädchen auf. Von 1926 bis 1932 besucht sie das Mädchen-Lyzeum in Zürich, verbringt anschließend neun Monate in Irland und England. 1933 kehrt sie nach Liebenberg zurück und tritt in die NSDAP ein. Sie arbeitet als Pressereferentin der Berliner Niederlassung der Filmgesellschaft Metro-Goldwyn-Mayer. Am 26. Juli 1936 heiratet sie  Harro Schulze-Boysen, der im Reichsluftfahrtministerium angestellt ist und zugleich viele Verbindungen zu Regimegegnern hat. 1937 tritt sie aus der NSDAP aus. 1939 arbeitet sie als Übersetzerin. 1941/42 ist sie Mitarbeiterin in der zum Reichspropagandaministerium gehörenden Kulturfilmzentrale. Im Juli 1942 wird sie Mitglied der Reichsfilmkammer. Ebenso wie ihr Mann nutzt sie ihre beruflichen Verbindungen, um den gemeinsamen Kreis von Regimegegnern zu erweitern.

Im Zuge ihrer Tätigkeit in der Reichsfilmkammer beginnt Libertas Schulze-Boysen nach Gesprächen mit Heimaturlaubern von der Ostfront mit der Dokumentation von Gewaltverbrechen unter der Zivilbevölkerung in den besetzten sowjetischen Gebieten. Teile des Materials finden Eingang in die Schrift „Offene Briefe an die Front, 8. Folge“ von 1942. Sie sollen an das Gewissen der dort operierenden Chefs der Sicherheitspolizei und ihrer Einsatztruppen appellieren. Die Dechiffrierung eines Funkspruchs des sowjetischen Nachrichtendienstes von Berlin nach Moskau durch die deutsche Abwehr im Spätsommer 1942 besiegelt das Schicksal des Ehepaars. Am 8. September 1942 wird Libertas Schulze-Boysen verhaftet und in Berlin inhaftiert. Am 19. Dezember 1942 wird sie wegen „Verrats“ und „Hochverrats“ zum Tode verurteilt. Libertas Schulze-Boysen wird am 22. Dezember 1942 um 20.30 Uhr im Strafgefängnis Berlin-Plötzensee hingerichtet. Ihr Mann Harro Schulze-Boysen ist dort um 19.00 Uhr erhängt worden.

Der Erinnerung an die Opfer des NS-Regimes in der jungen Bundesrepublik und in der damaligen DDR widmet die Arbeitsgruppe jeweils eine Schautafel. Fritz Bauer, ab 1956 Generalstaatsanwalt beim Oberlandesgericht Frankfurt, wurde in der BRD lange Jahre angefeindet, weil er die Verbrechen des NS-Regimes als solche benannte und strafrechtlich verfolgte. Die Erinnerung war nicht willkommen. Die DDR hingegen betrachtete sich als „antifaschistischen Musterstaat“. Der kommunistische Widerstand wurde zur Grundlage des Staatsaufbaus deklariert. Eine differenzierte Aufarbeitung erfolgte nicht.

Hinweise:

  • Die Ausstellung ist von Mittwoch, 23., bis Mittwoch, 30. Januar, in der Christuskirche zu sehen, von Donnerstag, 31. Januar, bis Montag, 4. Februar, im Mainzer Dom, von Dienstag, 5., bis Montag, 11. Februar, in der Katholischen Hochschulgemeinde (KHG) Mainz und von Freitag, 8. März, bis Samstag, 6. April, im Jugendhaus Don Bosco. Ein ökumenischer Gottesdienst findet am Sonntag, 27. Januar, um 19.00 Uhr in der Kirche der Evangelischen Studierendengemeinde, Am Gonsenheimer Spieß 1, statt.
  • Professor Dr. Michael Kißener vom Institut für Zeitgeschichte an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz spricht am Dienstag, 29. Januar, um 19.00 Uhr in der KHG Mainz, Saarstraße 20, über „Widerstand im Dritten Reich – Einsamkeit des Verschwörers in totalitären Systemen“.

ath (MBN)

Bilder zu den MBN Nr. 2/2019

Mi. 16. Jan. 2019
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